Hysata verspricht billigen, grünen Wasserstoff im Gigawatt-Maßstab ab 2025

Australisches Unternehmen Hysata kommerzialisiert die Kapillarelektrolyse mit hohem Wirkungsgrad. Wasserstoff für 1,50 Dollar pro Kilogramm Mitte der 20er Jahre möglich.

Das australische Cleantech-Startup Hysata will die Herstellung von erschwinglichem, grünem Wasserstoff entscheidend voranbringen: Mit der Kapillarelektrolyse verspricht das Unternehmen grünen Wasserstoff für 1,50 Dollar ab 2025. Kosten für die Wasserstoff-Herstellung hängen entscheidend vom notwendigen Energie-Einsatz ab. Während die Organisation IRENA für 2050 einen Energieeinsatz von weniger als 42 Kilowattstunden pro Kilogramm Wasserstoff als Ziel ausgegeben hat, wollen die Hysata Manager dieses Ziel schon Mitte der 20er Jahre erreichen. Was steckt dahinter?

Hysata ist ein aus der University of Wollongong hervorgegangenes Cleantech-Unternehmen, das mit der Kapillarelektrolyse eine effizientere Art der Wasserstoffherstellung kommerzialisiert. Die entscheidenden Vorteile dieses neuartigen kapillargespeisten Elektrolyseurs liegen im einfacheren Aufbau, weil beispielsweise weniger Pumpen notwendig sind, sowie in der höheren Effizienz, die sich auch aus einer reduzierten Blasenbildung während des Vorgangs ergibt. Das Cleantech-Unternehmen behauptet, mit dieser Technologie, für die Aufspaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff 41,5 Kilowattstunden Strom pro Kilogramm Wasserstoff zu benötigen. Heute sind eher 52,5 Kilowattstunden pro Kilogramm realistisch.

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Gelingt es dem Unternehmen, diesen Wert im kommerziellen Maßstab tatsächlich zu erzielen, würde das Ziel der Erneuerbaren-Organisation IRENA billigen, grünen Wasserstoff zur Dekarbonisierung zu bekommen etwa 25 Jahre früher erreicht. Die Folge: Grüner Wasserstoff wird schneller erschwinglich als bislang angenommen. Für die Energiewende und die ökologische Transformation eine gewaltige Chance.

Ein großes Wasserstoffprojekt, das eine Million Tonnen Wasserstoff jährlich produzieren soll, bräuchte dafür bei Einsatz der Kapillarelektrolyse nicht mehr 14 Gigawatt Wind- und Solarstrom, sondern lediglich 11 Gigawatt. Umgelegt auf die Kosten verspricht Hysata damit eine Einsparung von zirka drei Milliarden Euro (Kapitalkosten: 1 Million pro Megawatt).

Management: Dr. Paul Barrett und Dr. Gerry Swiegers

Das Gründungsteam von Hysata besteht aus Veteranen der Elektrolyseur-Branche, die über fundierte Kenntnisse in der Entwicklung und der Kommerzialisierung von neuartigen Elektrolyseuren verfügen.

Entscheidende Köpfe sind Dr. Paul Barrett, der CEO, und Dr. Gerry Swiegers, der als Technik-Chef agiert. Barrett arbeitete vor der Übernahme dieser Rolle bei Hysata im Juni 2021 für die IP Group Australia – eine Gesellschaft, die frühzeitig investierte, und auch an der Series-A-Finanzierungsrunde im August 2022 beteiligt war. Seine akademische Karriere begann er in Dublin, wo er nach dem Studium auch einen Doktorgrad im Chemieingenieurwesen erwarb. Bis 2008 arbeitete Barrett in verschiedenen Rollen mehr als sechs Jahren lang für Mettler Toledo.

Barrett sieht das Cleantech-Unternehmen auf einem klaren Weg, den effizientesten Elektrolyseur der Welt zu vermarkten und bis 2025 eine Wasserstoff-Produktionskapazität im Gigawatt-Bereich zu erreichen. „Die globale Dynamik in Richtung Netto-Null-Emissionen schafft eine enorme Chance für grünen Wasserstoff und Elektrolyseure. Die Wirtschaftlichkeit wird letztlich darüber entscheiden, welche Technologien sich durchsetzen“, so der Hysata-CEO.

Wie funktioniert die Kapillarelektrolyse?

Bei der Kapillarelektrolyse von Hysata befindet sich keine der beiden Elekroden mehr im Wasser, wie es bei den etablieren Alkali- und PEM-Elektrolyseuren der Fall ist. Stattdessen übernehmen hauchdünne Kapillare, also sogenannte Haarröhrchen, den Transport des Wassers vom unteren Teil der Elektrolyse zu den Elektroden. Dieses kontinuierliche Ansaugen des flüssigen Elektrolyten vom Boden der Zelle wird auch als Kapillareffekt bezeichnet

Ein poröser, hydrophiler Separator aus Polyethersulfon sorgt dafür, dass die notwendige Durchflussrate erhalten bleibt. Die direkt erzeugten Gase Wasserstoff und Sauerstoff fließen in die identische Richtung, ebenfalls nach oben, ab. Die Anode besteht aus einem beschichteten Nickelgitter, während die Kathode aus Platin und Kohlenstoff besteht.

