Swiss Clean Battery plant Großfabrik für deutsche Feststoffbatterie in der Schweiz

Festkörperakkus sollen eigentlich erst Ende der Dekade in die Massenfertigung gehen – schaffen es die Schweizer mit der Technologie von High Performance Battery schon 2025?

Beginnt im Frühjahr 2025 die Massenproduktion von Feststoffbatterien? Das Akku-Startup Swiss Clean Battery plant den Bau einer Großfabrik für die Fertigung solcher Batteriezellen im großen Maßstab. Trotz interessanter Technologie ist der Ankündigung mit einiger Skepsis zu begegnen, weil das Cleantech-Startup auch einen Börsengang ankündigte, der bis heute nicht Realität wurde. Details zur Serienproduktion der Feststoffbatterie des deutschen Technologiepartners High Performance Battery dürfte es im Oktober geben: Dann will CEO Thomas Lützenrath die „weltweit erste Feststoffbatterie in Serienfertigung“ der Öffentlichkeit vorstellen.

Eine der Batterien der Zukunft könnte somit aus der Schweiz kommen – wenn die Ankündigung des Schweizer Startups für saubere Technologien, Swiss Clean Battery oder kurz SCB, Realität werden. Entwickelt wurde die Feststoffbatterie aber nicht in der Schweiz, sondern in Deutschland beim Tochterunternehmen High Performance Battery GmbH oder kurz HPB. In den Bonner Laboren entstand ein Akku ohne flüssigen Elektrolyt im Innern: eine Feststoffbatterie, oft als fünfte Generation der Batterietechnologie bezeichnet.

Der Clou dabei: Der Elektrolyt wird von Außen in flüssiger Form eingebracht und verfestigt sich dann im Inneren auf Basis einer chemischen Reaktion. Mit diesem Vorgehen, das an einen Zwei-Komponenten-Kleber erinnert, entsteht der Festionenleiter erst in der Batteriezelle. Wesentliche Hürden für eine Serienproduktion von Feststoffbatterien werden dabei geschickt überwunden. Der Kopf hinter dieser womöglich bahnbrechenden Forschung ist Prof. Günther Hambitzer, dem es 2010 erstmals gelang, Batteriezellen herzustellen, die die Kopplung der Innnenwiderstandszunahme an die Kapazitätsabnahme überwanden.

Der dadurch konstante Innenwiderstand der Batteriezellen führte auch damals schon zu einer erheblich längeren Lebensdauer mit deutlich über 30.000 vollen Lade-und Entladezyklen, berichtet Prof. Hambitzer auf der Webseite des Unternehmens, dessen Überbau die in Teufen in der Schweiz ansässige High Performance Battery Holding AG ist. Die stetig sinkende Leistungsfähigkeit herkömmlicher Batterien ist der Tatsache geschuldet, dass bei den elektrochemischen Prozessen in der Zelle unter erheblicher Salzbildung ein Stoff entsteht, der sich an den Elektroden anlagert und so den Innenwiderstand erhöht. Die elektrische Leitfähigkeit der Ionenleiter sinkt darüber. Am Ende kollabiert die Zelle.

Hambitzer gelang es nach eigenen Worten, den Alterungsprozess zu entschlüsseln, aber auch die Substanz zu identifizieren und zu isolieren, die bei dem Alterungsprozess des ursprünglichen Elektrolyts entsteht. In weiteren Experimenten stellte er fest, dass diese Substanz selbst sogar ein sehr guter Festionenleiter ist, der, wenn man ihn direkt in die Zelle einbringt, die Salzbildung und damit die Alterung unterbindet. Hambitzer, der heute außerordentlicher Professor für physikalische Chemie an der Universität Witten/Herdecke ist: „Das war der Durchbruch“.

Bisher setzen die Entwickler von Festkörperakkus auf Elektrolyte aus dünner, spröder Keramik. Die aber brechen leicht bei der schnellen Produktion. Außerdem müssen die Keramiken mit einem Sinterverfahren hergestellt werden, was wegen der hohen Temperaturen viel Energie kostet.

