EWE und Japaner testen Energiewendespeicher mit 22,5 Megawattstunden

Energiewendespeicher würde reichen, um alle Haushalte in Varel fünf Stunden lang mit Energie zu versorgen

Die Ausgründung des norddeutsche Energieversorger EWE, be.storaged, betreibt seit 2018 zusammen mit mehreren japanischen Unternehmen einen Energiewendespeicher mit 22,5 Megawattstunden. Der gigantische Batterie-Großspeicher kann alle Haushalte am Standort Varel für fünf Stunden mit elektrischer Energie versorgen. Wichtigere Aufgabe ist, Frequenz-Schwankungen im lokalen Stromnetz auszugleichen. Die Besonderheit neben der Größe ist auch, dass unterschiedliche Batterie-Technologien als Hybridlösung eingesetzt werden.

Um sowohl auf hohen Bedarf reagieren als auch längerfristig zwischenspeichern zu können, entschieden sich die beteiligten Partner beim Energiewendespeicher für eine Kombination aus Lithium-Ionen-Batterien mit Natrium-Schwefel-Batterien. Die weithin bekannten Lithium-Ionen-Batterien eignen sich dafür, viel Leistung abzugeben. Die Natrium-Schwefel-Batterien hingegen sind besser für die längerfristige Speicherung der elektrischen Energie vorgesehen. Beide Batterietypen werden intelligent gemeinsam gesteuert.

Der Energiewendespeicher wurde zunächst 18 Monate von EWE und den japanischen Partnern, u.a. zwei Unternehmen aus dem Hitachi-Konzern, getestet. Seit dem Abschluss dieser Phase sorgt die EWE-Tochter be.storaged GmbH für den Weiterbetrieb. Ziel war es, wichtige Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie der Großspeicher mit dem Netz interagieren kann und wie er wirtschaftlich betrieben werden kann.

Die Investitionskosten lagen bei 27 Millionen Euro. Den größten Anteil davon bezahlte die Wirtschaftsförderungsbehörde Nedo aus Japan – der EWE-Konzern steuerte drei Millionen Euro bei. Am Standort Varel leben 24.000 Menschen, die mit dem Speicher für fünf Stunden versorgt werden können.

In der Region Nordwestdeutschland wird bereits heute weit mehr als doppelt so viel erneuerbare Energie erzeugt, wie sie lokal verbraucht wird. Langfristige Perspektive in Deutschland ist es also, diese Strommengen abzufangen und nicht etwa Windkraftanlagen aus dem Wind drehen zu müssen. Hierdurch entstehen den Energieverbrauchern derzeit jährlich Milliardenkosten, weil die Betreiber der Windkraftanlagen trotzdem Zahlungen erhalten.

Energiewendespeicher als Alternative oder Ergänzung zu Power-to-Gas

Lange galten Stromspeicher in dieser Größenordnung nicht als wirtschaftlich betreibbar, wenn sich sozusagen nur auf überschüssigen Wind verlassen wird. Daher gibt es auch Überlegungen, den überschüssigen Strom per Elektrolyse in Wasserstoff oder Methan umzuwandeln und ihn damit leicht transportabel und in anderen Bereichen, sektorenkoppelnd einsetzen zu können. Für die Power-.to-Gas-Technologie braucht es aber Rahmenbedingungen, die aktuell noch nicht existieren.

„Wir können die Erlöse unserer Speicher in der Regel um mindestens 40 Prozent erhöhen, indem wir naheliegende Anwendungsfälle wie Eigenverbrauchsoptimierung mit komplexeren Formen der Lastspitzenkappung und einer Vermarktung kombinieren“, sagt Nils Spöring von be.storaged im Interview mit dem EWE-Magazin. Dies grenze das Unternehmen entscheidend vom Wettbewerb ab.

Daneben setzt be.storaged auf eine eigene Energiemanagement-Software namens okean.os, die sämtliche stromverbrauchenden und -erzeugenden Anlagen eines Unternehmens effizient überwachen und steuern kann.

Bundesweit decken Erneuerbare Energien 2023 52 Prozent des Bruttostromverbrauchs ab. Konkret stammt diese elektrische Energie vor allem aus Wind- und Solarenergie. Mit dem steigenden Anteil von grünem Strom nehmen Frequenzschwankungen im Stromnetz weiter zu. Der hybride Energiewendespeicher steht im Nordwesten Niedersachsens in einer Region, in der jährlich doppelt so viel Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt wird, wie dort verbraucht werden kann.

Auf Basis des gewonnenen Know-Hows aus dem Betrieb des Energiewendespeichers hat sich be.storaged als Spezialist für intelligente Batteriespeicher für Industrie- und Gewerbekunden etabliert. Im Vergleich zu anderen Anbietern von Speicherlösungen, arbeitet das Cleantech-Unternehmen nach eigener Aussage technologieoffen und herstellerunabhängig.

Speicher gleicht Frequenzschwankungen im Netz aus

Der Energiewendespeicher gleicht Frequenzschwankungen im regionalen Stromnetz ausgleichen und trägt so zur Netzstabilität bei. Damit erbringt er Systemdienstleistungen, die Netzbetreiber oder Betreiber von Windenergie- und anderen Erzeugungsanlagen an der Strombörse nachfragen können. Regelenergie wird heute von konventionellen Kraftwerken erzeugt, der Hybridgroßspeicher kann sie durch seine besondere Bauart sehr effizient und vielseitig zur Verfügung stellen.

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Initiiert und unterstützt wurde das Kooperationsprojekt von der japanischen Wirtschaftsförderungsbehörde NEDO (New Energy and Industrial Technology Development Organization), mit weiterer Unterstützung vom Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung sowie dem EWE-Verband, dem Verband der Eigentümer des EWE-Konzerns mit Sitz in Oldenburg. Aufbau, Wartung und Betrieb der Speicheranlage übernehmen die japanischen Unternehmen Hitachi Chemical, Hitachi Power Solutions und NGK Insulators, zusammen mit Unternehmen des EWE-Konzerns.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

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