Meyer Burger plant Turnaround und will Zellen und Module in Deutschland produzieren

Schweizer Cleantech-Unternehmen wandelt sich vom Maschinenbauer zum europäischen Zell- und Modelhersteller.

Es ist ein bemerkenswerter Turnaround den der Schweizer Maschinenbauer für die Solarindustrie, Meyer Burger, jetzt wagt. Das Unternehmen, das jüngst mit seinen Plänen für ein schwimmendes Solarkraftwerk auf dem Gelände des Tagebaus Hambach in NRW eine Debatte anstieß, hat jetzt bekanntgegeben, eine Solarmodul-Fertigung in Deutschland aufzubauen. Damit will CEO Gunter Erfurt das Cleantech-Unternehmen aus der Verlustzone führen.

Bislang hat Meyer Burger die Gewinnspanne den eigenen Kunden überlassen, so der Tenor in der ausführlichen Pressemitteilung der Meyer Burger Technology AG. Jetzt sei es an der Zeit, endlich selbst Geld zu verdienen. Hintergrund ist, dass Meyer Burger in den letzten Jahren die sogenannte Heterojunction-Solartechnologie entwickelt und zur Marktreife gebracht hat.

Mit dieser neuartigen Technologie zur Herstellung von Solarzellen wähnt sich das Unternehmen auf Augenhöhe mit seinen bisherigen Kunden – vorwiegend großen chinesischen Solarmodulherstellern, die noch weitgehend auf den älteren Standard Mono-PERC ausgerichtet sind.

Mit der Heterojunction/SmartWire-Technologie, kurz SWCT genannt, werden die Vorteile kristalliner Silizium-Solarzellen mit denen von Dünnschichttechnologien verbunden. Damit sind höhere Wirkungsgrad (aktuell 25,4 Prozent) bei gleichzeitig geringeren Produktionskosten möglich. Meyer Burger sieht mit der neuen Technologie einen Vorsprung von drei Jahren gegenüber vielen Konkurrenten. Auch ein Fraunhofer-Gutachten bestätigt den technologischen Vorsprung.

Verkaufen will man besonders Dachanlagen einerseits und Module für Solarkraftwerke andererseits. Mit dem Turnaround verbunden ist eine weitere Entscheidung: Die Produktionsmaschinen, die für die Heterojunction/SmartWire-Technologie gebraucht werden, wird Meyer Burger künftig exklusiv zum eigenen Gebrauch herstellen. So will sich das Unternehmen vor der Konkurrenz schützen und auch als Technologieführer mit der verbreiterten Wertschöpfungskette im Markt positionieren.

Eine vorgesehene Zusammenarbeit mit REC wird nicht kommen. Standard-Equipment soll aber weiterhin international vertrieben werden.

Um den Aufbau der eigenen Solarzellen- und Solarmodul-Fertigung realisieren zu können, hat der Verwaltungsrat auch eine Kapitalerhöhung von ca. 155 Millionen Euro beantragt. Am 10. Juli gibt es eine außerordentliche Generalversammlung. Schon 2021 könnte die Fertigung dann ihren kommerziellen Betrieb aufnehmen.

Zunächst sind 400 Megawatt Modulproduktion an einem bisher nicht bekannten Standort in Deutschland geplant. Der Verwaltungsrat rechnet damit, dass die neu ausgerichtete Meyer Burger Gruppe bereits mit diesem Produktionsvolumen einen operativen Gewinn erreichen kann.

Der nächste Technologieschritt ist vergleichbar mit dem Übergang von 4G auf 5G in der mobilen Kommunikation. Nur Meyer Burger hat die 5G-Technologie der PV-Industrie zur Markreife geführt. Wir können mit unseren Produkten bereits in einem Jahr am Markt sein. Unsere Fertigung in Europa ist wettbewerbsfähig und bietet ein bedeutendes Gewinnpotenzial.

Gunter Erfurt, CEO der Meyer Burger Technology AG

Bis 2022 könnte die Zellproduktion dann auf 1,4 Gigawatt und die Modulproduktion auf 0,8 Gigawatt ausgebaut werden. So könnte innerhalb von drei Jahren ein Umsatz von ca. 375 Millionen Euro bei einer Marge von mehr als 25 Prozent erreicht werden. Langfristig will Meyer Burger den Ausbau auf 5 Gigawatt bei seinen Solarmodulen erreichen.

Mut als wichtiges Signal für Solarbranche

Der Mut von Meyer Burger, sich auf diese Weise neu aufzustellen, ist ein wichtiges Signal für die Solarbranche in Europa insgesamt. Durch die Corona-Krise streben Kontinente gerade stärker eine Eigenversorgung mit wichtigen Technologien an. Die Rückkehr der Zell- und Modulfertigung nach Deutschland ist dafür ein passendes Beispiel.

Es zeigt: Technologischer Vorsprung führt dazu, dass Industriearbeitsplätze zurückkehren können. Auch Automatisierung bringt diesen Vorteil mit sich. Angesichts des globalen Marktpotenzials der Photovoltaik, das sich durch die disruptive Entwicklung der letzten Jahre kontinuierlich vergrößert, ist dieser Schritt ein ganz wichtiger. Es wäre gut, wenn weitere Ankündigungen dieser Art von Zell- und Modulherstellern folgen würden.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

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