Blechmonster oder Meisterwerk? Der Tesla Cybertruck erobert Amerika – ab 60.990 Dollar

Polarisierender Pickup-Truck wird in den USA zum Hit – und in Europa?

Der neue Tesla Cybertruck – ein kantiger Koloss aus Edelstahl, der die Automobilwelt seit seiner Enthüllung in zwei Lager spaltet. Während einige ihn als „schlimme Blechkiste“ verunglimpfen und seine Größe und kantige Form für „gemeingefährlich“ halten, sehen andere in ihm die Zukunft der Elektromobilität und ein „Kunstwerk“ auf Rädern. Mit über 2 Millionen Vorbestellungen weltweit und seit Mai als bestverkaufter Elektro-Pickup in den USA, vor Ford und Rivian, ist der Cybertruck jedoch zweifellos ein Phänomen, das die Branche aufrüttelt. Doch kann dieses futuristische Gefährt die hohen Erwartungen erfüllen und sich auch in Europa durchsetzen, wo Bedenken hinsichtlich seiner Größe, Sicherheit und Alltagstauglichkeit laut werden?

Technische Daten und Leistung: Der Cybertruck – mehr als nur ein Pickup

Teslas Cybertruck ist nicht einfach nur ein weiterer Elektro-Pickup. Er ist ein Statement, ein Technologieträger und ein Versprechen für Abenteuerlustige und Zukunftsorientierte. Aber was steckt hinter dem kühnen Design und den vollmundigen Ankündigungen? Tauchen wir ein in die technischen Details und vergleichen den Cybertruck mit anderen Elektro-Pickups auf dem Markt.

Leistung, die elektrisiert

Der Cybertruck wird in drei Varianten angeboten, die sich in Antrieb und Leistung unterscheiden:

  • Single Motor Rear-Wheel Drive (RWD): Die Basisversion mit einem Elektromotor und Hinterradantrieb. Tesla gibt eine geschätzte Reichweite von über 400 Kilometern an. Die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h soll in unter 6,5 Sekunden erfolgen.
  • Dual Motor All-Wheel Drive (AWD): Mit zwei Elektromotoren und Allradantrieb bietet diese Variante mehr Leistung und Traktion. Die Reichweite wird auf über 480 Kilometer geschätzt, die Beschleunigung auf unter 4,5 Sekunden.
  • Tri Motor All-Wheel Drive (AWD): Das Topmodell mit drei Elektromotoren, Allradantrieb und beeindruckender Performance. Tesla verspricht eine Reichweite von über 800 Kilometern und eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in unter 2,9 Sekunden – schneller als viele Sportwagen.

Robustheit und Vielseitigkeit

Der Cybertruck ist für Abenteuer abseits der Straße konzipiert. Mit einer adaptiven Luftfederung, die bis zu 30 Zentimeter Bodenfreiheit ermöglicht, und einer robusten Edelstahlkarosserie, die selbst Schlägen mit einem Vorschlaghammer standhalten soll, ist er bereit für jedes Terrain.

Die Ladefläche bietet Platz für bis zu 2.500 Pfund (ca. 1.134 kg) Nutzlast und kann mit dem optionalen „Cyberlandr“ in einen kleinen Camper verwandelt werden. Dank integrierter Steckdosen (120V und 240V) können Werkzeuge oder andere Elektrogeräte direkt am Fahrzeug betrieben werden.

Wie Alex und Tom im Video „Tesla Cybertruck Roadtrip: Wilder Ritt mit dem wohl verrücktesten E-Auto 😎😅“ im Kanal „Elektrisiert“ zeigen, liegt der Verbrauch des Cyber-Pickup bei ihrem Roadtrip bei 25,4 Kilowattstunden pro 100 Kilometer, was durchaus als effizient angesehen werden kann für ein Fahrzeug dieser Größe und Funktionalität. Im Cybertruck-Test nutzen die beiden Youtuber die große Batterie mit einer Reichweite von etwa 500 Kilometern. Tesla verbaut im Cybertruck die 4680-Batterien, die selbst entwickelt wurden.

Einen Nachteil gibt es beim futuristischen Elektroauto aber auch: Die Ladegeschwindigkeit ist mit 60 Kilowatt enttäuschend. Das Handling, die Innenraumausstattung und der Wendekreis sind hingegen positiv zu werten.

