Speicherbranche: Appell an Peter Altmaier

EU-Parlament will Doppelbelastung von netzdienlichen Stromspeichern abschaffen / Energiewende-Verbände appellieren gemeinsam an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, die Entscheidung des EU-Parlaments nicht zu blockieren

Die Energiewende-Verbände Deutschlands haben einen eindringlichen Appel an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier gerichtet, die Abschaffung doppelter Belastung netzdienlicher Stromspeicher durch abgaben und Steuern, nicht zu blockieren. Das EU-Parlament in Brüssel will übermorgen darüber abstimmen. Der Beschluss des EU-Parlaments sieht vor, Energiespeicher dann von doppelten Abgaben und Steuern zu entlasten, wenn sie das Stromnetz stützen, also netzdienlich eingesetzt werden.

Der Vorschlag des EU-Parlaments sei ein wesentlicher Schritt hin zu einer digitalen und dezentralen Energiewende, sagt Urban Windelen, Bundesgeschäftsführer des Bundesverbands Energiespeicher in dem Appell. Das EU-Parlament sei mit seinem Vorschlag auf dem richtigen Weg. Netzdienliches Verhalten und die Bereitstellung von Netzdienstleistungen aus Energiespeichern mit doppelten Abgaben für die gleiche kWh zu belasten, sei schon immer Unsinn, doch leider Realität.

„Jetzt muss endlich der Weg freigemacht werden für Flexibilisierungsoptionen, die Energiespeicher systemisch richtig einzusetzen“, so Windelen.

Ein Haushaltkunde mit Energiespeicher zahlt bei der Speicherung von Strom aus dem Netz stets etwa 21 Cent pro kWh an Abgaben und Umlagen. Die 21 Cent pro kWh an Abgaben und Umlagen muss ein Haushaltskunde auch dann bezahlen, wenn er den Strom später wieder in das Netz zurückspeist und mit der Einspeisung Netzprobleme ausgleicht. Für diese zuvor gespeicherte kWh wird dann nochmals der gleiche Abgabenbetrag fällig.

Digital vernetzte Solaranlagen, Speicher und Elektromobile gelten als Schlüsseltechnologien für die Energiewende. Seit Ende 2016 verhandelt die EU das zukünftige Strommarktdesign im Zuge des sogenannten Clean Energy Package. Ein wichtiger Aspekt ist dort die zukünftige Rolle von „active customers“, die selbst Strom erzeugen, speichern, verbrauchen und liefern (siehe Artikel 15 der Electricity Market Design Directive). In Deutschland werden diese Kunden häufig auch „Prosumer“ genannt. Ihre Ausgestaltung wird zurzeit im sogenannten Trialog-Verfahren zwischen EU Kommission, Parlament und Mitgliedstaaten verhandelt.

Die nächste Verhandlung findet am Mittwoch, den 5. Dezember statt. Das EU Parlament hatte gefordert, dass „active customers“ mit Speicher keine doppelten Abgaben mehr bei der Erbringung von Netzdienstleistungen zahlen müssen. Der Rat der EU Mitgliedstaaten hingegen will das Verbot der Doppelbelastung nur auf vor Ort erzeugten, gespeicherten und nachfolgend selbst verbrauchten Strom anwenden.

Die doppelte Belastung mit Abgaben und Umlagen auf gespeicherten Strom ist zentrales Hemmnis für den Ausbau von Speichern in Deutschland. Grundsätzlich sind Energiespeicher jeder Art und Größe technisch hervorragend zur Erbringung von Systemdienstleistungen wie Regelenergie, Redispatch usw. geeignet.

„Heute bremst die Doppelbelastung den netzdienlichen Einsatz von Speichern und damit die Entwicklung der gesamten Speicherbranche deutlich“, ergänzt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW-Solar). „Wenn wir dagegen endlich zeigen können, wie Netze, Speicher und Elektromobile sich digital gesteuert flexibel abstimmen, dann wird auch in die Energiewende eine neue Dynamik kommen. Und Europa könnte hier die Technologieführerschaft gehören.“

Die Verbände fordern von Bundeswirtschaftsminister Altmaier, diesen Vorschlag des EU-Parlaments nicht im Rat zu blockieren und so den systemdienlichen Einsatz von Speichern endlich zu ermöglichen. Der aktuelle Entwurf kann hier nachgelesen werden.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

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