Energiegeld: CO2-Preis funktioniert nur mit pauschaler und fairer Rückerstattung

CDU und CSU fordern rasche Erhöhung der CO2-Abgabe: Sozialer Sprengstoff und mögliche Fehlanreize für Vermieter müssen aus dem Weg geräumt werden.

Die Bundesregierung hat richtigerweise im Brennstoffemissionshandelsgesetz einen CO2-Preis auf fossile Brenn- und Kraftstoffe wie Diesel, Benzin, Heizöl oder Heizöl eingeführt. Das Instrument ist zunächst richtig und gut. Allerdings ist die Akzeptanz dafür gering, solange die Einnahmen aus dem CO2-Preis nicht beispielsweise über ein Energiegeld spürbar zurückerstattet werden. Bevor der CO2-Preis wie etwa von der CDU, den Grünen oder der SPD gefordert, schneller angehoben wird, müssen dessen Geburtsfehler beseitigt werden. Nur das akzeptierte Instrument erhält den sozialen Frieden.

Die CO2-Abgabe aus dem Brennstoffemissionshandelsgesetz ist keine Steuer, sondern eine Abgabe. Bedeutet: Die Einnahmen sollen daraus komplett zurückerstattet werden. Teilweise hat die Bundesregierung diesen Schritt getan – etwa über eine Erhöhung der Pendlerpauschale oder Zuschüsse zum Wohngeld. Aber Diskussionen auf der Facebook-Seite zum neuen Klimaschutzgesetz zeigen: Bislang fehlt es dem Instrument CO2-Preis an Akzeptanz in einem Teil der Bevölkerung.

Dabei kann der konsequent und richtig ausgestaltete CO2-Preis gerade Familien und gerade kleinere Einkommen entlasten, wie die Analysen des MCC-Instituts aus Berlin veranschaulichen (hier als Download bei Mercator):

Eine so ausgestaltete CO2-Abgabe, bei der es eine pauschale Rückerstattung in Form von Energiegeld oder Klimageld gibt, hilft tendenziell Familien und Geringverdienern. Sie werden entlastet, weil sie alleine aufgrund ihrer generellen Situation sich weniger klimaschädlich verhalten können, als etwa Menschen in einem Einfamilienhaus.

Allerdings, und hier liegt einer der Geburtsfehler der tatsächlich auf den Weg gebrachten CO2-Abgabe der Bundesregierung: Die Entlastung muss spür- und sichtbar sein. Nur dann sorgt sie für Akzeptanz. Denn wer setzt sich schon hin, und rechnet aus, ob eine höhere Entfernungspauschale und ein paar Cent vermiedene Strompreiserhöhung die zusätzlichen Kosten des CO2-Preises aufheben? Praktisch niemand. Die Rückerstattung über ein Energiegeld hat eine völlig andere psychologische Wirkung.

Zwei Voraussetzungen, bevor CO2-Preis weiter erhöht wird

Aus diesen Überlegungen heraus wäre also die erste Voraussetzungen, um den CO2-Preis schnell anzuheben, die Klarheit, dass damit die pauschale und sichtbare Rückerstattung über ein Energiegeld geschaffen wird. Denn dieses Szenario gleich auch das Gefühl der Bevölkerung aus, dass durch die CO2-Abgabe „alles teurer“ werde.

Die zweite Bedingung ist das, was auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze zuletzt deutlich machte: Die Erhöhung macht nur dann Sinn, wenn entsprechende Alternativen vorhanden sind. Der Mieter beispielsweise hat vor allem den Hebel, bei den Heiz- und Stromkosten effizienter zu werden – das führt wahrscheinlich tendenziell zu einer einmaligen Reduktion dieser Kosten.

Schnelle Erhöhungen können so nicht ausgeglichen werden. Gleichzeitig sind viele Geringverdiener auf ihr Auto für die Fahrt zur Arbeit angewiesen – und verdienen zu wenig, dass die Pendlerpauschale greift. Soll dieser Geringverdiener auf den ÖPNV umsteigen, um dem Problem aus dem Weg zu gehen, braucht es zuvor ein deutlich verbessertes ÖPNV-Angebot bis in die kleinen Dörfer hinein. Oder Alternativ die dauerhafte finanzielle Unterstützung für den Kauf oder das Leasing eines Elektrofahrzeugs.

Aus staatlicher Sicht macht es auch Sinn, einzelne Bereiche jetzt besonders zu unterstützen, damit ausreichend Kapazitäten für eine künftigen Boom aufgebaut werden. Es ist kein Geheimnis, dass Deutschland viele Solarteure und Elektriker, die sich mit der Installation von Photovoltaikanlagen, Smart Metern oder Stromspeichern befassen, durch falsche Politik verloren hat. Hier braucht es Anreize, damit es nicht zu langen Warteschlangen kommt, wenn beispielsweise eine Solarpflicht auf Neubauten kommt, aber gleichzeitig mehr Sanierungen mit Photovoltaik-Dachanlagen vorgenommen werden.

Jung fordert CO2-Preis ab 2022 von 45 Euro

CDU-Politiker Andreas Jung setzt sich heute in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung für die schnellere Anhebung des CO2-Preises ein. Pro Tonne Kohlendioxid solle dieser ab 2022 auf 45 Euro steigen, ab 2023 dann 55 Euro betragen und im Jahr 2024 bei 65 Euro liegen. Anschließend solle 2025 ein „Übergang zum Markt“ folgen, so der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Ähnliche Vorschläge hatte zuvor auch CSU-Kollege Alexander Dobrindt unterbreitet.

