Energiekrise lösen: Volle Kraft voraus für erneuerbare Energien und Energieeffizienz

Jeder kann Teil der Energie-Revolution werden – die Dekade ist der Moment zum Handeln, nicht zum Lamentieren.

Was wird derzeit in der politischen und medialen Debatte nicht alles diskutiert: Verschiebung des Kohleausstiegs auf Mitte der 30er Jahre, Verlängerung von Laufzeiten bestehender oder schon abgeschalteter Atomkraftwerke oder sogar die Fracking-Gas-Förderung in der Nordsee. All diese Vorschläge verkennen den Kern dessen, was wir zur Lösung der Energiekrise tun müssen: Volle Kraft voraus für erneuerbare Energien. Und das Beste: Jeder kann mitmachen und profitieren!

Erneuerbare Energien, insbesondere Stromerzeugung aus Solarenergie und Windkraft, sind im vergangenen Jahrzehnt radikal günstiger geworden. Wir erleben eine Disruption, also die Zerstörung des bisherigen fossilen Energiesystems und dessen Ersatz durch Photovoltaikanlagen auf Dächern, der Freifläche, an Fassaden und Balkonen oder schwimmend auf Seen und Parkplätze oder kombiniert mit Landwirtschaft. Die Disruption (mehr dazu hier) folgt ökonomischen Gesetzen, und kann durch die Politik oder einzelne Gruppierungen wie „Big Oil“ nicht gestoppt werden.

Es ist ein gewaltiges Geschenk für die Menschheit, denn erneuerbare Energien sind der zentrale und einzige Schlüssel, um aus der Energiekrise herauszukommen, und eine lebenswertere Welt zu schaffen, die schonender mit Ressourcen umgeht, und beispielsweise eine Chance hat, den Welthunger zu besiegen. Doch gerade in Deutschland, dem Land das heute schon immens von erneuerbaren Energien profitiert, wird der Ausbau bislang nicht konsequent genug vorangetrieben. Das muss sich jetzt ändern, und jeder kann mitmachen.

Erneuerbare Energien: Chance für jedermann

Die Bundesregierung hat mit dem Osterpaket viel Schwung in den Ausbau erneuerbarer Energien gebracht und den Energiewende-Turbo gezündet. Aber: Wir sind wegen der Zögerlichkeit in der Vergangenheit nun so unter Druck, dass wirklich jeder gefragt ist, mit anzupacken, um mindestens die Ziele der Regierung zu erreichen.

Dafür gibt es reichlich Möglichkeiten:

  • Für Mieter: Immer mehr Kommunen fördern Balkonkraftwerke, also sozusagen Einstiegs-Photovoltaik-Anlagen. Diese sind einfach zu montieren, teilweise ohne Elektriker.
  • Vermieter ansprechen: Zeigt Eurem Vermieter, dass ihr bereit seid, ihm den Strom vom eigenen Dach abzukaufen, wenn er in eine PV-Anlage investiert. Ermutigt ihn zur Revolution! Tolle Partner für Mieterstrom sind beispielsweise Discovergy (Messstellenbetrieb) und Einhundert Energie.
  • Für Hausbesitzer: Setzt Euch eine PV-Anlage aufs Dach und einen Stromspeicher in den Keller – eine bessere Chance auf stabile Strompreise für mindestens zwei Jahrzehnte, gibt es nicht. Wer Rundum-Sorglos möchte, wendet sich beispielsweise an Enpal, Zolar oder SENEC.
  • Für Überzeugte: Tretet einer Energiegenossenschaft bei, informiert Euch über Investitionsmöglichkeiten in lokale Projekte. Die Erneuerbare Energie-Revolution ist dezentral. Jede Region braucht Menschen, die jetzt aufstehen, und mitmachen!
  • Schaut Euch in Eurem persönlichen Umfeld um: Hat die Schule der Tochter schon eine PV-Anlage? Was ist mit dem Kindergarten nebenan? Könnte das Gewerbegebiet durch PV-Anlagen und Quartiersspeicherung die lokalen Stromnetze entlasten? Mischt Euch ein – macht Vorschläge – denkt mit!
  • Heute gibt es eine Reihe von Stromanbietern, die die schwankenden Börsenstrompreise weitergeben – etwa Awattar, Tibber oder Octopus Energy.
  • Verändert Eure Mobilität – die Zukunft gehört den E-Autos.
  • Für Handel, Gewerbe und Industrie: Nur die Großunternehmen wie BASF werden in der Lage sein, in „eigene“ Offshore-Windparks zu investieren. Für alle anderen gilt: Kümmert Euch um Eigenerzeugung – Photovoltaik ist die Basis, KWK-Geräte wie die von RMB Energie, die bereits H2-Ready sind, der nächste Schritt. Stromspeicher wie etwa die von Tesvolt oder E3/DC ermöglichen, Spitzenlasten zu glätten. Informiert Euch über Überschuss-Wasserstoffproduktion etwa mit den Elektrolyseuren von Enapter.

Neben all diesen Aspekten „Volle Kraft voraus für Erneuerbare“ gilt es in der Krise auch, den Gürtel enger zu schnallen. Bis wir erneuerbare Energie im Überfluss haben, wird es noch dauern – zehn, vielleicht 15 Jahre. Bis dahin müssen wir massiv in Erzeugung investieren, und sparsam sein.

Auch hierfür gibt es reichlich Möglichkeiten:

  • Wechselt Euren alten Trockner aus, und setzt auf solche mit Wärmepumpentechnologie.
  • Dreht Eure Heizung im April 1-2 Grad runter, zieht dafür einen Pulli mehr an, oder legt Euch am Abend unter eine Decke.
  • Betriebe informieren sich über Möglichkeiten, die Abwärme nutzbar zu machen. Speichertechnologien (Kraftblock, Energy Nest) hierfür gibt es bereits.
  • Flottenbetreiber stellen auf E-Autos um, Parkhaus-Betreiber sorgen für Ladeinfrastruktur.

Die Energie-Revolution ist keine Dekade zum Däumchendrehen – im Gegenteil: jetzt gilt es für uns alle: Anpacken statt lamentieren. Nur so können wir aus der jetzigen Krise einen Aufbruch erzeugen, von dem am Ende sehr, sehr viele Menschen in diesem Land, in Europa und global profitieren werden. Anpacken statt auf Andere zeigen, darum geht es jetzt!

Volle Kraft voraus statt utopischer Vorschläge

Von den eingangs erwähnten Vorschlägen sollten wir uns alle nicht verunsichern lassen. Laufzeitverlängerungen für AKWs sind völlig utopisch: Alleine schon deshalb, weil das Risiko „Krieg“ bei neuerlichen Genehmigungen einbezogen werden müsste. Wer jetzt den Ausbau der Kernenergie vorantreibt oder fordert, hat nichts verstanden aus der Vergangenheit. Töricht ist dafür noch eine freundliche Umschreibung. Nicht zuletzt das Debakel Frankreichs mit der Kernenergie sollte Abschreckung genug sein.

Die oft kolportierte Behauptung, mit erneuerbaren Energien könne man kein Industrieland wie Deutschland versorgen, ist völlig an den Haaren herbei gezogen, und genau so falsch wie die einstige Behauptung, mehr als ein paar Prozent Erneuerbare würden die Stromnetze nicht vertragen. Realität beweist das Gegenteil. Es spricht nichts, aber wirklich nichts dagegen, ein Industrieland mit Erneuerbaren, Speichern und Wasserstoff zu betreiben. Deutschland wird es der Welt beweisen. Daher: Volle Kraft voraus für Erneuerbare!

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

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