Im Jahr nach dem Atomausstieg sinken CO2-Ausstoß und Strompreise

Im Jahr nach dem Atomausstieg Deutschlands am 15. April 2023 sinken der CO2-Ausstoß und die Strompreise – das belegt jetzt eine Studie von Greenpeace und Green Planet Energy. Demnach verursacht die Stromerzeugung ohne Atomstrom weniger Treibhausgase und ist sowohl günstiger als sicherer geworden. Neben der kurzfristigen Verbesserung des Strommix ist auch die langfristige Verbesserung beeindruckend.

Gemäß der Studie verringerte sich der Ausstoß von CO2 in Deutschland im Zeitraum der Untersuchung (16.4.2023 – 15.3.2024) im Energiesektor um 24 Prozent. Dies wurde durch eine Zunahme der Erneuerbaren Energien und einen Rückgang der Strommenge aus fossilen Energiequellen erreicht: Braunkohle um 29 Prozent, Steinkohle um 47 Prozent und Gas um fünf Prozent. Insgesamt sank die Nachfrage nach Strom im Vergleich zum Vorjahr lediglich um ein Prozent.

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Die Einschätzung von Heinz Smital, Atomexperte bei Greenpeace, ist nach dem Atomausstieg deutlich: „Mit einem Jahr Abstand zum Ausstieg aus der Atomkraft ist der Strom in Deutschland sauberer, kostengünstiger und sicherer geworden.“ Der Verzicht auf die Kernkraft habe die Energiewende beschleunigt und sei die richtige Entscheidung gewesen.

Im Beobachtungszeitraum wurden etwa 20,6 TWh mehr Strom importiert als exportiert. Die Gründe für die Importe lagen nicht in Engpässen bei der nationalen Stromversorgung, sondern vielmehr in den steigenden Kosten für fossile Brennstoffe und Emissionszertifikate. Dadurch wurde die Stromerzeugung aus fossilen Quellen im Vergleich zu erneuerbaren Energien teurer.

“Die Stromimporte sind ein Zeichen für den funktionierenden EU-Markt. Mit jeweils vier Prozent ist der Anteil der fossilen und nuklearen Importmengen an der Stromnachfrage in Deutschland zudem klein”, sagt Carolin Dähling, Leiterin Politik und Kommunikation bei Green Planet Energy.

Keine Abhängigkeit vom Ausland – genügend Gaskapazitäten

Laut der Studie ergab die Untersuchung, dass nach dem Atomausstieg ausreichend Gaskapazitäten für die zusätzliche Stromerzeugung verfügbar waren, jedoch nicht genutzt wurden, da Importe kostengünstiger waren. In Zukunft wird der enorme Ausbau erneuerbarer Energien dazu führen, dass Deutschland ab etwa 2030 grünen und preiswerten Strom exportiert.

Doch neben der kurzfristigen Betrachtung ist auch der längerfristige Blick auf die Energiewende vielversprechend: Seit 2015 ist der Anteil des Kohle- und Atomstroms an der Last von 62 Prozent im ersten Quartal 2015 auf 22 Prozent im ersten Quartal 2024 gesunken.

Im selben Zeitraum sind die Exporte von 12 Prozent der Last verschwunden. Der Importanteil von einem Prozent ist CO2-arm und kommt aus Skandinavien und Frankreich.

Mehr Erneuerbare: Harte Zeiten für Atomstrom

Während die Produktion von Strom ohne fossile Brennstoffe noch nie so dringlich war wie heute, untergraben der Anstieg der erneuerbaren Energien und der Einbruch der Strompreise den Betrieb von Atomkraftwerken, die in mehreren Teilen des Kontinents immer noch die Eckpfeiler der Stromnetze sind.

Die Anzeichen deuten darauf hin, dass ihnen harte Zeiten bevorstehen. Die Nachfrage hat sich seit der Energiekrise nicht vollständig erholt, und die Wind- und Solarparks der Region produzieren mehr Strom als je zuvor, was den Anteil auffrisst, den sowohl Atom- als auch Kohlekraftwerke in die nationalen Netze einspeisen.

Die konventionellen Grundlastkraftwerke werden in Anbetracht der gegenwärtigen Strompreise vor Herausforderungen stehen, sofern nicht längere Perioden mit äußerst ungünstigen Sonnen- und Windbedingungen, Dürre oder intensiver Hitze erleben, äußerte Sigurd Pedersen Lie, Senior Analyst bei StormGeo Nena A/S gegenüber Bloomberg Green.

Längerfristig sei dies ein Warnzeichen dafür, dass Atomreaktoren zunehmend verdrängt werden könnten, auch wenn Länder wie Frankreich und Großbritannien planen, riesige Summen für neue Kraftwerke auszugeben, da sie die Technologie als Schlüsselelement im Kampf gegen die globale Erwärmung identifiziert haben. 

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

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