BEHG: Wird Gesetz im parlamentarischen Verfahren noch tauglich?

Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG): Heftige Kritik an den beschlossenen Maßnahmen / Hoffnung auf parlamentarische Beratungen

Das Bundeskabinett hat jetzt eine CO2-Steuer, verpackt als Brennstoffemissionshandelsgesetz auf den Weg gebracht. Kritiker sind sich einig: Mit einem Startpreis von 10 Euro pro Tonne CO2 wird das Instrument keine entscheidende Lenkungswirkung entfalten. Der CO2-Preis reicht weder aus, schnelle Entscheidungen vieler Bürger etwa zum Ersatz eines Dieselfahrzeugs oder einer Heizung zu erreichen, noch dazu, Alternativen so wirtschaftlich zu machen, dass kein Weg daran vorbeiführt.

Der vollständig misslungene Versuch, eine Lenkungswirkung zu erzielen, wird einzig und allein auf einen psychologischen Effekt und damit das „Prinzip Hoffnung“ reduziert. Das Ganze soll durch die Implementierung oder Neujustierung milliardenschweren Förderprogramme kaschiert werden. CO2-Emissionen lassen sich nach Einschätzung der allermeisten Experten damit nicht in der notwendigen Größenordnung reduzieren – somit sind neben den verfehlten Klimazielen 2020 auch die Klimaziele 2030 nicht erreichbar.

Zwar steigt der CO2-Preis, dessen Start auch weiterhin erst auf 2021 taxiert ist, bis 2026 durch einen Festpreis jährlich an – aber bis dahin werden so viele Rückstände aufgebaut werden, dass die dann aktive Regierung zu viel härteren Maßnahmen wird greifen müssen. Der CO2-Festpreis, wie er jetzt im Brennstoffemissionshandelsgesetz festgelegt ist, soll sukzessive in einen nationalen Emissionshandel für die Sektoren Verkehr und Gebäude weiterentwickelt werden. Das dann marktwirtschaftliche Instrument wird aber durch einen Maximalpreis wiederum so sehr beschnitten, dass auch dann keine Lenkungswirkung zu erwarten ist.

Das Bundeskabinett hat heute ein Gesetz zur Einführung eines nationalen Emissionshandels für Brennstoffe auf den Weg gebracht. Ziel ist, das Verbrennen von fossilen Brennstoffen für den Verkehr und das Heizen schrittweise teurer und so den Umstieg auf klimafreundliche Alternativen attraktiver zu machen. Die Einnahmen werden im Gegenzug den Bürgerinnen und Bürgern über Entlastungen beim Strompreis, bei der Entfernungspauschale und beim Wohngeld zurückgegeben oder in Klimaschutzmaßnahmen investiert. Das Gesetz geht nun in die parlamentarischen Beratungen.

Brennstoffemissionshandelsgesetz: So viel teurer werden Benzin, Diesel, Erdgas und Heizöl im ersten Schritt

Angesichts dieser Fakten wird klar, warum Experten wie Claudia Kemfert oder Volker Quaschning keine Lenkungswirkung erwarten. 2021 werden die fossilen Brennstoffe laut Brennstoffemissionshandelsgesetz teurer:

  • 2,8 Cent pro Liter Benzin
  • 3,2 Cent pro Liter Diesel
  • 3,2 Cent pro Liter Heizöl
  • 0,2 Cent pro Liter Erdgas

Die Verteuerung in himöopathischen Dosen ohne Lenkungswirkung wird vor allem eines tun: Der AfD in die Hände spielen. Denn die auf Krawall gebürstete rechte Partei wird Verteuerung, ganz gleich welcher Größenordnung, für harsche Kritik nutzen und behaupten, alles werde dadurch teurer. Wenn dann auch noch die versprochene Emissionsreduktion nicht stattfinden wird, wird die CO2-Bepreisung sogar kontraproduktiv wirken.

Die Hoffnung auf psychologische Effekte beschreibt Bundesumweltministerin Svenja Schulze so:

Das Ziel ist, dass sich mehr Menschen beim nächsten Autokauf oder beim nächsten Heizungstausch für die klimafreundliche Variante entscheiden – weil sie sich auch für den Geldbeutel lohnt. Zugleich wird die Bundesregierung die klimafreundlichen Alternativen stärken: Dazu gehören mehr Investitionen in den ÖPNV, in das Schienennetz oder in die Ladeinfrastruktur. Und dazu gehören auch gut ausgestattete Förderprogramme für Gebäudesanierung und klimafreundliche Heizungen.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze zum BEHG

Hier zeigt sich der radikale Unterschied zu dem, was Schulze ursprünglich mit dem CO2-Preis bewirken wollte. Jetzt bleibt die Frage: Kann das BEHG im parlamentarischen Verfahren noch tauglich werden? Klar ist, das Medienecho zum jetzt beschlossenen Status ist verheerend: Neues Deutschland, Die Welt, Energie & Management.

Die CO2-Zertifikate aus dem Brennstoffemissionshandelsgesetz müssen ungefähr 4.000 Unternehmen kaufen, die Brenn- und Kraftstoffe in Verkehr bringen, also zum Beispiel Gaslieferanten und Raffinerien. Es ist aber von einer Abwälzung der Kosten auf die Endverbraucher auszugehen.

Neben dem Bereich CO2-Bepreisung enthält das Gesetz viele weitere Maßnahmen, die bereits in der Vergangenheit etwa hier besprochen wurden. Grundsätzlich soll etwa Fliegen teurer und Bahnfahren günstiger werden. Die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung sollen außerdem für die Erhöhung der Kilometerpauschale und Klimaschutzmaßnahmen verwendet werden.

Auch die EEG-Umlage sinkt minimal – es ist allerdings der zu erwartenden steigenden Strompreise blanker Hohn hier von einer „Entlastung“ zu sprechen, was auch in der aktuellen Pressemitteilung des Bundesumweltministeriums wieder der Fall ist. Im ersten Schritt sinkt die EEG-Umlage um 0,25 Cent.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

CO2 News rund um Kohlendioxid bei Cleanthinking