Wie Tesla seine deutschen Kunden verprellt…

… und teilweise wieder glücklich macht. Die Geschichte des Tesla Model 3 von Energiewende-Urgestein Holger Laudeley.

Holger Laudeley hat für seine, wie er sie nennt „Pflegetochter“, ein Tesla Model 3 bestellt. Das Elektroauto von Elon Musk kostet ihn 64.000 Euro. Am 25. März sollte Laudeley das Tesla Model 3 in Hamburg abholen. Doch, wie so vielen Tesla-Kunden in Deutschland, erhält die Familie am Freitag Nachmittag zuvor die Information: Auto ist nicht da, Auslieferung verschoben.

Laudeley sitzt in Ritterhude bei Bremen und hat seine ganz persönliche Energiewende längst erledigt. Mit großem Aufwand hat der Unternehmer über Jahrzehnte ein Imperium geschaffen, dass sich nicht nur über acht Photovoltaikanlagen komplett autark versorgt – auch beinahe das gesamte Gewerbegebiet drumherum ist mit PV-Anlagen von Laudeley Betriebstechnik versorgt.

Für die Abholung des Tesla Model 3, gemeinsam mit seiner Frau und besagter Ziehtocher, haben sich alle drei einige Stunden frei genommen. Holger Laudeley und seine Frau Cornelia fahren seit vielen Jahren Elektroauto – zuletzt zunehmend und mit großer Begeisterung auch ein Tesla Model S und ein Tesla Model X.

Doch als die am Freitag Nachmittag die E-Mail eintrudelt, dass das neue Tesla Model 3 nicht rechtzeitig in Hamburg ankommen wird, platzt Holger Laudeley der Kragen: Über das Wochenende entscheidet er, trotzdem zu Tesla nach Hamburg zu fahren und dabei filmerisch festzuhalten, was dort so alles passiert bei der Auslieferung. „Dreistigkeit siegt“ lautet ein Motto des Unternehmers.

Gesagt getan: Am 25. März sitzen die drei Laudeleys im Tesla und fahren zum amerikanischen Autobauer nach Hamburg, der dort für die Auslieferung des Tesla Model 3 im Hafen eigens eine Halle angemietet hat, an die man nur zu Fuß herankommt – es sind nur wenige Hundert Meter, aber weil Laudeley wütend ist, ist ihm auch dieser Weg zu weit.

Angekommen im Empfangsraum zeigt sich: Viel Bohei wird hier nicht um die Auslieferung eines Elektroautos gemacht, für das Kunden wie Laudeley und viele andere mehr als 60.000 Euro auf den Tisch geblättert haben. Und viele dieser Kunden sind auf das Auto täglich angewiesen – und haben sich auf die von Tesla versprochenen Auslieferungstermine verlassen.

Die Laune von Laudeley bessert sich erst, als ein sehr freundliches Tesla-Team, bestehend aus vier Personen, sich die Sachlage anhört und ehrlich das Problem schildert: Tesla schafft es derzeit kaum, die Elektroautos vom Schiff in Zeebrügge herunter zu bekommen, weil schlicht nicht genügend Platz oder Personal vorhanden ist. Daher werde die nächste Auslieferungswelle erst in einigen Tagen beginnen.

Die Wende: Tesla macht Laudeley ein Angebot

Die Wende nach all der Enttäuschung geschieht dann, als die Tesla-Mitarbeiter den Laudeleys erlauben, einen Blick hinter den schwarzen Vorhang zu werfen, der den Abholraum von der eigentlichen Halle trennt. Dort, wo nicht gefilmt werden darf, stehen viele Dutzend Fahrzeuge, die alle auf die Übergabe an die Kunden warten. Zunächst werden sie in Hamburg aber aufbereitet, voll geladen und mit Europa-spezifischem Equipment wie einem Typ-2-Ladekabel ausgestattet.

Zweiter Teil der Stimmungsaufhellung: Laudeley erhält das Angebot, das Fahrzeug – voraussichtlich am kommenden Samstag – nicht selbst abholen zu müssen, sondern an einen Wunschort geliefert zu bekommen. „Damit waren wir zufrieden“, sagt Holger Laudeley rückblickend. Schließlich bringt dieser zusätzliche Service den Drei eine deutliche Zeit- und Stressersparnis – und Tesla zeigt sich flexibel, ob das Auto nach Bremerhaven zur Arbeitsstätte oder nach Ritterhude zur Privatwohnung geliefert werden soll.

Holger Laudeley’s Odysee ist bezeichnend für die „Auslieferungshölle“ in der sich Tesla in Europa gerade befindet. In Deutschland gelingt dem Autobauer gerade der Durchbruch – gegen die etablierte Konkurrenz von Audi, BMW, Daimler oder Porsche. Kein anderes europäisches Land hat in den vergangenen Wochen mehr Tesla Model 3 erhalten als Deutschland. Bislang tat sich Tesla hier schwer – das könnte nun vorbei sein, wenn sie die Probleme mit der Logistik in den Griff bekommen.

Die hier wiedergegebene Geschichte hat Laudeley auch selbst gefilmt und dem Youtuber Dennis Witthus erzählt:

Die Geschichte zeigt, wie emotionslos Tesla derzeit seine deutschen Kunden verprellt und nur bei einer gewissen Dreistigkeit dazu bereit ist, entgegenkommend zu sein. Dabei gilt: E-Mailen und auf Rückruf warten ist im Vergleich zu den überlasteten Hotlines die bessere Alternative. Bleibt zu hoffen, dass mehr Kunden in den Genuß solch kulanter, freundlicher Mitarbeiter kommen – damit sich Elektromobilität mit dem Tesla Model 3 durchsetzen kann.

Hinweis: Martin Jendrischik, der Autor dieses Beitrages, und Holger Laudeley sind seit einigen Jahren in geschäftlichem Kontakt. Kennengelernt haben sie sich über ein Unternehmen, das die von Laudeley erfundenen Balkonkraftwerke vermarkten wollte. Derzeit unterstützt Jendrischik Laudeley unter anderem bei der redaktionellen Pflege der Webseite www.laudeley.de.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

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