EU-Renaturierungsgesetz beschlossen: was steckt hinter dem historischen Beschluss?

Was bedeutet das neue Naturschutz-Gesetz für Natur, Klima und Landwirtschaft?

Die EU hat ein historisches Naturschutz-Gesetz verabschiedet: das Renaturierungsgesetz. Es ist das erste seiner Art weltweit und zielt darauf ab, die Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme in Europa zu fördern. Doch was genau bedeutet das für unsere Natur, unser Klima und unsere Landwirtschaft? Welche ambitionierten Ziele verfolgt die EU mit diesem Gesetz für Biodiversität und Naturschutz, und welche Auswirkungen sind zu erwarten? Und warum gibt es so viel Kontroverse um dieses Gesetz?

In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf das im Juni 2024 im Parlament der Europäischen Union verabschiedete EU-Renaturierungsgesetz. Wir erklären die Ziele, analysieren die potenziellen Auswirkungen auf Natur, Klima und Landwirtschaft und beleuchten die Kritikpunkte, die von verschiedenen Seiten vorgebracht werden. Erfahren Sie, warum dieses Gesetz als Meilenstein im Naturschutz gilt und welche Herausforderungen noch auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Zukunft Europas liegen. Denn das Naturschutz-Gesetz steht für die Vision eines umwelt-, klima- und artenfreundlichen Europas und soll im Rahmen des EU Green Deals umgesetzt werden.

Was ist das EU-Renaturierungsgesetz?

Der Begriff Renaturierung beschreibt den Prozess der Wiederherstellung von natürlichen Landschaften, Lebensräumen und Ökosystemen, die durch menschliche Aktivitäten wie Landwirtschaft, Industrie oder Baumaßnahmen geschädigt oder zerstört wurden. Ziel ist es, die ursprüngliche biologische Vielfalt und die natürlichen Funktionen eines Waldes oder Meeres wiederherzustellen, und zwar möglichst naturnah.

Renaturierungsmaßnahmen können vielfältig sein und umfassen beispielsweise:

  • 💧 die Wiederherstellung von Flussauen,
  • 🌱 die Wiedervernässung von Mooren,
  • 🌳 die Aufforstung von Wäldern oder
  • 🏡 die Schaffung von naturnahen Grünflächen in Städten.

Ein bekanntes Beispiel ist die Renaturierung von Flüssen und Bächen, die durch Begradigung und Uferbefestigungen verändert wurden. Im Gegensatz zur Rekultivierung, bei der die wirtschaftliche Nutzung im Vordergrund steht (z.B. Umwandlung einer ehemaligen Tagebaufläche in Ackerland), zielt die Renaturierung auf die Schaffung von naturnahen Lebensräumen für Pflanzen und Tiere ab.

Das Gesetz der Europäischen Union verändert die Sichtweise auf Naturschutz in den Mitgliedsstaaten grundlegend. Denn extreme Wetterereignisse wie Hochwasser, die durch den Verlust natürlicher Überschwemmungsgebiete verstärkt werden, zeigen: Intakte Ökosysteme sind für uns alle überlebenswichtig. Nur eine funktionierende Natur kann als kritische Infrastruktur Risiken für Wirtschaft und Gesellschaft – von Unternehmen über Banken bis hin zu Versicherungen – kalkulierbar machen.

Grünes Licht des Parlaments für erstes EU-Gesetz zur Renaturierung in der EU © Arnau / Adobe Stock

Doch der Klimawandel, die globale Erwärmung und der Verlust der Artenvielfalt setzen unsere Umwelt zunehmend unter Druck. Das Bundesumweltministerium warnt eindringlich vor einer beispiellosen Bedrohung unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Aus diesem Grund hat sich Bundesumweltministerin Steffi Lemke mit Nachdruck für das Renaturierungsgesetz eingesetzt.

Das wahrhaft einschneidende Gesetz zur Wiederherstellung der Natur zielt also konkret darauf ab, bis 2030 mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresflächen in der EU und bis 2050 alle sanierungsbedürftigen Ökosysteme wiederherzustellen.

