Tagebau Hambach: Entsteht ein schwimmender 10-Gigawatt-Solarpark?

Schweizer Cleantech-Unternehmen Meyer Burger prescht mit Idee für gigantischen Tagebau Hambach vor.

Genau DAS sind die Projekte, die die Energiewende in Deutschland jetzt braucht. Der Schweizer Solarkonzern Meyer Burger prüft nicht nur den Bau einer Fabrik für die Produktion von Solarzellen und Solarmodulen der Heterojunction-Generation, sondern auch, die Errichtung eines schwimmenden Solarparks im dann ehemaligen Rheinischen Revier. Die potenzielle Energieerzeugung von 50 Millionen Solarmodulen läge bei 10 Gigawatt.

Das Schweizer Cleantech-Unternehmen Meyer Burger will die Solarbranche beim Technologiewandel anführen – mit der ursprünglich von Panasonic patentierten Heterojunction-Solarzellen-Technologie. Diese Solarzellen verbinden die Vorteile von kristallinen Solarzellen mit denen von Dünnschicht-Solarzellen. Bei dieser Technologie werden hauchdünne, monokristalline Silizium-Wafer von einer ultradünnen, amorphen Dünnschicht-Silizumschicht umhüllt.

Durch die hohe Lichtausbeute und der guten Passivierungseigenschaften des amorphen Soloziums erreichen Heterojunction-Solarzellen Wirkungsgrade von mehr als 24 Prozent. Der Temperaturkoeffizient ist niedriger im Vergleich zu konventionellen Solarzellen – Kostenvorteile ergeben sich überdies, weil Heterojunction-Solarzellen weniger energieintensiv und in weniger Produktionsschritten hergestellt werden können.

Neben Heterojunction-Solarzellen machen auch weitere Technologien im Labor erfolgreich auf sich aufmerksam. Meyer Burger ist jedoch überzeugt davon, dass sich die eigene Heterojunction-Solarzellen gegenüber Perc- oder Perowskit-Solarzellen durchsetzen werden. Konzernchef Gunter Erfurt, gebürtiger Sachse, sprich im Radio-Interview davon, man befinde sich in einer Evaluierungsphase, ob eine Zell- und Modulproduktion in Deutschland Sinn machen könnte. Weltweit anerkannt ist Meyer Burger seit 1953 als innovativer Zulieferer von Maschinen für die Solarindustrie.

Der Kohleausstieg im Rheinischen Revier ist beschlossene Sache und könnte aus wirtschaftlichen Gründen viel schneller erfolgen als bis zum Jahr 2038. Denn schon heute ist Solarstrom deutlich günstiger als elektrische Energie aus Braunkohlekraftwerken. Im Rheinischen Revier läuft daher nicht nur die Zeit des nach Protesten rund um den Hambacher Forst verkleinerten Tagebaus ab, sondern auch von den Kraftwerken in Niederaußem, Weisweiler oder Neurath.

Überlegungen für eine spätere Nutzung des gigantischen Gebietes mit einer Fläche von 50 Quadratkilometern sehen die Flutung zur Seenlandschaft vor. Denkbar wäre, und das schwebt Gunter Erfurt vor, den Hambacher See mit Solarmodulen zu bedecken. Bis zu 50 Millionen Solarmodule mit einer Leistung von 10 Gigawatt könnten installiert werden – als schwimmender Solarpark, wie er in anderen Teilen der Welt bereits realisiert wurde.

Im August 2019 besuchte Greta Thunberg den Hambacher Tagebau.

„Dafür brauchen wir neben der Finanzierung, an der wir arbeiten, aber unbedingt die Unterstützung der Politik“, wirbt Erfurt im Radio-Interview um Unterstützung. Während Erfurt vor allem auf die Landesregierung, also Energie- und Innovationsminister Andreas Pinkwart, die Bundesebene mit Wirtschafts- und Energieminister Peter Altmaier und die EU-Kommission mit Ursula von der Leyen schielt, gibt es bereits ersten Rückhalt: Der Dürener Landrat Wolfgang Spelthahn steht der Idee nach eigener Aussage positiv gegenüber.

Klar: In der Region gehen im kommenden Jahrzehnt mehr als 10.000 Arbeitsplätze durch den Kohleausstieg verloren – schafft es das Land Nordrhein-Westfalen eine hochmoderne Solarfabrik von Meyer Burger nach NRW zu holen, könnten bis zu 8.000 Arbeitsplätze neu entstehen. Nicht heute, aber perspektivisch und im Einklang mit den Plänen zur Stilllegung des Hambacher Tagebaus und mit dem Kampf gegen den Klimawandel.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

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