5 Fragen an… Dr. Claudia Häpp von der BSH

CleanTech News / München. Der Ausbau des Stromnetzes zum Smart Grid und die Steuerung von Haushaltsgeräten im Smart Home geht nach Ansicht der Öffentlichkeit in Deutschland eher langsam voran. Doch im Hintergrund arbeiten zahlreiche Unternehmen beispielsweise an Smart Home-Visualisierungslösungen oder an intelligenten Haushaltsgeräten. Eines dieser Unternehmen ist die Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH (BSH). In unserer Reihe „5 Fragen an…“ haben wir uns mit der Leiterin Smart Grid der BSH, Dr. Claudia Häpp, über den Smart Home-Markt und die Vorteile für Unternehmen wie Verbraucher unterhalten.

CleanThinking.de: Das Thema „Energiesparen“ hält sich seit einigen Jahren zu Recht als Trend in der Küchenbranche. Welche Bedeutung hat in diesem Zusammenhang „Smart Home“ für den Endverbraucher?

Dr. Claudia Häpp: Die privaten Haushalte konsumieren rund 50 Prozent des Energiebedarfs in Deutschland. Allein 50 Prozent entfallen dabei auf Kühl- und Gefrierschränke, Waschmaschinen, Trockner, Geschirrspülmaschinen und die klassischen Geräte zum Kochen. Wir, bei der BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH, verfolgen vor allem zwei Ziele: den Haushalt von Morgen noch energieeffizienter zu gestalten und dem Verbraucher maximalen Komfort zu bieten. Energieeffizienz ist heute schon der Schlüssel zum reduzierten Ressourcenverbrauch.

Durch den Einsatz neuer energieeffizienter Hausgeräte kann der Verbraucher einiges bewegen – für den Umweltschutz und gegen steigende Haushaltskosten. In diesem Zusammenhang hat „Smart Home“, also die Vernetzung und zentrale Steuerung eines Haushaltes, durchaus eine Bedeutung für den Verbraucher. Denn neben Komfort- und Sicherheitsaspekten verfolgt „Smart Home“ das Ziel, die Energiekosten zu senken.

Das Smart Grid ist ein wichtiger Bestandteil. Die Idee des Smart Grids funktioniert in der Praxis bislang aber nur bedingt: die technische Infrastruktur steht in den Haushalten noch nicht bereit, die eine integrierte Steuerung der Hausgeräte erlaubt. Die Energieversorger müssen neue Geschäftsmodelle als Antwort auf die Energiewende finden. Und branchenintern sind noch notwendige Standardisierungen vorzunehmen, wie beispielsweise in der Datenübertragung.

CleanThinking.de: Wie sehen Sie allgemein die Akzeptanz von Smart Home Visualisierungslösungen und den dazu passenden Hausgeräten?

Dr. Claudia Häpp: Für die BSH ist die Integration und Steuerung kommunikationsfähiger Hausgeräte in intelligenten Netzen ein wichtiges Innovationsfeld. In Feldversuchen mit Energieversorgern haben wir die Verbraucherakzeptanz von Smard-grid-fähigen Geschirrspülern und Kühlschränken, die automatisch den günstigsten Stromtarif nutzen können, sofern der Energieversorger das anbietet, getestet. Mit fiktiven Strompreisen konnten die Testhaushalte Kosteneinsparungen von durchschnittlich 25 Prozent erzielen, was stark von der Stromspreizung abhing. Dementsprechend waren die Reaktionen positiv.

Was wir aber auch herausgefunden haben: viele Verbraucher sind zwar sehr am Thema interessiert, haben aber keine Detailkenntnisse über ihre Stromtarife – von denen das Sparpotenzial maßgeblich abhängt. Eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg von Smart Grid ist also die Einstellung der Verbraucher. Sie sollten sich mit ihren Tarifen auseinandersetzen, bewusst über alternative Energiequellen nachdenken und die neue Informationstransparenz aktiv nutzen. Ein realistischer Verbrauchernutzen und die damit einhergehende Akzeptanz werden sich aber erst einstellen können, wenn es entsprechende flexible Stromtarife gibt und eine technische Infrastruktur in den Haushalten bereitsteht, die den Verbrauchern eine integrierte Steuerung ihrer Hausgeräte erlaubt.