Diesen Durchbruch verkündeten Hambitzer und Lützenrath schon im April 2021 in Form einer Pressemitteilung. In dieser werden die positiven Eigenschaften der HPB Feststoff-Akkus im Vergleich zur Lithium-Ionen-Batterie regelrecht bejubelt:

  • Extrem hohe Lebensdauer ohne Leistungsverlust
  • quasi ohne Kapazitätsverlust
  • Keine Probleme bei Tiefentladung
  • Schnellladefähig
  • Nicht brennbarer Festionenleiter
  • 50 Prozent verbesserte Umweltbilanz
  • Benötigt kein Kobalt, seltene Erden oder Gold
  • Elektrolyt besteht aus Lithium, Aluminium, Chlor, Schwefel und Sauerstoff.

Die wissenschaftliche Vita Hambitzers enthält ab 1989 auch die Forschungstätigkeit am Fraunhofer Institut für Chemische Technologie in Pfinztal bei Karlsruhe. Seit 2001 hat er die Professur in Westfalen inne. Doch seine unternehmerische Karriere war zwischen 1998 und 2002 von einem Rückschlag geprägt: Damals leitete Hambitzer zusammen mit dem Energieunternehmen EnBW das Batterieunternehmen Fortu Bat – allerdings stieg der Energieversorger aus, um sich auf sein damaliges Kerngeschäft zu konzentrieren.

Mittlerweile hat sich das Unternehmen zum vollintegrierten Energiekonzern gewandelt, der anstrebt, in dieser Dekade aus der Kohleverstromung auszusteigen. Ob die Entwicklung bei Fortu Bat heute bereut wird?

Swiss Clean Battery erwirbt Lizenz zur Produktion

Dr. Thomas Lützenrath ist in beiden Unternehmen eine entscheidende Figur. Als Chief Operation Officer bei High Performance Battery sorgte er für den Verkauf der Produktionslizenz an Swiss Clean Battery. Dort leitet er seitdem die Geschicke mit Roland Jung, der dem Aufsichtsrat vorsitzt. Als Vertriebschef fungiert Sebastian Heinz, ein früherer Telekom-Manager.

Mit der Lizenz will Swiss Clean Battery in Frauenfeld im Schweizer Kanton Thurgau die Festkörperakkus produzieren – und zwar spätestens 2025, und nicht erst ab 2030, wie es in der Branche bislang als möglich angesehen wird. Die Maschinen für die Produktionsstätte, die 400 Millionen Euro kosten wird, kommen vom Berliner Maschinenbauer Jonas & Redmann.

Swiss Clean Battery bezeichnet sie als Gigafactory. Entstehen soll im ersten Schritt eine Jahreskapazität von 1,2 Gigawattstunden, die rasch auf 7,6 Gigawattstunden wachsen soll. Die Fabrik soll aus sieben Etagen bestehen und 800 Arbeitsplätzen entstehen lassen. 

Gelingt den Unternehmern aus Deutschland und der Schweiz damit ein entscheidender Durchbruch für die Energiewende? Die Art der Partner und potenziellen Käufer der Feststoffbatterie spricht dafür, dass Vertrauen der Industrie gewaltig ist: So gibt es bereits Verträge mit Stadtwerken im gesamten deutschsprachigen Raum, um mit den Batterien das Stromnetz zu stabilisieren oder Quartierslösungen zu realisieren. Interessant auch: Der Energieversorger Steag ist ebenso interessiert, wie IBM, das die neue Technologie als Akku für Rechenzentren und Energiemanagementsysteme einsetzen will.

Zum Patent angemeldet in 100 Ländern weltweit

Während die Technologie von Swiss Clean Battery und High Performance Battery in 100 Ländern zum Patent angemeldet ist, soll China keine Rolle spielen – die Angst vor Technologieklau spielt dabei eine Rolle, wie Vertriebschef Heinz von Swiss Clean Battery berichtet: „Wir wollen bewusst Ländern Zugang zu unserer Technologie gewähren, die bisher nur als Rohstofflieferanten herhalten mussten, zum Beispiel afrikanische Länder oder Indien.“ Gerade der indische Markt lechzt nach exakt solchen Lösungen, die 2025 genau zur richtigen Zeit auf den Markt kommen könnten.

Bleibt die Frage nach dem Preis der Superbatterie von Swiss Clean Battery: Die reinen Produktionskosten sollen – den Informationen folgend – bei vergleichbarer Skalierung der Produktion auf dem Niveau von Lithium-Ionen-Zellen liegen. Durch die viel längere Lebensdauer wären die Gesamtkosten für die Kunden aber deutlich niedriger.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

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