Volvo und Daimler bündeln Kräfte für Brennstoffzellen-Nutzfahrzeuge

Daimler bringt seine Brennstoffzellen-Aktivitäten in ein Joint Venture ein – Volvo investiert 600 Millionen Euro.

Es ist eine bemerkenswerte Verbrüderung im hart umkämpften Markt für Busse und Trucks: Die Daimler Truck AG und die Volvo Group, zwei der globalen Marktführer, wollen ein Joint Venture gründen, um gemeinsam Brennstoffzellen für schwere Nutzfahrzeuge zu entwickeln. Dazu wird Daimler seine kompletten Brennstoffzellen-Aktivitäten von Mercedes einbringen – und aus der Brennstoffzelle für PKWs aussteigen.

Noch ist die Konkurrenz für Daimler und Volvo nicht auf dem Markt: Der Tesla-Semi kommt 2020 zunächst in Kleinserie auf den Markt, Konkurrent Nikola Motors hat sich für den europäischen Markt mit Iveco verbündet und will einen emissionsneutralen Schwerlast-LKW auf Europas Straßen bringen. 2021 wird es mit der Produktion des Nikola Tre losgehen.

In der Europäischen Union ist der Druck, Umweltauflagen erfüllen zu müssen immens. Denn 2019 wurden erstmals strenge Einsparziele für den Kohlendioxidausstoß festgelegt: Schwere LKW müssen bis 2025 15 Prozent weniger emittieren als noch 2019. Bis 2030 soll die Reduktion bei 30 Prozent liegen.

Die neue Partnerschaft von Daimler und Volvo zielt genau auf diesen Zeitpunkt der geforderten Einsparziele ab: Mitte des Jahrzehnts soll das neue, bis Jahresende formal auf die Straße gesetzte Joint Venture, zu Schwerlast-LKW führen, die über die Flotte gesehen zur Erfüllung der Einsparziele beitragen.

Daimler wird für den Zusammenschluss alle Brennstoffzellen-Aktivitäten, unter anderem die von Mercedes-Benz, in der neuen Gesellschaft bündeln. Volvo dockt sich mit einem Investment von 600 Millionen Euro an diese Gesellschaft an. Standorte soll es in Deutschland (Nabern) und Kanada geben.

Aus Umweltgesichtspunkten macht es Sinn, schwere LKW mit kleineren Batteriesystemen, aber zusätzlich mit Brennstoffzellen auszustatten. Zwar verpackt Tesla etwa große Batteriesysteme in seinem Tesla-Semi – die Kalifornier haben aber nach Experteneinschätzungen die beste Batterietechnologie zur Verfügung, um den großen Gewichtsnachteil wenigstens ansatzweise auszugleichen.

Nikola Motors fährt dagegen zweigleisig: Der reine LKW mit Batterien kommt aber auch hier schneller auf den Markt als die Long Range-Version mit Brennstoffzelle. Das zeigt, dass alle Branchenvertreter nach wie vor Probleme haben, Brennstoffzellen-LKW auf die Straßen zu bringen, die preislich letztlich auch mithalten können.

Hinzu kommt das Infrastruktur-Thema: Während Nikola Motors zusammen mit Nel Hydrogen Wasserstofftankstellen aufbauen will, gibt es in Deutschland etwa bislang lediglich 100 solcher Stationen – und kaum Fahrzeuge, die sie benötigen. In fünf Jahren könnte die Nachfrage anders aussehen.

Technologie-Pfad mit Methanol als Alternative?

Mir ist nicht ganz klar, wieso Daimler und Volvo nicht einen anderen Weg einschlagen: Mit Methanol betriebene Brennstoffzellen bieten gerade beim Aufbau der Infrastruktur große Vorteile. Der Methanol-Verkauf könnte durch Umrüstung bestehender Zapfsäulen an den existierenden Tankstellen problemlos und extremst kosteneffizient realisiert werden. Im Fahrzeug wird das Methanol als Träger-Kraftstoff in Wasserstoff verwandelt und dann entsprechend genutzt.

Mit der Gründung des Joint Ventures zeige man deutlich, dass man an die mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzelle für Nutzfahrzeuge glaube, so Martin Lundstedt, Präsident und CEO der Volvo Group. Gleichzeitig fordern die Partner weitere Unterstützung ein von anderen Unternehmen und Institutionen, um „nicht zuletzt“ die erforderliche Kraftstoffinfrastruktur aufzubauen.

Das gemeinsame Ziel beider Unternehmen ist, in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts schwere Brennstoffzellen-Nutzfahrzeuge für den anspruchsvollen und schweren Fernverkehr in Serie anzubieten. Darüber hinaus befasst sich das Joint Venture auch mit anderen Anwendungsfällen.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

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