CleanThinking.de: Auf der IFA 2011 präsentierten Bosch und Siemens Ideen für den Haushalt der Zukunft. In einer vernetzten Küchenzeile konnten Besucher etwa den Geschirrspüler „remote“ starten, Rezepte aus dem Internet herunterladen und die empfohlenen Backofeneinstellungen direkt auf den Ofen übertragen, Bilder aus dem Kühlschrankinneren abrufen und Nachrichten wie „die Wäsche ist fertig“ empfangen. Wie war das Interesse an diesen Ideen und gibt es bereits Informationen, wann der Kunde diese im Handel erhalten kann?

Dr. Claudia Häpp: Die Besucher zeigten großes Interesse am Siemens eco PLUS Haus. Hier haben wir in einem Showcase gezeigt, wie die vernetzte Küche der Zukunft aussehen kann – und wie innovative Technologie Energiesparen auf Rekordniveau ermöglicht, ohne dabei Kompromisse bei Design und Komfort einzugehen. Bis jetzt gibt es nur Vorseriengeräte und technische Insellösungen, weil wie gesagt, sowohl der Markt, als auch entsprechende Standards und Regelungen dafür fehlen. In den nächsten Jahren wird es hier aber Veränderungen geben. Zusammen mit dem europäischen Branchenverband CECED definieren wir Nutzungsszenarien, beispielsweise um zu untersuchen wie eine Waschmaschine reagiert, wenn aus der Smart-Grid Anfrage eine Lastenverschiebung kommt. Diese Untersuchungsergebnisse werden in die europäische und internationale Standardisierungs- und Normungslandschaft eingespeist.

CleanThinking.de: Auf welche Innovationen der BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH können wir uns in diesem Jahr freuen?

Dr. Claudia Häpp: Als der größte Hausgerätehersteller in Europa und einer der weltweit führenden Unternehmen der Branche haben wir im letzten Jahr damit begonnen, in Kooperationen mit den großen Energieversorgern, wie beispielsweise E.ON und EnBW, die Entwicklung einer technischen Infrastruktur für die Haushalte aktiv mitzugestalten. Dieses Engagement setzten wir in diesem Jahr fort und kümmern uns weiterhin um die Einführung der notwendigen Standardisierungen auf deutscher, europäischer und internationaler Ebene.

In verschiedenen Feldstudien beschäftigen wir uns intensiv mit den Kundenerwartungen an intelligente Technologien und bereiten unser Hausgeräte-Portfolio verstärkt auf die Anforderungen zur Einbindung in ein Smart Grid vor. Zur IFA 2012 werden unsere Marken Bosch und Siemens ein großes Programm an energieeffizienten Hausgeräten sowie zahlreiche Neuheiten aus allen Produktbereichen zeigen, die durch maximale Funktionalität und hohen Komfort überzeugen.

CleanThinking.de: Smart Home Lösungen sind ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Smart Grid – wie sehen Sie hierbei die Entwicklung in Deutschland?

Dr. Claudia Häpp: Auch wenn der Mehrwert smarter Hausgeräte heute noch nicht vollständig genutzt werden kann, ist das „Smart Home“ auf einem guten Weg. Smart-Grid-Anwendungen gelten dabei für viele Verbraucher als Basis für ein intelligentes Haus. Doch ob sie deswegen ein „Smart Home“ wählen, hängt davon ab, ob die Energiewirtschaft in den kommenden Jahren ihre zentrale Aufgabe erfüllt: die Realisation eines Smart Grids. Denn wie gesagt: Die Stromversorger sind zwar seit dem 1.1.2011 verpflichtet variable Stromtarife anzubieten. Doch das Produkt flexibler Strompreise existiert bisher nicht.

Wichtig ist es zu unterscheiden zwischen den Chancen Energie und Kosten einzusparen – mit dem Superenergieeffizienz-Portfolio das die BSH bereits anbietet – und zusätzlich weitere Kosten zu sparen durch optimale Tarifnutzung – wie in Zukunft mit der Smart Grid-Technologie. Wichtig ist es die Haushalte darauf hinzuweisen, dass schon heute durch die Nutzung supereffizienter Hausgeräte der Ressourcenverbrauch reduziert werden kann. Auch die Nutzung variabler Stromtarife – sofern vom Energieversorger angeboten – ist bereits möglich. Rund 80 Prozent aller Hausgeräte der Marken Bosch und Siemens sind bereits mit der Startzeit-Vorwahl-Funktion ausgestattet. Mit dieser Gerätefunktion stellt der Verbraucher vorab die Startzeit des Programms ein, um so beispielsweise günstigeren Nachtstrom nutzen zu können.

CleanThinking.de: Frau Dr. Häpp, wir danken Ihnen sehr für das Gespräch. Weiterführende Informationen zu BSH finden Sie hier: BSH Microsite

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

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