Vergleich mit der Konkurrenz

FeatureTesla CybertruckFord F-150 LightningRivian R1T
Reichweite (max.)800+ km515 km640+ km
Beschleunigung<2,9 Sek.~4,5 Sek.~3 Sek.
Anhängelast6.350+ kg4.536 kg5.000 kg
Preis (ab)60.990 $55.000 $73.000 $

Der Cybertruck sticht durch seine außergewöhnliche Reichweite und Beschleunigung hervor, insbesondere in der Tri Motor-Variante. Auch die Anhängelast kann sich sehen lassen. Allerdings ist er auch deutlich teurer als der Ford F-150 Lightning, der eine günstigere Einstiegsoption bietet. Der Rivian R1T positioniert sich preislich und leistungstechnisch zwischen den beiden.

Der Tesla Cybertruck setzt neue Maßstäbe in Sachen Leistung und Design für Elektro-Pickups. Seine beeindruckende Reichweite, Beschleunigung und Robustheit machen ihn zu einem attraktiven Angebot für Abenteuerlustige und alle, die einen leistungsstarken und zukunftsweisenden Pickup suchen. Allerdings müssen potenzielle Käufer auch den hohen Preis und die polarisierende Ästhetik berücksichtigen.

Form und Funktion vereint: Teslas neue Maßstäbe in Sachen Innovation

Elon Musks „Kunstwerk“ ist nicht nur ein Fahrzeug, er ist ein Statement. Seine radikale Ästhetik, inspiriert von Science-Fiction-Filmen und Cyberpunk-Ästhetik, polarisiert und fasziniert zugleich. Doch hinter dem kühnen Design verbergen sich innovative Technologien und durchdachte Funktionen, die das Nutzfahrzeug zu einem einzigartigen Fahrzeug machen.

Exoskelett aus Edelstahl: Robustheit trifft auf Minimalismus

Die Fahrzeugstruktur besteht aus kaltgewalztem Edelstahl von außergewöhnlicher Härte, der eine enorme Widerstandsfähigkeit gewährleistet. Dieses spezielle Exoskelett ist nicht nur stoß- und kratzfest, sondern trägt auch zum Schutz der Insassen bei. Laut Tesla kann der Cybertruck sogar den Beschuss mit einer 9-mm-Pistole standhalten.

Das minimalistische Design der Karosserie, ohne sichtbare Fugen oder Spaltmaße, unterstreicht den futuristischen Look und reduziert gleichzeitig den Wartungsaufwand. Allerdings gibt es auch Bedenken hinsichtlich der Reparaturfähigkeit im Falle eines Unfalls, da der Edelstahl schwieriger zu bearbeiten ist als herkömmliche Karosseriematerialien.

Panzerglas: Schutzschild mit Fragezeichen

Die Fenster bestehen aus „Tesla Armor Glass“, einem speziellen Panzerglas, das extremer Belastung standhalten soll. Während der Präsentation wurde demonstriert, wie das Glas dem Aufprall einer Stahlkugel widersteht. Allerdings ging bei einem weiteren Test eine Scheibe unerwartet zu Bruch, was Zweifel an der Zuverlässigkeit des Materials aufkommen ließ.

Trotz dieses Rückschlags verspricht Tesla, dass das Panzerglas einen deutlich höheren Schutz vor Steinschlag und anderen äußeren Einflüssen bietet als herkömmliches Glas. Die akustischen Eigenschaften des Glases sollen zudem für eine besonders leise Fahrgastzelle sorgen.

Die Reaktion des Tesla-Teams war, einen humanoiden Roboter mit einem Gewehr auf das Fahrzeug zu feuern – während einer der Manager drinsitzt. Trotz der Skurrilität und Absurdität des Videos konnte der Beweis erbracht werden, dass es sich um ein weitgehend kugelsicheres Fahrzeug handelt. Erste Polizei-Bezirke setzen das Fahrzeug auch deswegen bereits ein.

Aerodynamik: Kantig, aber effizient?

Fragen zur Aerodynamik ergeben sich aufgrund des eckigen Designs. Ein hoher Luftwiderstand kann die Reichweite eines Elektrofahrzeugs deutlich verringern. Dennoch hat Tesla angekündigt, dass der Pickup trotz seines unkonventionellen Designs einen überraschend niedrigen Luftwiderstandsbeiwert aufweist.

Innenraum: Minimalistisch und Hightech

Der Innenraum setzt den minimalistischen Ansatz des Exterieurs fort. Ein riesiger 17-Zoll-Touchscreen dominiert das Armaturenbrett und dient als zentrale Steuerungseinheit für alle Fahrzeugfunktionen. Die Anzahl physischer Knöpfe und Schalter wurde auf ein Minimum reduziert.

