Günstiger als Verbrenner: BYD bringt das 11.000-Dollar-Elektroauto

Tony Seba prognostizierte 2014, dass 2025 das 11.000-Dollar-Elektroauto kommt. Angesichts der tobenden Modell- und Rabattschlacht von BYD, Tesla und Co. tritt die Prognose ein Jahr früher ein.

Der globale Preiskampf im Automarkt geht in eine neue Runde: BYD hat in China das 11.000-Dollar-Elektroauto vorgestellt und „offiziell eine neue Ära eingeläutet.“ Denn damit, so die Werbekampagne, seien strombetriebene Autos nun günstiger als Verbrenner. Die Modell- und Rabattschlacht beschert dem wichtigsten Automarkt der Welt neue Dynamik rund um die Disruption im Automobilsektor. Doch BYD ist nicht allein – und setzt nicht nur im Heimatmarkt auf eine Preis- und Modellschlacht, sondern auch in Europa.

Die Zeit für günstige Elektroautos beginnt 2024berichtete Cleanthinking am 19. November 2023. Wenige Monate später kommt BYD mit dem 11.000-Dollar-Elektroauto und greift die klassischen, vorwiegend europäischen Autobauer mit einer umfassenden Modellpalette in China frontal an.

So kostet der E-Kleinwagen BYD Qin+ nach einer Preissenkung nur noch 11.008 Dollar. Kurz nach der Ankündigung des Weltmarktführers für elektrisch betriebene Fahrzeuge reagieren Hyundai und Wuling und unterbieten diesen Preis.

Mit dem 11.000-Dollar-Elektroauto tritt exakt das ein, was Vordenker Tony Seba bereits 2014 prognostiziert hat: Er hatte anhand ökonomischer Kostenkurven ein Elektroauto für 11.000 Dollar im Jahr 2025 vorhergesagt. BYD, Hyundai, Wuling und andere chinesische Anbieter haben dieses Ziel nun ein Jahr früher erreicht, als vom RethinkX-Gründer Seba angenommen.

Dieser knallharte Preiskampf setzt nicht nur die Elektroauto-Startups in China und die sonstigen Autobauer mit ihren Modellen in China unter Druck, sondern zieht auch denen, die weiterhin Verbrenner verkaufen wollen, den Zahn. Denn welcher Konsument kauft noch ein Fahrzeug mit der Technologie von gestern, das zudem noch teurer ist als ein Elektroauto?

Disruption: Tony Seba prognostizierte 2014 im Buch „Clean Disruption“, dass 2025 ein 11.000-Dollar-Elektroauto ab 2025 mit 320 Kilometer Reichweite geben wird. BYD hat dieses jetzt auf den Markt gebracht.

Unterdessen nutzt die Regierung Chinas die industrielle Stärke seiner einheimischen Anbieter, um mehr Marktanteile zu gewinnen. So wurde im Juni letzten 2023 ein Förderpaket für grüne Autos geschnürt – im Volumen von 66 Milliarden Euro. Bedeutet: 2024 und 2025 sollen Käufer von „New Energy Vehicles“ – dazu zählen auch Plugin-Hybride und Wasserstoffautos) von der Kaufsteuer befreit sein.

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Für 2026 und 2027 wird der Nachlass halbiert – dann wenn etwa Volkswagen mit günstigen Modellen oder Tesla mit dem Model 2 auf den Markt drängen könnte.

Wie reagieren europäischer Hersteller?

Was für die konventionellen Autobauer der Schock rund um das 11.000-Dollar-Elektroauto in China ist, verstärkt sich noch mit dem, was bald auf dem europäischen Markt los sein wird: Mit dem Qin Plus EV bringt BYD eine Art Corolla-Killer auf den (chinesischen) Markt – eine vollelektrische Limousine für – je nach Ausstattung – 14.000 bis 18.000 Euro und stattlicher Reichweite von bis zu 510 Kilometern mit dem größeren 57,6-kWh-Akku.

Somit wird die preisliche Vormachtstellung der Verbrenner-PKW in einem weiteren Segment durchbrochen. Nur eine Frage der Zeit, wann dieses für den europäischen und amerikanischen Markt ideale Elektroauto auch exportiert wird.

In der Zwischenzeit bringt BYD den E-Kleinwagen Dolphin Mini nach Europa, der speziell Tesla und Volkswagen unter Druck setzen wird. Denn bis die beiden Autobauer mit 25.000-Euro-Fahrzeugen auf den Markt kommen, werden noch Jahre vergehen. Strategisch eine hervorragende Gelegenheit für BYD, Marktanteile in Europa zu gewinnen.

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Wie reagieren nun die europäischen Hersteller auf den für sie existenzbedrohlichen Preis- und Modell-Kampf, an dem auch Tesla als unangefochtener Innovationsführer teilnimmt? Laut Bloomberg so:

„Volkswagen, Renault und Stellantis denken das Undenkbare und prüfen Kooperationen mit eingeschworenen Konkurrenten, um billigere Elektrofahrzeuge herzustellen und existenzielle Bedrohungen abzuwehren.“

Bislang suchten Volkswagen und Co. vor allem für den chinesischen Markt nach dort einheimischen Kooperationspartnern. Nun versuchen sie ihre Position auf dem europäischen Markt zu verteidigen, in dem sie sich gegen die chinesisch-amerikanische Übermacht verbünden.

Besonders deutlich und öffentlich spricht Carlos Tavares, der CEO von Stellantis, diese Notwendigkeit an: Der europäischen Autoindustrie stehe ein Blutbad bevor, wenn sie sich nicht anpasse. Er sieht eine „Ära der Konsolidierung der Automobilindustrie“ voraus, die speziell die herkömmlichen PKW-Hersteller treffen wird, die nicht in der Lage sind, günstige und nachgefragte Elektroautos auf den Markt zu bringen.

Welche konventionellen Hersteller überleben?

Zu erwarten ist, dass nur diejenigen Hersteller überleben werden, die rasch in der Lage sind, mehr als drei Millionen Elektrofahrzeuge pro Jahr herzustellen. Davon sind die europäischen Hersteller alleine kilometerweit entfernt, wie die 2023er Verkaufszahlen zeigen (Quelle: Bloomberg):

  • Volkswagen: 739.700 Elektrofahrzeuge
  • Stellantis: 350.000 Elektrofahrzeuge
  • Renault: 146.700 Elektrofahrzeuge

Eine Chance könnte darin liegen, dass sich die Dynamik für Elektroautos auf dem deutschen Markt etwas eingetrübt hat, etwa durch den Wegfall der E-Auto-Förderung für Privat und Gewerbe im vergangenen Jahr. Allerdings gibt es – in Frankreich staatlich gefördert – sehr günstige Leasing-Angebote wie etwa dieses zum Dacia Spring für 99 Euro hierzulande. Wer nach preiswerten Elektroautos sucht, wird mit immer mehr Angeboten fündig.

Doch spätestens 2025, wenn die China-Invasion mit Fahrzeugen aller Klassen weiter vorangeht und schärfere Emissionsvorschriften in Kraft treten, müssen die europäischen Autobauer so aufgestellt sein, dass sie die disruptive Konsolidierungswelle abfedern können.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

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