Das Wiederherstellungsgesetz ist ein integraler Bestandteil des EU Green Deals, der ambitionierten Strategie der Europäischen Union, bis 2050 klimaneutral zu werden. Der Green Deal umfasst eine Vielzahl von Maßnahmen, um die Wirtschaft nachhaltiger zu gestalten, die Umwelt zu schützen und die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger zu verbessern.

Die Naturschutzverordnung spielt dabei eine zentrale Rolle, da eine gesunde Umwelt entscheidend sind, um die Klimakrise zu bewältigen, die Artenvielfalt zu erhalten und die Widerstandsfähigkeit gegenüber Umweltkatastrophen zu stärken.

Übersicht über die verankerten Renaturierungsmaßnahmen

Das Renaturierungsgesetz der EU sieht eine Vielzahl von Renaturierungsmaßnahmen vor:

Agrarökosysteme:

  • Umkehrung des Rückgangs der Bestäuberpopulationen: Schaffung von Lebensräumen für Bestäuber, Reduzierung des Pestizideinsatzes.
  • Erhöhung der landschaftlichen Vielfalt: Anlegen von Hecken, Blühstreifen, Brachflächen.
  • Reduzierung des Einsatzes von Pestiziden und Düngemitteln: Förderung umweltschonender Anbaumethoden.
  • Verringerung des Nährstoffverlusts: Schutz von Gewässern vor Überdüngung.

Wälder:

  • Erhöhung der Totholzmenge: Belassen von abgestorbenen Bäumen und Ästen im Wald.
  • Verbesserung der Waldvernetzung: Schaffung von Korridoren zwischen Waldgebieten.
  • Erhöhung des Anteils naturnaher Wälder: Förderung naturnaher Waldbewirtschaftung.

Meeresökosysteme:

  • Wiederherstellung von Seegraswiesen: Schutz und Wiederanpflanzung von Seegras.
  • Wiederherstellung von Sedimentböden: Schutz vor schädlichen Fischereipraktiken.

Süßwasserökosysteme:

  • Wiederherstellung von Flussauen und Auenwäldern: Rückbau von Uferbefestigungen, Schaffung von Überschwemmungsflächen.
  • Wiederherstellung der freien Fließgewässerstrecke: Rückbau von Staudämmen und Wehren.
  • Reduzierung der Barrieren für wandernde Fischarten: Bau von Fischtreppen.

Städtische Ökosysteme:

  • Erhöhung der Grünflächen in Städten: Anlegen von Parks, Grünstreifen, Dachbegrünung.
  • Erhöhung der Baumkronenbedeckung: Pflanzung von Bäumen entlang von Straßen und Plätzen.

Moore:

  • Wiedervernässung von Mooren: Rückbau von Entwässerungsgräben, Anhebung des Wasserstands.
  • Beendigung der Entwässerung von Mooren unter Naturschutz: Schutz und Wiederherstellung von Moorlebensräumen.

Zusätzlich:

  • Wiederherstellung von 25.000 km frei fließender Flüsse bis 2030.
  • Aufforstung von Wäldern: Pflanzung von drei Milliarden zusätzlichen Bäumen bis 2030.

Diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, die Biodiversität zu fördern, die Ökosystemleistungen zu verbessern und die Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel zu stärken.

Warum ist ein solches Gesetz notwendig und dringlich?

Die Notwendigkeit der Naturschutzverordnung ist unbestreitbar. Der Zustand dieser Natur ist alarmierend: Über 80 Prozent der Lebensräume in der EU befinden sich in einem unzureichenden Zustand, und unzählige Tier- und Pflanzenarten sind vom Aussterben bedroht.

Gewässerrenaturierung in Italien (Quelle: Stockr / Fotolia)

Die Folgen dieses Biodiversitätsverlustes sind bereits heute spürbar: Flüsse treten häufiger über die Ufer, Wälder und Moore verlieren ihre Fähigkeit, Kohlenstoff zu speichern, und der Rückgang der Bestäuber bedroht die Nahrungsmittelproduktion. Die Naturschutzverordnung ist daher eine dringende Antwort auf diese Herausforderungen.

