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Fit for 55 Package: Gesetze der EU zur Erreichung der Klimaziele werden kommende Woche präsentiert

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Europäische Union sorgt für Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor bis 2035, will Hochlauf der Elektromobilität in EU-Staaten beschleunigen.

Am kommenden Mittwoch, 14. Juli 2021, wird die EU-Kommission das erste Gesetzespaket vorstellen, mit dem das neue 55-Prozent-Klimaziel erreicht werden soll. Während es im zweiten Teil des „Fit for 55 Package“ im Dezember um dekarbonisiertes Gas und den Gebäudesektor gehen soll, geht es kommende Woche um zwölf Vorschläge rund um CO2-Standards für Autos, Energiebesteuerung, Erneuerbare Energien-Ziele oder eine CO2-Grenzsteuer. Großer Streitpunkt innerhalb der Kommission: Gibt es ein Ausstiegsdatum für den Verbrennungsmotor, und wie konsequent erfolgt der Aufbau von Ladeinfrastruktur für moderne Elektroautos?

Das „Fit for 55 Package“ ist Teil der EU-Vision European Green Deal, die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen 2019 präsentiert hatte. Mit den konkreten Entscheidungen der kommenden Monate wird Europa richtungsweisend umgebaut. Es handelt sich um einen gewaltigen Transformationsprozess, wie er überall in den Industrieregionen notwendig sein wird, um zumindest in die Nähe der Klimaziele des Pariser Übereinkommens zu kommen.

Am kommenden Mittwoch nun will der zuständige EU-Kommissar Frans Timmermans den ersten Teil des „Fit for 55 Package“-Gesetzespakets vorstellen. Klar ist: Während Timmermans in der Financial Times ein deutliches Enddatum für den Verbrennungsmotor verlange, plädiert der auch für die Euro-7-Abgasnorm zuständige Industriekommissar Thierry Breton dafür, darauf zu verzichten (Quelle: Autohaus). Vielmehr will Breton die Mitgliedsstaaten zum Aufbau einer Tank- und Ladeinfrastruktur für Wasserstoff- und klassische Elektro-Autos verpflichten.

Hintergrund dieses Vorhabens ist eine Untersuchung, die zeigt, dass bislang 70 Prozent der Ladestationen innerhalb der EU in Frankreich, den Niederlanden und Deutschland stehen, andere Länder wie selbst Italien und Spanien, aber auch die Osteuropäer wie Polen und Tschechien deutlich im Hintertreffen sind.

Umwelt-Kommissar Frans Timmermans, auch Vizepräsident der Europäischen Kommission, hat in der Financial Times eine „mehrgleisige Strategie“ angekündigt, um die Kosten für Elektrofahrzeuge zu senken, und sauberere Autos für alle Europäer zugänglich zu machen. Hierzu zählt auch eine Frist für den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor und eine Umweltabgabe für Autohersteller (CO2-Preis im Rahmen des existierenden Emissionshandels).

Außerdem sollen die CO2-Emissionsstandards für Neuwagen, die in den nächsten zehn Jahren verkauft werden, verschärft werden. Denkbar ist demnach eine 100-prozentige Reduktion der durchschnittlichen CO2-Emissionen bei Neuwagen bis 2035. Passend zu diesen Gedanken hat Volkswagen zuletzt angekündigt, in Europa die Herstellung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor bis 2035 einzustellen. Generell hat sich der Wind in der Industrie gedreht – auch Daimler und Audi hecheln mittlerweile dem Platzhirsch Tesla hinterher. Die EU hatte 2018 erstmals eine angestrebte CO2-Reduktion von 37,5 Prozent gegen diverse Lobbyinteressen durchgesetzt. Laut dem Bericht der Financial Times könnte dieser Anteil für 2030 nun auf 60 Prozent und ab 2035 dann auf 100 Prozent erhöht werden.

