Continuum will sechs Fabriken zum Recycling von Rotorblättern bauen

Windkraft-Mythos widerlegt: Continuum will Verbundwerkstoffabfälle in Hochleistungsplatten für die Bauwirtschaft verwandeln.

Continuum Composites Recycling will das Problem ausgedienter Rotorblätter aus Verbundwerkstoffen im großindustriellen Maßstab lösen. Das dänische Cleantech-Unternehmen will sechs Recycling-Fabriken in Europa errichten, um Verbundwerkstoffe vollständig zu recyceln und in besonders leistungsfähige Verbundplatten für die Bauwirtschaft zu wandeln. Ziel ist es, die bisherige Deponierung oder ‚energetische Verwertung‘ in Zementfabriken abzulösen. Gelingt das Vorhaben, ist ein bekannter Windkraft-Mythos widerlegt.

Die Blätter von Windkraftanlagen bestehen aus Glasfaser, einem hochwertigen Material, das für extremste Bedingungen ausgelegt ist. Derzeit gibt es keine großtechnische Lösung, um sie nachhaltig und wirtschaftlich zu recyceln und wiederzuverwenden. Aufgrund des Wachstums der Windenergie besteht aber alleine in der Europäischen Union ein Recyclingbedarf von 10 Millionen Tonnen solcher Rotorblätter – global sind es 43 Millionen Tonnen.

Continuum Composites Recycling will aber nicht nur diese Verbundwerkstoffabfälle in eine Kreislaufwirtschaft überführen, sondern auch andere Komponenten aus der Auto- oder Schiffsindustrie beispielsweise. Der Anteil der Rotorblätter von Windkraftanlagen macht nur zehn Prozent des Gesamtmarktes für Verbundwerkstoffabfälle aus. Durch Beseitigung dieser industriellen Verbundwerkstoffabfälle sollen Emissionen um mindestens 100 Millionen Tonnen pro Jahr reduziert werden.

Bisherige Recycling-Lösungen sind nicht optimal. Während Continuum eigenen Angaben zufolge in einem trockenen, mechanischen Verfahren einzelne Rohstoffe der Verbundwerkstoffe zurückgewinnen kann, sind andere Technologien dazu bislang nicht in der Lage. Daneben beschreiben die Manager des europäischen Unternehmens ihre Lösung als besonders energieeffizient und als Fabriken, die keine Emissionen verursachen. Chemische Lösungen hingegen sind besonders energieaufwändig und bringen lediglich minderwertige Chemikalien als Endprodukt hervor.

Das Endprodukt, das Continuum herstellt ist eine Hochleistungsplatte, die zu 92 Prozent aus Recyclingmaterial besteht. Es eignet sich für Fassaden, Türen oder Innen- und Lärmschutzwände an Autobahnen.

Der Bau der ersten Anlage mit einer Kapazität von 36.000 Tonnen im Hafen von Esbjerg, Dänemark, soll noch im Jahr 2023 beginnen. Ab Ende 2023 oder Anfang 2024 soll sie in der Lage sein, Rohstoffe anzunehmen.

Preiswert ist der Aufbau entsprechender Fabriken nicht: Continuum wirbt gerade eine hohe achtstellige Summe an Eigen- und Fremdkapital ein, um das erste Werk zu finanzieren. Zeitgleich laufen die Planungen für den zweiten Standort in Großbritannien. Von den sechs geplanten Recycling-Fabriken für Rotorblätter soll auch eine nach Deutschland kommen.

Gründer von Continuum

Die Gründer von Continuum kommen aus Deutschland, Großbritannien, Dänemark und Frankreich und verfügen alle über einen fundierten Branchenhintergrund, der durch unterschiedliche Fachkenntnisse und Fähigkeiten ergänzt wird. Entscheidend dabei ist Co-Gründer Reinhard Kessing, der als CTO fungiert. Der deutsche Ingenieur hat die Technologie in den letzten 20 Jahren erprobt, patentiert und einsatzbereit gemacht.

Mit Climentum Capital ist im Herbst 2022 ein prominenter Investor mit an Bord gekommen. Climentum Capital ist eine Risikokapitalgesellschaft mit Sitz in Kopenhagen, Berlin und Stockholm.

Durch die Zusammenarbeit mit Partnern deckt die erstklassige und kostengünstige Lösung von Continuum die gesamte Logistik und die Prozesse ab. Dies reicht von der Sammlung der ausgedienten Flügel über die Rückgewinnung der reinen, sauberen Rohstoffe bis hin zur Wiederaufbereitung all dieser Materialien zu hochwertigen, hochleistungsfähigen, unendlich recycelbaren Verbundplatten für die Bauindustrie oder die Herstellung vieler Alltagsprodukte wie Fassaden, Industrietüren und Küchenarbeitsplatten. Die Platten bestehen zu 92 % aus recyceltem Blattmaterial und übertreffen die Leistung von Konkurrenzprodukten bei weitem.

Jede Continuum-Fabrik in Europa wird in der Lage sein, mindestens 36.000 Tonnen Windkraftflügel pro Jahr zu recyceln und das hochwertige, „unbegrenzt recycelbare“ Endprodukt der Hochleistungsplatten bis 2024/25 wieder in die Kreislaufwirtschaft einzubringen.

Nachhaltigkeit im Mittelpunkt

Continuum hat die Recycling-Fabriken nach eigenen Angaben so konzipiert, dass sie nur mit 100 Prozent Ökostrom betrieben werden und keine Kohlenstoffemissionen verursachen: keine Emissionen in die Luft, keine Abfallstoffe in den Boden und keine Verbrennung von Kohlenstoff. Es gibt immer noch Investitionsmöglichkeiten in Continuum, und das Unternehmen wird bis Ende 2023 mit der Abnahme von Rotorblättern beginnen können.

Gut wäre, wenn Unternehmen wie dieses sich auch um das Recycling von Lithium und vieler anderer Rohstoffe, die für die sozial-ökologische Transformation gebraucht werden, kümmern würden. Denn der Aufbau einer Kreislaufwirtschaft muss ein zentrales Anliegen sein. Interessante Recycling- oder Abfallbverwertungs-Möglichkeiten bieten auch moderne Pyrolyse-Verfahren.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.