Ziele des Gesetzes zur Renaturierung

Bis 2030 sollen mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresflächen der EU renaturiert werden, mit besonderem Fokus auf Agrarökosysteme, Wälder, Meere, Flüsse und städtische Gebiete. Bis 2050 alle sanierungsbedürftigen Ökosysteme.

In der Landwirtschaft sollen Bestäuberpopulationen gestärkt, der Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln reduziert und die Vielfalt der Landschaftselemente erhöht werden. Wälder sollen naturnaher gestaltet und besser vernetzt werden, während in den Meeren Seegraswiesen und Sedimentböden wiederhergestellt werden sollen. Flüsse sollen wieder frei fließen und Auenlandschaften wiederhergestellt werden, um wandernden Fischarten den Weg zu ebnen. In Städten sollen mehr Grünflächen und Bäume für ein besseres Stadtklima sorgen.

Ein besonderes Augenmerk liegt auf Mooren, von denen 30 Prozent bis 2030 renaturiert werden sollen. Langfristig, bis 2050, sollen alle Ökosysteme, die wiederherzustellen sind, renaturiert werden, um einen guten Zustand aller natürlichen Lebensräume und Arten zu erreichen.

Die Ziele des Renaturierungsgesetzes im Überblick:

Spezifische Ziele bis 2030:

  • Renaturierungsmaßnahmen auf mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresflächen der EU.
  • Verbesserung von Lebensräumen und Arten:
    • Agrarökosysteme:
      • Umkehrung des Rückgangs der Bestäuberpopulationen.
      • Erhöhung des Anteils an landwirtschaftlichen Flächen mit landschaftlichen Merkmalen mit hoher Vielfalt.
      • Verringerung des Einsatzes und des Risikos chemischer Pestizide um 50 Prozent.
      • Verringerung des Nährstoffverlusts um mindestens 50 Prozent.
      • Verringerung des Einsatzes von Düngemitteln um mindestens 20 Prozent.
    • Wälder:
      • Erhöhung der Totholzmenge.
      • Erhöhung der Konnektivität von Wäldern.
      • Erhöhung des Anteils an naturnahen Wäldern.
    • Meeresökosysteme:
      • Wiederbelebung von Meereslebensräumen wie Seegraswiesen und Sedimentböden.
    • Süßwasserökosysteme:
      • Wiederherstellung von Flussauen und Auenwäldern.
      • Wiederherstellung der freien Fließgewässerstrecke.
      • Reduzierung der Barrieren für wandernde Fischarten.
    • Städtische Ökosysteme:
      • Erhöhung der Grünflächen in Städten.
      • Erhöhung der Baumkronenbedeckung in Städten.
  • Spezifische Ziele für Moore:
    • Renaturierung von 30% der entwässerten Moore bis 2030.
    • Beendigung der Entwässerung von Mooren, die unter Naturschutz stehen.

Langfristige Ziele (bis 2050):

  • Renaturierungsmaßnahmen auf allen Ökosystemen, die wiederhergestellt werden müssen.
  • Erreichen eines guten Zustands aller natürlichen Lebensräume und Arten.

Die im EU-Renaturierungsgesetz festgelegten Ziele haben weitreichende positive Auswirkungen auf Klima, Biodiversität und Lebensqualität. Renaturierte Ökosysteme wie Moore, Wälder und Seegraswiesen spielen eine entscheidende Rolle bei der Kohlenstoffspeicherung und tragen so zur Abschwächung des Klimawandels bei. Gleichzeitig wirken renaturierte Flussauen und Feuchtgebiete als natürliche Hochwasserschutzmaßnahmen, indem sie Wasser aufnehmen und Hochwasserereignisse abmildern. In Städten tragen mehr Grünflächen und Bäume zur Reduzierung des städtischen Wärmeinseleffekts bei und sorgen für ein angenehmeres Klima.

