Aiways U5: E-SUV mit der Lizenz zum Bestseller

Elektroauto U5 von Aiways wird Ende November in China ausgeliefert und kommt ab April 2020 als Leasingfahrzeug zu uns.

Der Aiways U5 ist ein geräumiges, elektrisches SUV, das ab April 20 auf den europäischen Markt kommt. Der chinesische Hersteller, Aiways, wird entscheidend beeinflusst von zwei Deutschen: Produktchef Roland Gumpert und Europachef Alex Klose. Der U5, der ab 35.000 Euro zu haben sein soll, ist ein E-SUV mit der Lizenz zum Bestseller. Preislich wie ein Kona, aber sogar länger als ein Audi Q5.

Roland Gumpert ist als ehemaliger Audi-Ingenieur nicht nur Leiter des Aiways-Entwicklungszentrums, sondern auch maßgeblich für den Markteintritt in Europa verantwortlich. Als GUMPERT AIWAYS haben die beiden Unternehmen ein Joint Venture geschlossen, über das der Ingenieur auch seinen 400.000 Euro teuren Elektro-Sportwagen Nathalie vertreibt. Dieser ist – ziemlich einzigartig – mit einer Methanol-Brennstoffzelle ausgestattet.

Manager mit reichlich Auto-Erfahrung an der Spitze

Alexander Klose, einst Volvo Chef in China, operiert bei den Chinesen als Executive Vice Pres Overseas Operations and Product Strategy und ist damit Teil des Managementteams. An der Spitze stehen aber zwei Chinesen: Einerseits Fu Qiang als CEO, andererseits Winter Wang als CTO. Das Unternehmen wurde erst 2017 gegründet, hat aber bereits eine eigene Produktionsstätte bei Shanghai. Dort sollen „in der ersten Phase“ 150.000 Fahrzeuge pro Jahr vom Band laufen.

Der Vertrieb vom Elektro-SUV Aiways U5 Ion beginnt bereits Ende November in China. Dort wird eine Version mit kleinerer Batterie auf den Markt kommen. Das Auto ist mit seinen Abmessungen von 4,68 Metern vergleichbar mit dem Audi Q5 – womöglich macht sich hier der Einfluss des ehemaligen Audi-Ingenieurs Gumpert bemerkbar. Immerhin ist das Joint Venture GUMPERT AIWAYS auch in Ingolstadt beheimatet. Startet von dort demnächst der Angriff auf den Premium-Anbieter Audi?

Klar ist: Der europäische Basispreis für den Aiways U5 wird bei 35.000 Euro liegen, vergleichbar mit dem Hyundai Kona, aber deutlich größer als dieser. Das Auto ist ein volltaugliches Familienauto mit üppigem Platzangebot, auch und gerade in der zweiten Reihe sowie großem Kofferraum. Von der Größe ist das Auto eher vergleichbar mit der Klasse der e-trons, EQCs und Model Y – aber preislich meilenweit davon entfernt.

Blick ins Innere: Aiways U5

Insofern könnte der Aiways U5 tatsächlich ein Elektroauto mit der Lizenz zum Bestseller werden. Für Reparaturen und den Zugang zu Werkstätten hat Aiways die Allianz Versicherung im Boot. Das macht absolut Sinn, einem regional bestens vernetzten Partner das Werkstatt-Management zu überlassen.

E-SUV mit der Hotline-Reserve

Daneben gibt es einen besonderen Kniff, wie Youtuber Michael Schmitt veröffentlichte: Bleibt man mit dem Aiways U5 liegen, kann über die Aiways-Hotline eine Notreserve für 25 Kilometer Reichweite freigeschaltet werden.

Im Hinblick auf die Reichweite ist derzeit nicht alles bekannt. Eigene Angaben dazu will Aiways erst zum Genfer Automobilsalon im Frühjahr kommenden Jahres preisgeben. In unterschiedlichen Aussagen ist von einer NEFZ-Reichweite von 503 Kilometern die Rede oder von einer realistischen Spreizung zwischen 400 und 460 Kilometern. Wie die WLTP-Reichweite aussehen wird, erfahren wir dann im März 2020. Das Auto hat einen 64-Kilowattstunden-Akku.

