Verkehrswende: Druckmittel sind die Fahrverbote für Diesel-PKW

Ein Kommentar zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, das Diesel-Fahrverbote unter Einhaltung des Verhältnismäßigkeits-Grundsatzes zu prüfen sind, um die Luftreinhaltung sicherzustellen

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Deutschland braucht eine neue Verkehrspolitik, eine Verkehrswende. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig (mehr dazu hier) zeigt dies ganz deutlich. Während in anderen Ländern Autos ganz aus Innenstädten verbannt werden, tut sich die deutsche Politik sowohl mit Fahrverboten als auch mit verpflichtenden Hardware-Nachrüstungen schwer. Der Versuch der Auto-Lobby, nun die Grenzwerte generell in Frage zu stellen, greift viel zu kurz. Das ist nur das letzte Aufbäumen.

Eine Verkehrswende muss jetzt eingeleitet werden. Eine Verkehrswende, die die technologieoffen, zukunftsorientiert und nachhaltig vorangetrieben wird.

Dabei muss erstens über die Quantität des Verkehrs überhaupt nachgedacht werden. Durch ÖPNV oder Fahrrad- und Elektroroller-Verleihsysteme, aber auch durch Digitalisierung (Apps, die freie Parkplätze anzeigen) muss die Verkehrsmenge reduziert werden.

Dabei muss zweitens über wirksame Maßnahmen nachgedacht werden, die alte, umweltschädliche Fahrzeuge aus den Städten vertreiben und stattdessen bessere Lösungen ermöglichen. Hardware-Umrüstungen etwa durch Katalysatoren oder die Umrüstung auf Erd- oder Biogas beispielsweise sind hierbei eine realistische Option. Auch Elektromobilität ist zu begrüßen, aber nicht im Hauruck-Verfahren und ohne Berücksichtigung beispielsweise von Nachteilen dieser Antriebsart.

Es ist keine global sinnvolle Lösung, Diesel-Fahrer in Deutschland zum Verkauf ihrer Fahrzeuge mit hohen Wertverlusten zu drängen und diese anschließend nach Bulgarien, Rumänien und Polen zu verkaufen. Das kommt einem indirekten Subventionsprogramm für ältere Diesel gleich und verlagert die Probleme lediglich. Gleiches gilt für Diesel-Busse in den Städten: 40.000 Busse durch Elektrobusse zu ersetzen und ältere Busse, die das Ende ihres Lebenszyklus noch nicht erreicht haben, nach Osteuropa oder Afrika zu verschieben, ist keine Lösung. Hier geht zu viel graue Energie verloren.

Drittens muss darüber nachgedacht werden, wie synthetische Kraftstoffe auf den Markt gebracht werden können. Diese haben den Vorteil, dass sie langfristig die Schiffs- und Luftfahrt CO2-ärmer machen können. Dafür werden allerdings Produktionskapazitäten benötigt, um Skaleneffekte nutzbar zu machen. Dieser erste Schritt muss dem „normalen“ Verkehr helfen. wenn langfristig Elektroautos durch mehr Erneuerbare Energien sauberer werden, können die Kapazitäten entsprechend umgesteuert genutzt werden.

Das Bundesverwaltungsgericht hat zweifelsohne ein kluges Urteil gefällt. Es nutzt das europäische Recht und dessen Vorgaben zur Luftreinhaltung, um deutsches Recht zu interpretieren und auszulegen. Fahrverbote dürfen ohnehin erst ab 1. September 2019 wirksam kommen – bis dahin hat die Politik und die Industrie nun noch Zeit, eine sinnvolle Verkehrswende auf den Weg zu bringen. Ob dazu der Mut vorhanden ist, bleibt abzuwarten.

Der Ball liegt nun bei der Verkehrskommission, die im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD vorgesehen ist, wie die dena mitteilt:

So wichtig die aktuelle Debatte ist, sollten wir die langfristige und größere Herausforderung nicht aus den Augen verlieren: die Einhaltung der Klimaschutzziele in allen Sektoren. 40 bis 42 Prozent weniger CO2-Emissionen im Verkehr bis zum Jahr 2030 sind ein überaus ambitioniertes Ziel. Wenn wir vorankommen wollen, müssen wir die Weichen jetzt stellen, in einem breiten Dialog mit allen relevanten Akteuren. Union und SPD haben im Koalitionsvertrag dafür eine Verkehrskommission vorgesehen, die bis Anfang 2019 zu Ergebnissen kommen soll. Hoffen wir, dass es damit gelingt, die politische Initiative für Umwelt- und Klimaschutz im Verkehr zu ergreifen. Die dena wird als Vermittler zwischen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ihren Beitrag dazu leisten.

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