Wrightbus und Ryse Hydrogen treiben Verkehrswende in UK voran

Wrightbus liefert erste Brennstoffzellen-Doppeldecker nach Aberdeen und ersetzt künftig Batterien durch Ultrakondensatoren von Skeleton Technologies.

Die Wasserstoff-Revolution in Großbritannien wird maßgeblich von der Familie Bamford vorangetrieben: Jo Bamford führt den Bushersteller Wrightbus, der zunehmend auf Brennstoffzellen setzt, und mit dem Cleantech-Unternehmen Ryse Hydrogen gleich noch einen Wasserstoff-Hersteller. Sein Vater ist Chairman des großen und in Familienbesitz befindlichen Land- und Baumaschinenhersteller JCBdem Unternehmen, das als Erstes im Sommer diesen Jahres einen Bagger mit Brennstoffzellen-Antrieb vorstellte.

Erst vor wenigen Tagen hat ausgerechnet die schottische Stadt Aberdeen, die bislang für die Ölindustrie bekannt ist, die ersten 15 Doppeldecker-Busse mit Brennstoffzellen erhalten. Es sind nicht nur die Ersten solcher Busse überhaupt, sondern auch eine der größten Busflotten mit Brennstoffzellen-Antrieb überhaupt, die ab Ende Oktober in Aberdeen den täglichen Dienst aufnehmen sollen.

Aus Sicht von Wrightbus-Chairman Jo Bamford sind die Betriebskosten solcher Busse heute schon vergleichbar mit denen von Dieselbussen. „Mit einem größeren Volumen, können wir auch die Kapitalkosten auf ein ähnliches Niveau senken“, ist Bamford überzeugt.

Bevor er seine Rolle beim traditionsreichen Bushersteller antrat, gründete der Unternehmen 2017 mit Ryse Hydrogen eine Firma, die grünen Wasserstoff herstellt – so kann er Städten wie Aberdeen oder London heute ein Rundum-Angebot machen.

Übergabe der Brennstoffzellen-Busse von Wrightbus in Aberdeen.

Wasserstoffwirtschaft entwickelt sich rasch

In Großbritannien geht die Entwicklung hin zur Wasserstoffwirtschaft rasch voran: Erst vor zwei Wochen wurden erstmals Wasserstoffzüge getestet. Die ersten Züge könnten ab 2022 in den Tagesbetrieb starten. Weiteres Signal: Vor Aberdeen könnte die erste schwimmende Plattform zur Wasserstoffherstellung in einem Offshore-Windpark entstehen, wie Energy Voice berichtet.

Und Premier Boris Johnson will eine Green Industrial Revolution auslösen – auch mit Offshore-Windenergie und grünem Wasserstoff.

Die Pläne von Jo Bamford gehen indes deutlich weiter: Bei der Regierung hat er zuletzt ein Förderprogramm von 500 Millionen Euro angefragt, um bis 2024 3.000 Wasserstoffbusse auf die Straßen bringen zu können. Das ist zwar weniger als 10 Prozent der britischen Busflotte – aber ein wichtiger Anfang.

Wrightbus liefert Wasserstoffbusse nicht nur nach Aberdeen: Auch in London sollen ab 2021 die ersten Doppeldecker fahren. Dabei dürfte perspektivisch in den Stadtbussen eine technologische Veränderung passieren: Der deutsche Ultrakondensatoren-Pionier Skeleton Technologies gab heute eine Partnerschaft mit Wrightbus bekannt, bei der Brennstoffzellen von Ballard Systems mit der neuesten Ultrakondensatoren-Generation von Skeleton kombiniert werden sollen.

Jede Brennstoffzelle braucht eine Batterie

Bislang gilt die Regel: Jede Brennstoffzelle braucht eine Batterie. Während die Brennstoffzelle kontinuierlich Energie erzeugt, übernimmt die Batterie beispielsweise die Rückgewinnung der Bremsenergie und stellt diese anschließend für die Beschleunigung wieder zur Verfügung. Künftig muss sie umgeschrieben werden: Jede Brennstoffzelle braucht eine Batterie oder Ultrakondensator, denn mittlerweile hat sich die Energiedichte der Ultracaps verbessert:

Ultrakondensatoren und Brennstoffzellen sind die ideale Kombination für bessere Leistung und niedrigere Betriebskosten, aber bisher fehlte den Ultrakondensatoren die Energiedichte. Die neueste Technologie-Generation von Skeleton bringt diese notwendigen Verbesserungen durch Verdoppelung der Energiedichte von Ultrakondensatoren und wird daher zur breiten Einführung von Elektrobussen mit Brennstoffzellen beitragen.

Jo Bamford, Chairman von Wrightbus

Vorteil des Zusammenspiels von Brennstoffzelle und Ultrakondensator: Die Brennstoffzelle wird geschont und kann länger das Fahrzeug antreiben. Die Ultracaps können die Bremsenergie blitzschnell – und schneller als Batterien – aufnehmen, und somit die Effizienz im Vergleich steigern. So entsteht gerade für Stadtbusse mit reichlich Stop-and-Go-Fahrweise eine ganz neue Art Hybridfahrzeug.

Ryse Hydrogen: Cleantech-Unternehmen baut das Wasserstoffnetz

Jo Bamfords zweites Unternehmen, Ryse Hydrogen, produziert grünen Wasserstoff auf Basis von Windstrom – und installiert Speicher, Transportnetzwerke und sonstiges Equipment. London beispielsweise soll ab 2021 der erste Abnehmer von grünem Wasserstoff werden.

Unterdessen sieht Jo Bamford das größte Hindernis in der Finanzierung des schnellen Ausbaus der Wasserstofffahrzeug-Flotte. Daher plant er, einen 500 Millionen-Fonds aufzulegen, um genau diese Finanzierung zu erleichtern.

Dazu möchte er auch einen Teil des Geldes verwenden, das seine Familie mit Land- und Baumaschinen verdient hat – sein Vater, heute Chairman von JCB und Mitglied des House of Lords, gilt als einer der reichsten Briten überhaupt.

Zwischenzeitliche Insolvenz von Wrightbus

Für Wrightbus ist die Auslieferung der Busse nach Aberdeen ein wichtiger Meilenstein. Ursprünglich sollten die Fahrzeuge vom Typ StreetDeck FCEV schon 2019 ausgeliefert werden – im September 2019 musste das Unternehmen aber Insolvenz anmelden. Im November schließlich die Rettung: Jo Bamford übernahm das Unternehmen von der Familie Wright – und brachte Wrightbus wieder auf Kurs.

Im September 2020 gab es eine weitere gute Nachricht von Wrightbus: Das H2Bus-Konsortium, das 1.000 Brennstoffzellen-Busse auf europäische Straßen bringen will, gab eine Vereinbarung bekannt, wonach Wrightbus diese Fahrzeuge liefern wird. Zum Konsortium gehören neben Ryse Hydrogen und Wrightbus auch Ballard Power Systems, Hexagon Composites, Nel Hydrogen und Everfuel.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

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