EUREF-Campus erhält größten deutschen Multi-Use-Speicher

Audi und The Mobility House testen Wechselwirkungen zwischen Elektroautos und Stromnetzenb mit Multi-Use-Speicher aus alten Autobatterien.

Der EUREF-Campus in Berlin ist bekannt als Heimat zahlreicher Cleantech-Unternehmen und Showroom für innovative Technologien der Energiewende. Jetzt werden dort auch Wechselwirkungen zwischen Elektroautos und den Stromnetzen untersucht: Dazu haben Audi und The Mobility House den mit einer Kapazität von 1,9 Megawattstunden größten, deutschen Multi-Use-Speicher installiert.

Wäre jeder zehnte PKW deutschlandweit elektrisch angetrieben, entspräche das einem flexiblen Energiespeicher mit einer Kapazität von fast 200 Gigawattstunden. Sind Elektroautos intelligent mit erneuerbaren Energien vernetzt, kann das einen gwaltigen Einfluss auf die Energiewende haben. So könnte je nach Angebot von Solar- und Windstrom geladen und perspektivisch auch flexibel auf kurzfristige Leistungsschwankungen im Netz reagiert werden. An dieser Vision arbeitet Audi zusammen mit Partnern aus der Energiewirtschaft wie The Mobility House.

Der rund 110 Quadratmeter große Multi-Use-Speicher auf dem EUREF-Campus erprobt diesen konkreten Anwendungsfall und dient als Reallabor für weitere Anwendungen. Er ist mit einem Megawatt Leistung an das Berliner Mittelspannungsnetz angeschlossen, was dem mittleren Ladebedarf von rund 200 Elektroautos entspricht. Mit seiner Kapazität von 1,9 Megawattstunden könnte der Speicher den gesamten 5,5 Hektar großen Büro- und Wissenschaftscampus knapp zwei Stunden autark mit Strom versorgen.

Ein weiterer Anwendungsfall sind Schnellladestationen in unmittelbarer Nähe, an der Elektroautos mit bis zu 175 Kilowatt laden können. Damit der hohe Strombedarf möglichst kosteneffizient gedeckt und das örtliche Stromnetz nicht überstrapaziert wird, übernimmt auch hier der Batteriespeicher die Aufgabe als Puffer. Durch die intelligente Integration in das Stromnetz ist das Energiereservoir in der Lage, Überschussstrom von Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen oder dem Campus-eigenen Blockheizkraftwerk aufzunehmen.

Das gleicht Netzschwankungen aus, wirkt lokalen Bedarfsspitzen entgegen und hilft durch die Stabilisierung des Übertragungsnetzes, Blackouts zu vermeiden. Dieses Glätten von Lastspitzen und Ausgleichen von Frequenzschwankungen spart Energiekosten – dank hoher Wirkungsgrade sowie schneller Reaktionszeiten. Zudem wird die Stromversorgung im Hinblick auf ihre CO2-Neutralität optimiert.

Überschüssiger Ökostrom in Multi-Use-Speicher

Aufgrund des hohen Anteils erneuerbarer Energien mit unsteter Stromerzeugung im Umland bietet Berlin ideale Bedingungen für die Entwicklung einer intelligenten Ladesteuerung – die künftig um eine stark wachsende Zahl von Elektroautos als Pufferspeicher erweitert werden könnte. In einem Modellversuch mit Windparks in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern wollen die Projektpartner zeigen, wie sich überschüssiger Ökostrom gezielt auf dem EUREF-Campus zwischenspeichern lässt.

Windräder müssten dann bei temporär zu hoher Stromproduktion nicht mehr vom Netz genommen werden – ein kleiner Baustein für eine nachhaltige Energiewelt, und eine Ergänzung zur industriellen Speicherung großer Mengen an Überschuss-Strom, wie ihn Audi mit seiner Power-to-Gas-Anlage in Werlte seit 2013 praktiziert.

Neben der Forschung an Schnittstellen für eine intelligente Integration ins Energienetz der Zukunft, liefert der Batteriespeicher auf dem EUREF-Campus weitere Erkenntnisse, die in künftige Projekte einfließen. Audi-Ingenieure erproben den Einsatz von stationären Energiespeichern im Energienetz und schaffen damit eine Zweitnutzung von gebrauchten Batterien aus Elektroautos – eine sinnvolle und ressourcenschonende Anwendung, da Batterien nach der Nutzung im Auto noch über einen Großteil ihrer Kapazität verfügen.

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Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

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