CDU- und CSU-Abgeordnete lobbyieren

In Deutschland sind offenbar vor allem Abgeodnete von CDU und CSU aufgeschreckt worden von den Plänen der EU. In einem Papier, aus dem das Handelsblatt jetzt zitierte, fordern die nicht näher benannten Abgeordneten, keine Vorgaben zu machen, die zu einem Ende des Verbrennungsmotors führen würden.

Die Automobilbranche braucht Planungssicherheit und verlässliche Rahmenbedingungen für die Entwicklung neuer Motoren. Der Verbrennungsmotor sei nicht per se klimaschädlicher als der Elektroantrieb. Es komme auf den Treibstoff an.

Position von Unions-Abgeordneten (Quelle Handelsblatt)

Diese Position, die auf die Nutzung von Wasserstoff-PKW und E-Fuels anspielt, ist bemerkenswert: Wie oben geschildert, stellen ohnehin bereits alle Hersteller auf Elektroautos um. Dabei spielen etwa bei Audi in Zukunft sogar Plug-In-Hybride nur noch eine untergeordnete Rolle. Die Industrie folgt also längst dem Pfade, den die EU-Kommission nun beschleunigen und mit Klarheit versehen will. Genau die geforderten Rahmenbedingungen liefert die Kommission ja, sollte es bei den von Timmermans beschriebenen Aussagen bleiben.

Darüber hinaus zeigt eine Vielzahl wissenschaftlicher Studien (von der IEA bis zum PIK), dass alle Sektoren, die elektrifiziert werden können, auch elektrifiziert werden müssen, damit kosteneffizient Klimaneutralität erreicht werden kann. Das künstliche Fortbestehen des Verbrennungsmotors im PKW macht daher wenig Sinn.

Umstrittener CO2-Grenzausgleich

Ein weiteres Gesetzesvorhaben, das die EU am Mittwoch bekanntgeben will betrifft die Ausgestaltung des CO2-Grenzausgleichs – auf englisch als Carbon Border Adjustment Mechanism („Cbam“) bezeichnet. Die Idee dahinter ist, dass derjenige, der etwa Stahl oder Zement in die EU importiert, einen Preisaufschlag zahlen muss, der den Kosten für die Zertifi8kate entspricht, die europäische Hersteller beziehen müssen. Damit soll Wettbewerbsgleichheit garantiert werden.

Der CDU-Abgeordnete Markus Pieper sagt dazu im Handelsblatt, ein solche Mechanismus müsse WTO-kompatibel sein, und auch einen Schutz davor bieten, dass Produktion nicht ins Ausland verlagert wird. Umstritten ist das Vorhaben aus Sicht des Politikers, weil es auch zu Betrug führen könne.

Weitere Gesetze für Fit for 55-Package

Über die weiteren Gesetze des Fit for 55 Package ist bislang weniger bekannt. Es geht u.a. um folgende Bereiche:

  • CO2-Standards für Autos
  • Energie-Besteuerung
  • Ziele für den Ausbau der Erneuerbaren Energien
  • cBAM-Mechanismus
  • Überarbeitung des EU-Emissionshandels

Überdies stellte die EU gestern eine neue Taxonomie für die Finanzierung des EU Green Deal vor. Demnach – das ist umstritten – soll auch Erdgas als „nachhaltig“ deklariert werden, weil durch das Ersetzen eines Kohlekraftwerks durch ein Erdgaskraftwerk auch Emissionen eingespart werden könnten. Allerdings besteht die Gefahr, dass heutige Investitionen in fossiles Erdgas trotz möglicher Vorkehrungen in spätere Wasserstoff-Nutzung als „Stranded Asstes“ ein schlechtes Geschäft bleiben.

In der Summe geht die Europäische Union mit ihren Bestrebungen auch kommende Woche einen Schritt in die richtige Richtung. Offen bleibt, was bei den weiteren Beratungen zuvor, und im Anschluss in den Mitgliedsstaaten herauskommen wird.

Werden beispielsweise Autohersteller in den CO2-Emissionshandel einbezogen, ergäbe sich in Deutschland durch die CO2-Abgabe auf Benzin und Diesel eine Doppelbelastung. Hier besteht in jedem Fall Klärungsbedarf.

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