Der Innenraum bietet Platz für bis zu sechs Personen und verfügt über eine geräumige zweite Sitzreihe. Die Materialien sind hochwertig und langlebig, passend zum robusten Charakter des Fahrzeugs. Das Fahrzeug soll außerdem über eine adaptive Luftfederung verfügen, die sowohl auf der Straße als auch im Gelände für ein optimales Fahrverhalten sorgt.

Das Tesla Cybertruck Delivery Event vom 30. November 2023 kann hier nochmal angesehen werden: https://twitter.com/i/broadcasts/1ZkKzjaBdmLKv?s=20

Preis und Verfügbarkeit

Die aktuellen US-Dollar-Preise für den Cybertruck (Stand Juli 2024) sind wie folgt:

  • Rear-Wheel Drive 57.390 Dollar
  • All-Wheel Drive 76.390 Dollar
  • Cyberbeast 96.390 Dollar

Tesla hat angekündigt, dass die Preise sich ändern können, und es gab bereits mehrere Anpassungen seit der ursprünglichen Ankündigung im Jahr 2019. Damals war von einem Preis von 39.900 Dollar als Einstiegspreis die Rede – davon ist das Cleantech-Unternehmen derzeit meilenweit entfernt. Ob es eine günstigere Version geben wird?

Umweltauswirkungen

Der Cybertruck verspricht, im Vergleich zu herkömmlichen Pickups mit Verbrennungsmotor, einen deutlich geringeren ökologischen Fußabdruck zu haben. Da er rein elektrisch betrieben wird, entstehen keine direkten Emissionen während der Fahrt. Tesla setzt zudem auf erneuerbare Energien in der Produktion und strebt eine möglichst nachhaltige Lieferkette an.

Allerdings ist die Herstellung von Elektrofahrzeugen, insbesondere der Batterien, immer noch mit einem gewissen Ressourcenverbrauch und Umweltauswirkungen verbunden. Kritiker bemängeln den hohen Energiebedarf bei der Produktion und die Verwendung von seltenen Erden in den Batterien. Tesla arbeitet jedoch kontinuierlich daran, diese Aspekte zu verbessern und die Nachhaltigkeit seiner Fahrzeuge zu erhöhen.

Marktpositionierung und Konkurrenz

Der Cybertruck positioniert sich als innovativer und leistungsstarker Elektro-Pickup, der sowohl für den privaten als auch den gewerblichen Einsatz geeignet ist. Seine futuristische Ästhetik und die fortschrittlichen Technologien machen ihn zu einem einzigartigen Angebot auf dem Markt.

Die Konkurrenz im Bereich der Elektro-Pickups wächst stetig. Zu den wichtigsten Konkurrenten zählen der Ford F-150 Lightning, der Rivian R1T und der GMC Hummer EV. Jeder dieser Pickups hat seine eigenen Stärken und Schwächen, und die Wahl des richtigen Fahrzeugs hängt von den individuellen Bedürfnissen und Vorlieben ab. Aktuell, seit Mai 2024, ist Tesla mit seinem Fahrzeug allerdings weit vorn auf Platz 1 bei den Verkaufszahlen. Es scheint als sei der limitierende Faktor nicht die Nachfrage, sondern die Produktionskapazität.

Der Cybertruck hat das Potenzial, den Markt für Elektro-Pickups maßgeblich zu beeinflussen und die Elektrifizierung dieses Segments zu beschleunigen. Sein Erfolg könnte andere Hersteller dazu ermutigen, ebenfalls in die Entwicklung von Elektro-Pickups zu investieren und so den Wandel hin zu einer nachhaltigeren Mobilität voranzutreiben.

Allerdings ist und bleibt fraglich, ob das Fahrzeug in Deutschland oder Europa jemals zugelassen wird. Zwar gab es zuletzt eine Roadshow, aber die Breite des Cybertrucks mit 2,20 Metern deutet darauf hin, dass es im städtischen Umfeld ein böses Erwachen geben könnte. Die, die das Auto für gemeingefährlich und eine schreckliche Blechkiste halten, könnten am Ende die Oberhand behalten.

Im Hinblick auf die Verkehrswende sendet das Auto ein völlig falsches Signal: Es braucht weniger anstatt mehr. Einzig die Hoffnung, schmutzige Spritschlucker ersetzen zu können, gilt als Daseinsberechtigung für den Cybertruck in den USA. Besser wäre, es bräuchte derartige Monster nicht.

Dieser Beitrag entstand 2019. Letztes Update im Juli 2024.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

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