
Salzbatterien: Entsteht in Berlin eine Fabrik für Natrium-Ionen-Akkus?
Konsortium CSE mit Blei-Akku-Hersteller BAE Batterien an der Spitze will im CleanTech Business Park Marzahn investieren.
Kochsalz als Energiespeicher für die Energiewende? Möglicherweise ein entscheidender Technologiebaustein für die längerfristige Speicherung von überschüssiger Solar- und Windenergie. Ein internationales Konsortium namens CSE (Ceramic Salt Energy) unter Federführung des Blei-Akku-Herstellers BAE Batterien will jetzt laut übereinstimmenden Berichten Berliner Tageszeitungen eine Batteriefabrik im bislang weitgehend leer stehenden CleanTech Business Park Marzahn errichten. Die Salzbatterien könnten vor allem im stationären Einsatz zunehmend Anwendung finden.
Insbesondere in der Schweiz sind die auf Natriumchlorid basierenden Batteriespeicher beliebt – und werden etwa von der Forschungseinrichtung EMPA erforscht oder vom Cleantech-Unternehmen Innovenergy gebaut und vertrieben. Seit wenigen Monaten ist die Kochsalz-Nickel-Technologie beim Supermarkt-Betreiber Migros in Betrieb.
Mit einer Speicherkapazität von 540 Kilowattstunden (24 Hochvolt-Batterien à 22 Kilowattstunden, 620 Volt) die perfekte Ergänzung zur Migros-Photovoltaik-Dachanlagen mit einer Leistung von 730 Kilowattpeak. Der Wechselrichter stammt vom Züricher Cleantech-Unternehmen indrivetec. Mehr dazu gibt es auf der Seite der innovenergy.
Aber zurück nach Berlin-Marzahn: Jan Uspeert, Geschäftsführer von BAE Batterien, stellte das Vorhaben des Konsortiums nun u.a. der Berliner OB-Kandidatin und Bundesfamilienministerium Franziska Giffey vor. Er betonte, Elektromobilität sei nicht der größte Batteriemarkt der Zukunft. Vielmehr würden derartige Batterien benötigt, um die Klimaziele zu erreichen. So lenkte er geschickt den Fokus weg von mobilen Energiespeichern hin zu stationären Lösungen, die im Idealfall dazu beitragen, dass Gebäude mit Photovoltaikanlage durch die Zwischenspeicherung autark werden.
Insgesamt wollen Uspeert und Projektleiter Peter Urban in Marzahn bis zu 39 Millionen Euro in den kommenden zwei Monaten investieren. Die Salzbatterie des CSE-Konsortiums sei nicht brennbar oder explosiv und könne hundertprozentig recycelt werden, betonte Urban. Eine verbindliche Zusage für den Standort gibt es den Berichten zufolge aber noch nicht – allerdings betonte der Geschäftsführer des Vermarkters des CleanTech Business Park Marzahn, dass CSE perfekt zum Standort passe.
Wie funktionieren Salzbatterien?
Während noch im Dunkeln ist, wie die Natrium-Ionen-Technologie von CSE genau funktionieren wird, dürfte die generelle Funktionsweise eines solchen Salzspeichers unzweifelhaft sein. In der Salzbatterie werden Lithium-Ionen durch Natrium-Ionen ersetzt. Das Natrium ist in der positiven Elektrode mit Chlor zu Natriumchlorid (Kochsalz) gebunden. Daher stammt der Name Salzbatterie. Zwei elektrisch gute leitende Metall-Elektroden werden durch einen Elektrolyten voneinander getrennt, der ausschließlich Ionen leitet.
Wird an den beiden Elektroden einer solchen Flachzelle die Ladespannung angelegt, bricht das Kochsalz an der positiven Elektrode auf. Dabei entstehen positiv-geladene Natrium-Ionen, die durch den Elektrolyten zur negativen Elektrode wandern. Dort werden sie durch Aufnahme von Elektronen aus dem Ladestrom zu Natrium reduziert. Nach Abschluss der chemischen Reaktion ist der Akku geladen. Bei Verbindung mit einem Stromkreis läuft startet der gegenläufige Prozess, die positive Elektrode verliert ihr höheres Energieniveau wieder.