Die Renaturierung schafft vielfältige Lebensräume für eine Vielzahl von Arten, von Insekten und Vögeln bis hin zu Säugetieren und Fischen. Durch die Wiederherstellung von Korridoren zwischen Lebensräumen wird die Vernetzung gefördert, was die Ausbreitung und den genetischen Austausch von Arten ermöglicht. Intakte Ökosysteme erbringen zudem wichtige Leistungen wie Bestäubung, Wasserreinigung und Bodenfruchtbarkeit, die für unser Wohlergehen unerlässlich sind.

Renaturierte Landschaften bieten Raum für Erholung und Freizeitaktivitäten in der Natur, was Stress reduziert und das Wohlbefinden steigert. Renaturierte Flüsse und Seen verbessern die Wasserqualität und sichern die Trinkwasserversorgung. Gesunde Böden, die durch Renaturierung widerstandsfähiger gegen Erosion werden, unterstützen die Landwirtschaft und tragen zur Ernährungssicherheit bei.

Insgesamt trägt die Umsetzung des EU-Renaturierungsgesetzes dazu bei, die Widerstandsfähigkeit unserer Ökosysteme gegenüber dem Klimawandel zu stärken, die biologische Vielfalt zu erhalten und die Lebensqualität für uns und zukünftige Generationen zu verbessern. Es ist eine Investition in eine nachhaltige Zukunft, die Mensch und Natur gleichermaßen zugutekommt.

Was bedeutet „Guter Zustand der Ökosysteme“?

„Guter Zustand“ im Kontext des EU-Renaturierungsgesetzes: Ein vielschichtiges Konzept

Der Begriff im Zusammenhang mit dem EU-Renaturierungsgesetz bezieht sich auf den ökologischen Zustand eines Ökosystems. Die Natur befindet sich in einem guten Zustand, wenn seine Struktur, Funktionen und charakteristischen Arten intakt sind und es langfristig widerstandsfähig gegenüber Umweltveränderungen ist.

Konkret bedeutet das:

  • Artenvielfalt: Ein gutes Ökosystem beherbergt eine Vielzahl von Arten, die typisch für den jeweiligen Lebensraum sind.
  • Lebensraumqualität: Die Lebensräume sind intakt und bieten den Arten ausreichend Nahrung, Schutz und Fortpflanzungsmöglichkeiten.
  • Ökologische Prozesse: Die natürlichen Prozesse wie Nährstoffkreisläufe, Wasserhaushalt und Energieflüsse funktionieren ungestört.
  • Widerstandsfähigkeit: Das Ökosystem ist in der Lage, sich von Störungen wie Dürren, Überschwemmungen oder Schädlingsbefall zu erholen.

Die Messung erfolgt anhand verschiedener Indikatoren, die je nach Ökosystemtyp variieren können. Dazu gehören beispielsweise:

  • Artenvorkommen: Das Vorhandensein bestimmter Arten, die als Indikatoren für die Gesundheit des Ökosystems gelten.
  • Populationsgrößen: Die Anzahl der Individuen einer Art, die Rückschlüsse auf die Lebensraumqualität zulässt.
  • Wasserqualität: Parameter wie Sauerstoffgehalt, Nährstoffkonzentration und Schadstoffbelastung geben Aufschluss über den Zustand von Gewässern.
  • Bodenqualität: Die Zusammensetzung und Struktur des Bodens, sowie der Gehalt an organischer Substanz sind wichtige Indikatoren für die Bodenfruchtbarkeit und die Fähigkeit zur Kohlenstoffspeicherung.

Die Bewertung ist ein komplexer Prozess, der wissenschaftliche Expertise und eine sorgfältige Datenerhebung erfordert. Die EU-Mitgliedstaaten sind verpflichtet, den ihre Ökosysteme regelmäßig zu überwachen und zu bewerten, um die Fortschritte bei der Umsetzung des Renaturierungsgesetzes zu verfolgen.