Blick in den Aiways U5 von oben

Europastart seit Sommer 2020

Für den Europastart hat sich Aiways Deutschland, Niederlande und Norwegen als besondere Ziele ausgesucht. Der Transport nach Europa erfolgt übrigens umweltfreundlich mit dem Zug in nur 16 Tagen – Schiffe brauchen sechs Wochen. Apropos schnell: An Schnellladesäulen soll der Aiways immerhin 76 Kilowatt Ladeleistung mitbringen – auch das ein guter Wert im Vergleich zu gleich teuren Elektroautos.

Weitere Highlights sind die biometrische Gesichtserkennung und die elektrisch verstellbaren Vordersitze. Das große Display in der Mitte sorgt per Touchbedienung für schnellen Zugriff auf vielfältige Einstellungsmöglichkeiten. Das alles wirkt auf den ersten Fotos und Videos ausgesprochen futuristisch, aber gleichzeitig funktional. Ein weiteres Highlight ist das große Glasdach, das eine besondere Atmosphäre verspricht.

Der 140-Kilowatt-Elektromotor ist vorne verbaut und bietet ein Drehmoment von 361 Newtonmetern. Auch auf autonomes Fahren ist das Elektroauto aus China bereits vorbereitet: Kameras ermöglichen eine 360-Grad-Rundumsicht, zwölf Ultraschall-Radarkameras und die Mobileye EyeQ4 bieten Autonomes Fahren Level 2.

Seine Batteriezellen bezieht Aiways vom chinesischen Hersteller CATL, wobei die Batteriesysteme und auch das Batteriemanagementsystem selbst von Aiways entwickelt werden. Zusätzlich gibt es eine weitere Besonderheit: Mit einem zusätzlichen Batteriepack von 20 Kilowattstunden soll die Reichweite nochmal um 100 Kilometer erhöht werden. Dieser Teil des Batteriesystems soll über ein Tankstellen-System leicht austauschbar sein. Ob das nur für China oder dann auch für Europa gilt, ist derzeit nicht ganz klar.

Leichtgewicht und nur im Leasing erhältlich

Bemerkenswert am chinesischen Elektroauto mit teilweise deutscher Technologie ist auch sein Gewicht: Der U5 bringt lediglich 1,7 Tonnen auf die Waage und ist damit in einer anderen Liga als viele andere Elektroautos kleinerer oder ähnlicher Größe. Wo die Gewichtsreduktion herkommt, wird dann sicher die für Europa vorgesehene Serienversion in einigen Monaten zeigen.

Aber nicht nur technologisch geht Aiways andere Wege: Beim Vertrieb setzt der Autobauer allein auf Leasing. Dem Vernehmen nach ist der Aiways U5 künftig ab 400 Euro beim Leasingpartner Vehiculum erhältlich. Das ist, gerade für gewerbliche Kunden, ein höchst attraktiver Preis, der sicher für größere Stückzahlen sorgen wird, vorausgesetzt die Qualität des Fahrzeugs stimmt.

Fazit zum ersten Europa-Aiways

Der Aiways U5 Ion – wie er vollständig heißt – bietet ein attraktives Gesamtpaket, wenn man vielleicht von der gewöhnungsbedürftigen Optik von vorne einmal absieht. Wenn der Preis so kommt wie er im Moment angekündigt wird und das Auto auch europäischen Qualitätsmaßstäben genügt, kann das Auto eine echte Kampfansage an Audi und Co sein.

In der Vergangenheit taten sich chinesische Autobauer in Europa schwer und versagten beispielsweise bei Crashtests. Heute sagt Aiways haben man alle Genehmigungen für den europäischen Markt bereits in der Tasche – und der TÜV bestätigt seine Prüfung in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Sicher, Aiways ist eine unbekannte Marke. Aber Autobau, gerade Elektroautobau, ist derart international geworden, dass der Unterschied nicht gigantisch sein muss.

Erste Videos und Beurteilungen von Youtubern deuten darauf hin, dass der Aiways U5 definitiv europäischen Standards genügt – und etwa in der Anmutung im Innenraum einem Volkswagen ID.3 überlegen ist. Ab Mitte 2020 wissen wir, welchen Weg Aiways gehen wird. Ab 2021 dürften dann weitere Chinesen wie BYD, NIO oder Great Wall Motors mit ihren Modellen nach Europa folgen.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

Elektroauto NewsElektromobilität