Der Vorschlag von Jung wäre mit einem weiteren Aufschlag auf die Benzinkosten von sechs Cent pro Liter in 2022 verbunden. Heizen in einem typischen, etwas älteren Einfamilienhaus (mit Gas) würde 100 Euro mehr Kosten. Heizen mit Öl würde spürbar teurer werden.

Mit den Einnahmen aus der CO2-Bepreisung will die CDU/CSU allerdings kein Energiegeld ausschütten, sondern u.a. die EEG-Umlage reduzieren. Aber, wie oben geschildert, haben beispielsweise Mieter nur wenige Möglichkeiten, ihre Stromkosten zu senken. Daher reicht die Senkung der Stromkosten nicht aus, um sozialen Sprengstoff des Instruments CO2-Preis aus dem Weg zu räumen.

Lesen Sie auch: CO2-Steuer: Vorteile und Nachteile einer verbraucherfreundlichen CO2-Abgabe

Die Gefahr mit den Wärmepumpen

Wärmepumpen – ganz gleich, ob Luft-Wasser-Wärmepumpen oder Erd-Wärmepumpen – sind zweifelsohne eine großartige Technologie. Es kann auch wirklich effizient sein, mit Strom zu heizen. Nur: Je kälter es wird, umso weniger Photovoltaik / Unterstützung durch Solarthermie kommt vom Dach, umso mehr müssen die Kohlekraftwerke heute arbeiten – und umso schlechter wird der Wirkungsgrad von Wärmepumpen. Das Zusammenspiel von Wärmepumpen mit Photovoltaik funktioniert in Deutschland faktisch sehr schlecht.

Zudem machen Wärmepumpen generell nur in Häusern Sinn, die gut bis sehr gut gedämmt werden. Durch die Verlagerung eines Teils der CO2-Kosten auf die Vermieter im Klimaplan der Bundesregierung, könnte also nun ein Anreiz bestehen, Wärmepumpen zu installieren, aber auf die Sanierung zu verzichten (soweit gesetzlich möglich). Das würde den Vermieter von der CO2-Abgabe entlasten, den Mieter aber durch steigende Nebenkosten beim Strom erheblich belasten.

Solche Fehlanreize im großen Stil müssen bei der Sanierung von Wohnhäusern unbedingt vermieden werden, weil sie klimapolitisch kontraproduktiv wären. Oft ist es heute sinnvoller, kleine und effiziente Blockheizkraftwerke mit Biogas einzusetzen als Wärmepumpen. Allerdings ist selbst Biogas nur bis Ende nächsten Jahres von der CO2-Abgabe befreit. Für Vermieter ist es eine schwierige Situation, geeignete Heizungstechnologien zu finden. Hier muss die Bundesregierung in Abstimmung mit den entsprechenden Fachexperten die richtigen Alternativen aufzeigen und fördern.

Vermieter drohen mit Mieterhöhungen

Mit der Entscheidung, die Vermieter am CO2-Preis zu beteiligen, ist eine Wutwelle insbesondere unter privaten Vermietern ausgelöst worden. Verbände drohen mit Verfassungsklage, auch bei Cleanthinking gab es zahlreiche entsprechende Kommentare. Vom Grundsatz her, macht die Aufteilung der CO2-Kosten auf Mieter und Vermieter durchaus Sinn: Der Mieter hat einen Anreiz, sparsame Geräte zu nutzen, und vorsichtig zu heizen. Der Vermieter hat (vermeintlich) einen Anreiz, in effizientere Heizungen zu investieren.

Viele Reaktionen zeigen aber, dass Vermieter eher dazu tendieren, die Kosten über Kaltmiet-Erhöhungen auf die Mieter abzuwälzen. Das wäre sozialpolitisch kontraproduktiv. Allerdings ist die im Klimaplan formulierte Lösung der Splittung der Kosten bislang nicht gesetzlich geregelt. Es ist davon auszugehen, dass es Abstufungen geben wird: Vermieter, die eine topsanierte Wohnung bieten oder gerade in eine neue, effizientere Heizung investiert haben, sollten nicht zusätzlich belastet werden. So könnte sich die CO2-Abgabe etwa am Sanierungsstand einer Immobilie orientieren.

Problem: Das macht die Abrechnung und Aufteilung zwischen Mieter und Vermieter nicht weniger bürokratisch. Auch ist unklar, wie die Kosten aufgeteilt werden sollen, wenn es sich um Etagenheizungen handelt – und jeder Mieter seinen eigenen Vertrag mit einem Versorger hat.

All diese Gedanken zeigen, dass noch viel Detailarbeit nötig ist, um sozialen Sprengstoff aus dem Weg zu räumen, und Fehlanreize etwa bei der Sanierung von Gebäude zu vermeiden. Mit der alleinigen Erhöhung des CO2-Preises ist es keineswegs getan. Um verbraucherfreundlich und vor allem lenkend im Sinne der Klimaziele zu wirken, kommt es vor allem auf die Ausgestaltung im Detail an. Hier müssen die Koalitionäre gute Lösungen finden, sollten sie die Erhöhung noch vor der Wahl beschließen wollen.

Letztlich funktioniert der CO2-Preis nur mit pauschaler und fairer Rückerstattung, etwa in Form von Energiegeld oder Klimaprämie.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

CO2 News rund um Kohlendioxid bei CleanthinkingEnergiewende News - Die JahrhundertaufgabeKlima