
Siemens Energy: Konzern-Spinoff startet an der Frankfurter Börse
Erneuerbare Energien, Stromübertragung und Kohle- und Gas-Business als Geschäftsfelder von Siemens Energy.
Heute gab die Konzern-Abspaltung Siemens Energy ihr Börsendebüt in Frankfurt. Das Energie-Unternehmen mit 91.000 Mitarbeiterin, Geschäft in 90 Ländern und einem Jahresumsatz von 29 Milliarden Euro ist ein potenzieller Kandidat für den schnellen Aufstieg in den DAX. Doch das vom neuen CEO Christian Bruch geführte Unternehmen, das seinen Hauptsitz zurück nach Berlin verlegt, steht vor gewaltigen Herausforderungen.
Der eindeutig erneuerbare Geschäftsteil von Siemens Energy ist die Beteiligung am Weltmarktführer für Windkraftanlagen Siemens Gamesa – alleine dieser Teil des Börsenneulings hat einen Börsenwert von zehn Milliarden Euro. Daneben ist das Unternehmen im Sektor der Stromübertragung aktiv – Hochspannungsgleichstromübertragung ist ein Kerngebiet dieser Unternehmenssparte mit Zukunftspotenzial: Für das dezentrale Energiesystem der Zukunft mit wachsendem Stromverbrauch sind mehr Stromnetze erforderlich.
Doch neben diesen beiden Sparten gibt es auch das Geschäft, das der langjährige Konkurrent General Electric gerade entnervt abgestoßen hat: Das Business mit Turbinen einerseits und mit Gas- und Kohlekraftwerken andererseits. Während General Electric nach Milliardenverlusten nun den radikalen Schnitt machte, will Siemens Energy langsamer aussteigen.
Joe Kaeser, noch für wenige Wochen Siemens-Chef und anschließend Aufsichtsratschef, hat dem Vorstand ins Stammbuch geschrieben, einen Plan zum Ausstieg aus der Kohle zu entwerfen – „verantwortungsvoller als Aktivisten dies forderten und konsequenter als Zögerlinge dies für notwendig halten“, so die Bedingung.
Bedeutet laut Bruch, dass Siemens Energy selektiver an Ausschreibungen teilnehmen wird, und probieren dürfte, sich margenstarke Filetstücke herauszupicken. Gleichzeitig will das Management aber offenbar an Wartungsverträgen u.a. festhalten. Im Bereich Turbinen-Herstellung dürfte eine Konzentration auf Gaskraftwerke forciert werden – bei entsprechenden Technologien für Kohlekraftwerke stehen kurzfristig Arbeitsplätze auf dem Spiel.
Börsengang von Siemens Energy als Kontrast zum Nikola-IPO
Als Kontrast-Programm zum Nikola-IPO – einem Cleantech-Unternehmen ohne Umsätze – ist Siemens Energy das exakte Gegenteil: Statt an Wachstum denken die Simensianer daran, wie sie das nun eigenständige Unternehmen gesundschrumpfen können.
Es ist in jedem Fall ein risikobehafteter Börsengang. Nicht nur, weil ein Unternehmen mit Sparten antritt, denen demnächst die Geschäftsgrundlage fehlt, sondern auch, weil bisherige Siemens-Aktionäre mit dem heutigen Tag Siemens Energy-Aktie in ihrem Portfolio wiederfanden. Darunter auch beispielsweise Fonds, die die Aktie nicht halten dürfen, weil sie regulär (noch) nicht im DAX notiert ist.
Neue Aktionäre können also nur die Anteilsscheine übernehmen, die Altaktionäre von Siemens in den kommenden Wochen abstoßen. Heute bewegte sich die Aktie bei einem Startpreis von etwas unter 22 Euro eher seitwärts.
Zukunft: Dekarbonisierung als Kernthema?
Siemens Energy sieht sich in Zukunft auch Partner bei der Dekarbonisierung. Mehr als 50 Prozent des eigenen Portfolios seien bereits dekarbonisiert, so das Unternehmen in seinen Unterlagen zum heutigen IPO. Das breite Produktportfolio von Siemens Energy umfasst Produkte, die die Energiewende ermöglichen, wie z.B. Hybridkraftwerke und Gasturbinen, die mit Wasserstoff betrieben werden können.
So sei Siemens Energy auch ein wichtiger Akteur in Windenergie, Partner der Wasserstoffwirtschaft und schließend Marktführer bei SF5-freier Stromübertragung.