Pellworm: Smart Grid-Verbundprojekt mit Preis ausgezeichnet

Galt bis vor zwei, drei Jahren das Projekt-Konsortium DESERTEC als hoffnungsvoller Zusammenschluss von Wirtschaft und Wissenschaft für die Realisierung wichtiger Energiewende-Projekte, geben nun andere, weniger ambitionierte Projekte den Ton an. Wobei weniger ambitioniert nicht schlecht finanziert bedeuten muss: Das Projekt enera, das aus dem EWE-Konzern hervorging, ist mit rund 200 Millionen Euro ausgestattet – davon 50 Millionen Euro vom Bund. Ein anderes Energiewende-Projekt ist das auf der kleinen Nordseeinsel Pellworm.

Bildquelle: SmartRegion Pellworm

Energiewende News, 28. Dezember 2015. Pellworm ist eine kleine Nordseeinsel, die zeigen soll, wie Energiewende erfolgreich funktionieren kann. Schon heute entspricht der Anteil erneuerbarer Energien auf der Insel dem Energiekonzept 2050. Gerade deshalb ist das Vorhaben des Verbundprojekts „SmartRegion Pellworm“ hier bestens beheimatet. Beteiligt ist u.a. das Fraunhofer UMSICHT. Die Wissenschaftler haben für die Insel ein intelligentes Stromnetz entwickelt, das die Umverteilung und Speicherung überschüssiger Energie ermöglicht. Nun wurde das Projekt mit dem German Renewables Award ausgezeichnet.

Ziel des Gesamtprojekts war der Aufbau eines intelligenten Stromnetzes mit hybridem Speichersystem. Das Team von Fraunhofer UMSICHT hat dabei vor allem die Nutzung thermischer Speicher innerhalb des hybriden Speichersystems betrachtet und wissenschaftlich begleitet. In diesem Rahmen gehörte es zur zentralen Aufgabe der Forscher, eine Wärmebedarfsprognose zu erstellen.

„Wenn man wie auf Pellworm Elektrospeicherheizungen nutzt, um die Ungleichgewichte zwischen Verbrauch und Erzeugung im Stromnetz auszugleichen, muss natürlich trotzdem jederzeit der Wärmebedarf der Inselbewohner gedeckt sein“, erklärt Maike Hasselmann, die zusammen mit Carsten Beier für UMSICHT am Projekt beteiligt war. Damit die Anlageneinsatzplanung vorausschauend und frühzeitig unter Berücksichtigung der wichtigsten Randbedingungen erfolgen kann, ist es somit erforderlich, den in den nächsten Stunden zu deckenden Wärmebedarf zu prognostizieren.

Auf der Insel Pellworm wird mit Windkraft, Photovoltaik und weiteren Anlagen übers Jahr gesehen mehr Strom produziert, als die Bewohner verbrauchen könnten. Damit diese Energieüberschüsse zu Zeiten zu geringer Stromeinspeisung (beispielsweise bei Windflauten und wenn keine Sonne scheint) von der Insel selbst genutzt werden können, hat ein Konsortium aus Wissenschaft und Industrie im Rahmen des dreijährigen Verbundprojekts „SmartRegion Pellworm“ die optimale Zusammenarbeit elektrischer und thermischer Speicher mit erneuerbaren Energien erprobt. Auf diese Weise entstand auf Pellworm ein intelligentes Stromnetz, das es ermöglicht, die erneuerbare Energie direkt vor Ort zu nutzen.

Pellworm: Verbundprojekt ausgezeichnet

Nun wurde „SmartRegion Pellworm“ in der Kategorie „Projekt des Jahres“ mit dem German Renewables Award für Innovationen im Bereich der erneuerbaren Energien ausgezeichnet, der 2015 zum vierten Mal vom Cluster Erneuerbare Energien Hamburg (EEHH) vergeben wurde. Das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT in Oberhausen und das Fraunhofer-Institut für Angewandte Systemtechnik AST in Ilmenau waren auf wissenschaftlicher Seite daran beteiligt.

Die Untersuchungen zeigen verschiedene Nutzungsmöglichkeiten für hybride Energiespeichersysteme auf. Neben der stärkeren Nutzung des vor Ort erzeugten Stroms durch die Zwischenspeicherung von überschüssigem Strom konnte beispielsweise der Einsatz der Speicher am Strommarkt und zur Entlastung des Stromnetzes demonstriert werden. Das Demonstrationsprojekt auf der Insel gilt deshalb als Vorzeigebeispiel für den Weg in Richtung gelungener Energiewende.

Deshalb galt es, die Übertragbarkeit des für Pellworm entwickelten hybriden Speicherkonzepts auf andere Regionen Deutschlands zu bewerten. Dafür hat das Team von Fraunhofer UMSICHT gemeinsam mit der RWTH Aachen Vergleichsregionen ausgewählt und diese in Simulationen untersucht. Mit dem Ergebnis: Das Konzept ist grundsätzlich übertragbar, es sollte aber an die jeweilige individuelle Versorgungssituation angepasst werden. Nun gilt, es die Entwicklungsschritte vom Demonstrationsprojekt zu einem Projekt mit standardisierten Prozessen und Schnittstellen zu gehen – damit in Zukunft weitere Regionen von einem intelligenten Stromnetz wie auf Pellworm profitieren können.

SmartRegion Pellworm: Konsortium aus Industrie und Forschung

„SmartRegion Pellworm“ wurde in einem Konsortium aus Industrie (E.ON AG, Schleswig-Holstein Netz AG, Saft Batterien GmbH, Gustav Klein GmbH & Co. KG) und Forschung (Fraunhofer UMSICHT, Fraunhofer AST, RWTH Aachen, FH Westküste) durchgeführt und im Rahmen der »Forschungsinitiative Energiespeicher« vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie finanziell gefördert. Das Verbundprojekt lief insgesamt drei Jahre (April 2012 – Juni 2015).

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

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