Alife Foods will kultiviertes Schnitzel Cultured Schnitzel auf den Markt bringen

Cleantech-Startup Alife Foods aus Leipzig kooperiert mit Lab Farm Foods und entwickelt zellkultiviertes Fleisch namens Cultured Schnitzel.

Das hat sich bislang noch keine europäische Marke für Clean Food getraut: Alife Foods, ein Cleantech-Startup aus Leipzig, will bis 2025 ein Cultured Schnitzel auf den Markt bringen. Die Besonderheit: Das zellkultivierte Schnitzel soll nur aus vier Zutaten bestehen: gezüchtetem, also kultiviertem Rinderfleisch, Weizeneiweiß, Panade (Weizenmehl gemischt mit Pflanzenöl) und Methylcellulose. Selbst die Rinderzellen sollen auf pflanzlicher Basis gezüchtet werden. Wird der Cultured Schnitzel Prototyp noch dieses Jahr fertig?

Alife Foods, ansässig in der berühmten, ehemaligen Leipziger Baumwollspinnerei, sieht sich stärker als Fleischmarke denn als Entwickler von zellkultiviertem Fleisch. Konkret ist die „The Cultured Schnitzel Company“ die erste Marke für zellbasierte Fleischprodukte im deutschsprachigen Raum. „Wir glauben an eine Zukunft, in der wir den Genuss von Fleisch ohne das Leiden von Tieren und die katastrophalen Auswirkungen auf die Umwelt genießen können“, heißt es auf der Webseite des Unternehmens.

Das Problem, das Alife Foods gemeinsam mit vielen anderen Clean Food-Unternehmen lösen will, ist beachtlich: Die Weltbevölkerung wächst, wird 2050 wahrscheinlich die 10-Milliarden-Marke erreichen. Bedeutet: Die Nachfrage nach Lebensmitteln wächst bis dahin um 70 Prozent. Neben der klassischen Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion braucht es eine neue Lösung, um diesen Hunger auf Fleisch, Milch und andere Nahrung überhaupt ansatzweise stillen zu können. Und dabei müssen die Auswirkungen auf die Klimakatastrophe stets im Auge behalten werden.

Cultured Schnitzel von Alife Foods.

Mission: Cultured Schnitzel

Zur Realisierung dieser Mission hat sich das Unternehmen mehrere Kooperationspartner gesucht, um das Cultured Schnitzel auf den Markt zu bringen. Einer dieser Partner ist die Fuchs Group, mit der die Würzmischung entwickelt wird, die dem Schnitzelfleisch den entscheidenden Geschmack verleihen soll. Dabei ist das Unternehmen dafür prädestiniert, denn es gilt global als Marktführer bei der Entwicklung innovativer Lebensmitteltechnologien.

Der zweite Kooperationspartner von Alife Foods ist das in New York ansässige Cleantech-Unternehmen Lab Farm Foods, das entscheidend bei der Entwicklung des kultivierten Schnitzels mithelfen soll. Gründer sind Tiziano Barberi, Spezialist für Stammzellen, und Dave Schnettler, der eine Digitalmarketing-Agentur aufbaute und teuer verkaufte. Im Jahr 2020 wurde das Unternehmen Teil des Inkubators von Merck.

Stammzellen sind undifferenzierte Zellen, die die intrinsische Fähigkeit haben, sich selbst zu erneuern, das heißt, sich zu teilen und sich in verschiedene Zelltypen zu entwickeln. Seit ihrer Entdeckung in den 1960er Jahren hat die Stammzellentechnologie die Kraft der Stammzellen genutzt, um Probleme auf dem Gebiet der Medizin zu lösen.

Lab Farm Foods arbeitet auf Basis des zellbasierten Fleisches sowohl an der Kombination mit tierischen Proteinen als auch mit pflanzlichen Alternativen, um Hybridprodukte herzustellen, die die Vorteil von herkömmlichem Fleisch mit weit weniger Nachteilen bieten.

Tiziano Barberi im Unternehmensvideo von Lab Farm Foods.

Der Clou der Technologie von Alife Foods

Der Clou der Idee von Alife Foods sind die wenigen und rein pflanzlichen Zutaten:

  • kultiviertem Rinderfleisch auf Basis von Myosatelliten- und Muskelzellen von Kühen
  • Weizeneiweiß
  • Panade (Weizenmehl gemischt mit Pflanzenöl)
  • Methylcellulose, ein Cellulosederivat, das als Emulgator/Verdickungsmittel verwendet wird

Denn viele Konsumenten und Gourmets haben Bedenken bei zu langen Zutatenlisten, wenn es um Fleischalternativen geht. Gelingt es mit ganz kurzer Liste das Schnitzelfleisch zu züchten, könnte das ein wirklicher Sprung bei der Innovation rund um Clean Meat werden. Neben ethischen Bedenken dürfte sich das auch auf den Preis auswirken.

Wer steckt hinter „The Cultivated Schnitzel Company“?

Entscheidende Köpfe rund um Alife Foods sind Vanessa Hüfken, Dat Tran sowie Dr. Bernd Boeck. Gründer des Unternehmens im Jahr 2019 waren Steffen Sonnenberg, Dat Tran, Joe Natoli und Bernd Boeck.

Schnitzel-„Prototyp“ noch 2022?

Als erste Investoren hat das Team von Alife Foods 2b AHEAD Ventures gewonnen, eine Art Inkubator aus Leipzig, der auf die Zukunft ausgerichtete Unternehmen mitentwickelt. Gegründet wurde 2b AHEAD Ventures von Sven Gábor Jánszky, dem Leiter eines gleichnamigen, unabhängigen Zukunftsinstituts, das an identischer Stätte seinen Sitz hat. Heute wird der Inkubator von Stefan Jenzowsky geleitet.

Gelingt es den Gründern von Alife Foods, noch in diesem Jahr einen Schnitzel-Prototyp mit dem Namen Cultured Schnitzel zu präsentieren? Sensorische Tests laufen bereits, und die Rezeptur (Gewürzmischung) ist gemeinsam mit Fuchs Gruppe entwickelt worden. Dann kann im Anschluss die Zertifizierungs-Arbeit so richtig losgehen. In Europa ist mit mindestens zwei Jahren zu rechnen, bis solche Produkte wie das Cultured Schnitzel auf den Markt kommen dürfen. Andere Unternehmen aus dem Segment überlegen deshalb, zunächst in Singapur auf den Markt zu gehen: Dort ist es leichter, entsprechende Genehmigungen zum Verzehr zu bekommen, wie das Beispiel Eat Just zeigt.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.