Wie Solarnative die Energiewende mit 3 Millionen Mini-Wechselrichtern revolutionieren will

Cleantech-Startup Solarnative beginnt Bau einer Gigafactory für kleine Wechselrichter, die in den Rahmen von Solarmodulen passen.

Es ist eine Technologie, die perfekt in die Zeit der boomenden Solarbranche passt: Das Cleantech-Startup Solarnative aus der Nähe von Frankfurt am Main hat den Bau einer Gigafactory für den kleinsten Wechselrichter der Welt bekannt gegeben. Drei Millionen dieser Stromwandler, die als Stick in den Rahmen von Solarmodulen passen, sollen ab Sommer jährlich produziert werden. Das notwendige Kapital um die Energiewende mit Mini-Wechselrichtern zu revolutionieren haben sich die Gründer über ein Privatinvestoren-Netzwerk gesichert.

Mit einer höchst professionellen Kampagne und einem attraktiven Web-Auftritt sorgt das Unternehmen Solarnative gerade für eine Menge Gesprächsstoff im deutschen Energiemarkt. Das Konzept erinnert durchaus an das, was das amerikanische Cleantech-Unternehmen Enphase auf die Beine stellt: Kleine Wechselrichter an jedem Modul sollen mehr Ertrag für Photovoltaikanlagen bringen und beispielsweise defekte Solarplatten leichter identifizierbar machen.

Doch Solarnative geht jenseits dieser Möglichkeiten für klassische PV-Anlagen noch einen Schritt weiter: Henk Oldenkamp, der als einer der Erfinder der Mikro-Wechselrichter gilt, die in Stecker-Solaranlagen genutzt werden, hat in jahrzehntelanger Entwicklungsarbeit einen Hochfrequenz-Wechselrichter erarbeitet, der so klein ist, dass er als länglicher Stick in den Rahmen handelsüblicher Solarmodule passt.

2019 war die Erfindung so weit fortgeschritten, dass Oldenkamp gemeinsam mit Julian Mattheis das Jung-Unternehmen Solarnative in Frankfurt am Main aus der Taufe hob. Mittlerweile investieren die beiden Gründer in die erste Produktionslinie und bezeichnen ihre Wechselrichter-Lösung als Surface-Mount-Technologie (SMT). Zusammen mit Juki Automation Systems (Produktionslinie) und SMT Renting (Logistik) entsteht in Hofheim am Taunus eine Gigafactory für die solaren Mini-Wechselrichter.

Schon ab Mai 2023 will das Cleantech-Unternehmen die Power Stick Mikro-Wechselrichter produzieren. Ziel ist es, drei Millionen Stück davon jedes Jahr herzustellen und abzusetzen.

Komponenten des Mini-Wechselrichters von Solarnative erklärt.

Die Vorteile des Stick-Wechselrichters für jedes Solarmodul sind klar: Während ein gewöhnlicher Wechselrichter zusammen mit der Software eines Batteriespeichers vor allem die Gesamtanlage steuert, geht teilweise möglicher Energieertrag verloren beziehungsweise es werden etwa wegen Verschattung weniger Module auf das Dach montiert. Der Mikro-Wechselrichter wird hingegen direkt ins Modul integriert und kann nach Einschätzung des hessischen Solar-Pioniers pro Modul zehn Prozent mehr Ertrag generieren.

Übergreifendes Konzept: Smart Energy Home

Das übergreifende Konzept ist das sogenannte Smart Energy Home. Aufgebaut ist es als modulares Plug & Play-System, das den Ertrag im Vergleich zu klassischen Photovoltaikanlagen erhöhen soll. Der Power Stick Mikro-Wechselrichter steuert dabei jedes Modul einzeln. Verbunden werden die Mini-Wechselrichter einphasig mit speziellen Kabeln. Die Parallelschaltung ist obligatorisch. 4,6 Kilowatt pro String sind möglich – bei größerem Strombedarf kann die Technologie in einer Master-Slave-Konfiguration genutzt werden.

Aus Sicht von Julian Mattheis wird diese Art, Sonnenlicht zu nutzen, womöglich sogar der neue Standard für Photovoltaikanlagen auf Wohngebäuden werden. Für die Gründung der heutigen Firma verließ der erfahrene Solar-Mann eine Festanstellung, weil ihn der Businessplan von Erfinder Henk Oldenkamp überzeugte. „Henk ist ein genialer Erfinder und ich habe Erfahrung im Aufbau von Startups – ich wusste sofort, wie genial diese Technologie ist, und wie riesig deren Potenzial“, sagt Mattheis heute.

Wie Privatinvestoren in Solarnative investieren

Um die Gigafactory auf die Beine zu stellen, hat das Team die Companisto Solarnative-Kampagne gestartet. Bis Dezember 2022 wurden so mehr als fünf Millionen Euro frisches Kapital eingeworben, was zeigt, wie viel Interesse die Technik im Solar-Markt auslöst. Das Video der Crowdfunding-Initiative zeigt weitere Hintergründe und Anwendungsbereiche für den Mikro-Wechselrichter als Herzstück des Energiesystems.

Allerdings kam nicht das gesamte Kapital von Kleininvestoren – Co-Investoren wie der Companisto Business Angel Club und weitere steuerten insgesamt 3,3 Millionen Euro bei. Aber 1.400 „Companisten“ überzeugt zu haben, ist ein gewaltiger Schritt. In der Corona-Zeit zuvor war es dem Team nicht gelungen, eine klassische Finanzierungsrunde abzuschließen. 2021 gelang in einer ersten Runde über Companisto ein erstes Millionen-Investment.

Neben dem Gesamtkonzept dürfte Solarnative ab Sommer 2023 auch bei Herstellern von Balkonkraftwerken auf den Radar kommen. Denn der Boom der steckerfertigen Solaranlagen hat gerade erst begonnen – und ein Wechselrichter, der als Plug&Play-Lösung einfach in den Rahmen des Solarmoduls eingeklickt werden kann und obendrein günstiger ist, kann hier einen zusätzlichen Schub verleihen.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

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