Das Ziel ist ehrgeizig, aber notwendig, um die Biodiversität zu erhalten, die Ökosystemleistungen zu sichern und die Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel zu stärken. Es ist eine langfristige Aufgabe, die eine enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Politik und Gesellschaft erfordert.

Auswirkungen auf Natur und Klima

Das EU-Renaturierungsgesetz hat das Potenzial, tiefgreifende positive Auswirkungen auf eine Vielzahl von Ökosystemen und den Kampf gegen den Klimawandel zu entfalten:

  • Wälder: Durch diese Renaturierungsmaßnahme und die Förderung von Totholz wird die Biodiversität gesteigert, der Lebensraum für zahlreiche Arten erweitert und die Kohlenstoffspeicherkapazität erhöht. Das Gesetz sieht vor, bis 2030 drei Milliarden zusätzliche Bäume in der EU zu pflanzen, was einen erheblichen Beitrag zur Kohlenstoffbindung leisten wird.
  • Flüsse: Die Renaturierung von Flüssen und Auen verbessert die Wasserqualität, erhöht die Artenvielfalt und stärkt die natürliche Hochwasserregulierung. Durch die Wiederherstellung von Überschwemmungsgebieten können Flüsse bei Hochwasserereignissen mehr Wasser aufnehmen und so Schäden minimieren.
  • Moore: Die Wiedervernässung von Mooren ist entscheidend für den Klimaschutz, da Moore enorme Mengen an Kohlenstoff speichern. Renaturierte Moore bieten zudem Lebensraum für seltene Arten und tragen zur Verbesserung der Wasserqualität bei.
  • Meere: Die Verordnung sieht Maßnahmen vor, um Seegraswiesen und anderen marine Lebensräume wiederherzustellen. Diese Ökosysteme sind wichtige Kohlenstoffspeicher, bieten Schutz vor Küstenerosion und fördern die Artenvielfalt in den Meeren.

Auswirkungen auf die Landwirtschaft

Die Auswirkungen auf die Landwirtschaft sind ein kontrovers diskutiertes Thema. Während Befürworter die positiven Effekte für Bodenfruchtbarkeit, Wasserhaushalt und Biodiversität betonen, äußern Kritiker, insbesondere Bauernverbände, Sorgen über mögliche Einschränkungen der landwirtschaftlichen Flächennutzung und damit einhergehende Ertragseinbußen.

Geplante Maßnahmen wie die Wiederherstellung von Feuchtgebieten und Mooren auf landwirtschaftlichen Flächen sind besonders umstritten. Befürworter argumentieren, dass diese Maßnahmen zur Verbesserung des Wasserhaushalts, zur Erhöhung der Biodiversität und zur Speicherung von Kohlenstoff beitragen. Kritiker hingegen befürchten, dass die Wiedervernässung von Mooren zu einer Verringerung der nutzbaren Ackerfläche führt und die landwirtschaftliche Produktion beeinträchtigt.

Naturschutzverbände begrüßen das Gesetz als wichtigen Schritt zur Rückkehr zur funktionsfähigen Umwelt und zur Förderung der Artenvielfalt. Sie betonen, dass eine intakte Natur auch langfristig die Grundlage für eine nachhaltige Landwirtschaft bildet. Der Bauernverband hingegen fordert mehr Flexibilität und finanzielle Unterstützung für Landwirte, die von Renaturierungsmaßnahmen betroffen sind.

Das Naturschutz-Gesetz beinhaltet jedoch auch Kompromisse und Schutzklauseln, um die Interessen der Landwirtschaft zu berücksichtigen. So sollen Landwirte für die Umsetzung von Renaturierungsmaßnahmen finanziell entschädigt werden. Zudem sind Ausnahmen für Flächen vorgesehen, die für die Nahrungsmittelproduktion unverzichtbar sind.

Die Diskussion um die Auswirkungen auf die Landwirtschaft zeigt, dass eine ausgewogene Balance zwischen Naturschutz und landwirtschaftlicher Nutzung gefunden werden muss. Eine offene Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten ist entscheidend, um Lösungen zu finden, die sowohl dem Schutz der Natur als auch den Bedürfnissen der Landwirtschaft gerecht werden.