Die Wasserstoff-Gewinnung findet in diesem Elektrolyseur bei einer Temperatur von etwa 85 Grad Celsius statt, während beispielsweise die Hochtemperatur-Elektrolyse von Sunfire 800 Grad heiße Abwärme benötigt.

Laut Hysata bietet der Aufbau entscheidende Vorteile:

  • Niedriger Widerstand der Kapillare
  • Extrem geringe Blasenbildung, weil der Prozess nicht umhüllt von Wasser stattfindet
  • Aufbau braucht weniger Pumpen, keine Flüssigkeitsabscheider, keine Kühlung
  • Niedrigerer Wasserverbedarf im Vergleich etwa zur alkalischen Elektrolyse
Vergleich unterschiedlicher Elektrolyse-Technologien.

Als Beleg für ihre Behauptungen führt Hysata einen ArtikeI (Peer Review), der in Nature Communications erschienen ist. Dort legt das Team dar, dass die Kapillarelektrolysezelle einen erstaunlichen Wirkungsgrad von 98 Prozent haben soll. Zum Vergleich: Ein dort eingebrachte kommerzielle Wasserelektrolyse (PEM) weist einen Wirkungsgrad von 83 Prozent auf.

Risiko: Platin und Nickel

Ob die Versprechungen von Hysala tatsächlich Realität werden, hängt entscheidend von der Entwicklung der Rohstoffpreise ab. Zwar betont das Unternehmen, ohne teures Iridium auszukommen, das etwa für PEM-Elektrolyseure gebraucht wird. Im Gegensatz zu Hochtemperatur-Elektrolyseuren wie denen von Sunfire, benötigt die innovative Elektrolyse aber Platin einerseits und Nickel andererseits. Beides Materialien, deren Preise zuletzt stark gestiegen sind.

Vestas, Kiko und BlueScopeX investieren

Im August 2022 machte Hysata mit einer überzeichneten Series-A-Finanzierungsrunde auf sich aufmerksam. Das australische Cleantech-Startup sammelte dabei fast 30 Millionen Euro ein. Mit dem frischen Kapital wird die erste Anlage im Pilotmaßstab entstehen. Ziel ist es, den nach Aussage des Unternehmens „effizientesten Elektrolyseur der Welt“ im großen Stil auf den Markt zu bringen.

Zu den Investoren zählen folgende Unternehmen und Institutionen:

Der Mix der Investorenschaft ist höchst interessant: Neben klassischen Investoren wie Kiko Ventures oder renditegetriebenen Finanziers wie Hostplus, haben mit Vestas und BlueScope zwei potenzielle Anwender in die Elektrolyse-Technologie investiert. Nicht unwahrscheinlich, dass diese Unternehmen in den kommenden zwei bis drei Jahren zu den ersten Anwendern zählen werden.

Das frische Kapital wird Hysata verwenden, um zusätzliches Personal für die Entwicklung der Kapillarelektrolyse einzustellen, und eine Pilotproduktionsanlage für die kapillargespeiste Technologie aufzubauen. Diese soll bereits in der Lage sein, den weltweit kostengünstigsten, grünen Wasserstoff zu liefern. Das Unternehmen plant, im Jahr 2025 eine Produktion im Gigawatt-Maßstab zu erreichen.

Halten die Australier ihr Versprechen?

Aus heutiger Sicht stehen die Chancen nicht schlecht, dass Hysata mit der Kapillarelektrolyse tatsächlich ein bedeutsamer Fortschritt bei der Versorgung der Welt mit grünem Wasserstoff gelingen kann. Die übertriebenen Aussagen von Management und Investoren müssen aber als „Marketing-Getöse“ relativiert werden, solange die Pilotproduktionsanlage nicht läuft. Der Weg zur Kommerzialisierung einer neuen Elektrolyse-Technologie ist in der Regel lang.

Für die Dekarbonisierung der Industrie und die ökologische Transformation ist es gut, dass es immer wieder evolutionäre Weiterentwicklungen auch der Elektrolyse-Technologie gibt. Schon heute werden die existierenden und über Jahre etablierten komplexeren Elektrolyse-Verfahren in unterschiedlichen Anwendungen eingesetzt. Gut möglich, dass mit der Elektrolyse, die sich Kapillareffekte zunutze macht, eine weitere Alternative hinzukommen wird.

Der Beitrag erschien ursprünglich im August 2022. Letzte Aktualisierung im Februar 2023.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

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