Hohe Betriebstemperatur von 250 Grad Celsius
Der Haken an der Technologie war bislang, dass die positive Elektrode nur leitfähig ist, wenn ein zusätzlicher Stoff vorhanden ist: Natriumaluminiumchlorid. Das Salt stellt diese Leitfähigkeit nur dann sicher, wenn es geschmolzen ist. Daraus resultiert die hohe Betriebstemperatur von Salzbatterien von 250 Grad Celsius. Die Wärme, um diese Temperaturen zu erreichen, muss von Außen zugeführt werden – kann aber während des Betriebs aus dem chemischen Prozess zurückgewonnen werden.
Bislang galt auch die Lebensdauer solcher Salzbatterien als problematisch – aber unterschiedliche wissenschaftliche Paper lassen vermuten, dass die Probleme kurz vor einer Lösung stehen. Das könnte der Natrium-Ionen-Batterie zum Durchbruch verhelfen. Denn im Hinblick auf Einsatztemperaturen (-20 bis +60 Grad) und Sicherheit ist die Batterie der Lithium-Ionen-Technologie potenziell überlegen, während das Gewicht vergleichbar ist, Letztlich könnte ein entscheidender Vorteil der Salzbatterie sein, dass weniger teure Materialien wie Kobalt oder Mangan gebraucht werden. Kochsalz hingegen ist unproblematisch.
Nicht oder kaum geeignet sind die Akkus dort, wo eine hohe Leistungsdichte gefordert wird – letztlich können sie also vor allem im stationären Bereich etwa im Gebäude, in Gewerbe- und Industriebetrieben eine relevante Alternative zur etablierten Lithium-Ionen-Technologie werden. Vielleicht wird BAE Batterien mit dem CSE-Konsortium hierzu einen Schritt nach vorne machen, wenn dort die Fabrik für Natrium-Ionen-Akkus entsteht.
[…] https://www.cleanthinking.de/salzbatterien-entsteht-in-berlin-eine-fabrik-fuer-natrium-ionen-akkus/ […]
Da gibt es schon einen Hersteller, der mit Salzwasserbatterien unterwegs ist: https://www.bluesky-energy.eu/
Bluesky oder greenrock sind SalzWASSERbatterien, die oben beschriebenen Batterien sind SalzSCHMELZEbatterien
Hallo Max — hast Du ein paar Worte für uns, wie sich diese Technologien unterscheiden? Einiges ergibt sich aus den Begriffen klar, aber weitere spezifische Vor- und Nachteile wären sehr hilfreich. DANKE.
Salzwasserbatterie: „kalte“ Batterie, geringe Leistung beim Laden und Entladen, geringe Energiedichte (schwer, gross), günstig
Salzschmelzebatterie (Natrium-Nickel-Chlorid): „heisse“ Batterie, mittlere Leistung beim Laden und Entladen (weniger Leistung wie LiFePo), Energiedichte etwa wie Lithium Eisenphosphat (ähnlich schwer, ähnlich gross), teuer
-> Hier mehr und vor allem auch ein Batterievergleich:
https://www.innov.energy/de/salz-technologie
Die Natrium-Nickelclorid Batterie („Salzschmelze“) ist übrigens die Daimler Elektroautobatterie aus den 1990-er Jahren (fabriziert damals in Ulm). Genannt auch „ZEBRA“ Batterie -> https://de.wikipedia.org/wiki/Zebra-Batterie Heute wird diese Batterie in Satbio (CH) produziert. (etwa 800’000 Zellen pro Jahr)
Die Firma battery consult hat eine neue, sehr günstige Salzbatterie (Natrium-Nickelchlorid) entwickelt und befindet sich in der Prototypen-Testphase. https://batteryconsult.ch/
Klasse, vielen Dank!