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Finanzierung und Umsetzung

Die Finanzierung des EU-Renaturierungsgesetzes soll primär über bestehende EU-Fonds erfolgen, insbesondere über den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). Darüber hinaus sind nationale Mittel und private Investitionen vorgesehen. Die genaue Verteilung der Mittel und die Förderbedingungen werden in den kommenden Jahren festgelegt.

Die Umsetzung des Gesetzes stellt jedoch eine große Herausforderung dar, da sie eine enge Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedstaaten erfordert. Die nationalen Regierungen müssen Renaturierungspläne erstellen, die den spezifischen Gegebenheiten ihrer Länder Rechnung tragen. Dabei müssen sie sicherstellen, dass die Maßnahmen sowohl ökologisch sinnvoll als auch wirtschaftlich tragbar sind.

Ein besonders bemerkenswertes Element der Finanzierung ist die geplante Investition von 30 Milliarden Euro in die Aufforstung von Wäldern in Europa. Diese Mittel sollen dazu beitragen, die Kohlenstoffspeicherkapazität zu erhöhen, die Biodiversität zu fördern und die Widerstandsfähigkeit der Wälder gegenüber dem Klimawandel zu stärken. Konkret könnten diese Gelder in Projekte fließen, die:

  • die Wiederherstellung geschädigter Waldflächen durch Neupflanzungen und die Förderung natürlicher Sukzession ermöglichen,
  • die Schaffung von Waldkorridoren unterstützen, um die Vernetzung von Lebensräumen zu verbessern und die Ausbreitung von Arten zu fördern,
  • die Entwicklung nachhaltiger Waldbewirtschaftungspraktiken fördern, die die ökologischen Funktionen des Waldes erhalten und gleichzeitig eine wirtschaftliche Nutzung ermöglichen.

Die Umsetzung dieser Aufforstungsprojekte wird eine enge Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedstaaten, regionalen Behörden, Forstbetrieben und anderen Akteuren erfordern. Dabei müssen sowohl ökologische als auch wirtschaftliche Aspekte berücksichtigt werden, um eine nachhaltige und langfristige Wirkung zu erzielen.

Eine weitere Herausforderung besteht in der Überwachung der Fortschritte und der Sicherstellung, dass die gesetzten Ziele erreicht werden. Die EU-Kommission wird die Umsetzung des Gesetzes regelmäßig überprüfen und bei Bedarf Korrekturmaßnahmen vorschlagen. Dabei ist eine transparente Kommunikation und ein regelmäßiger Austausch zwischen den Mitgliedstaaten von entscheidender Bedeutung.

Die erfolgreiche Umsetzung Gesetzes erfordert somit nicht nur finanzielle Ressourcen, sondern auch eine enge Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen den EU-Mitgliedstaaten. Nur so kann das ambitionierte Ziel erreicht werden, die Natur in Europa wiederherzustellen und die Biodiversität zu fördern.

Fazit und Ausblick

Die Verordnung, die durch die entscheidenden Stimmen von Österreich verabschiedet wurde, ist eine gewaltige Chance für Europa. Es ändert den Umgang mit der Natur, vor allem der Natur, die durch Aktivitäten des Menschen in Mitleidenschaft gezogen wurde. Die Ziele, die das europäische Parlament und die EU-Kommission unter Federführung von Ursula von der Leyen trotz Kompromissfindung integriert haben, sind positiv ambitioniert. Kein Land kann sich aus der Verantwortung stehlen.

Österreichs Klimaschutzministerin zur Naturschutzesetzgebung

Eine Herausforderung bei der Umsetzung des Gesetzes könnte die finanzielle Ausgestaltung sein – aber nach der langen Kompromisssuche und der haarscharfen Verabschiedung durch den Mut von Leonore Gewessler, wird auch das gelingen. Europa geht hiermit global als Pionier voran. Andere Regionen werden folgen.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

CO2 News rund um Kohlendioxid bei CleanthinkingEU Green DealKlima