European Clean Tech Tracker: Wo werden saubere Technologien hergestellt und eingesetzt?

Laut neuer Datenbank der Denkfabrik Bruegel ist Deutschland eine zentrale Drehscheibe für Clean Technologies.

Entgegen der Aussage politischer Miesmacher und Freunde der „Männer, die die Welt verbrennen“ ist Deutschland eine „zentrale Drescheibe für saubere Technologien.“ Das geht aus der neuen Datenbank „European Clean Tech Tracker“ der ökonomischen Denkfabrik Bruegel hervor. Die Übersicht konzentriert sich auf die Produktion und den Einsatz sauberer Technologien wie Solarenergie, Windenergie, Batterien, Elektrofahrzeuge, Wasserstoff und Wärmepumpen in Europa sowie im Vergleich zu den USA und China. Die Daten für 2022 zeigen: Deutschland ist bei vielen Technologien führend.

Die führende Rolle Deutschlands bei der Produktion und Nutzung sauberer Technologien ist einer der Treiber Europas, als erster Kontinent klimaneutral zu werden. Ein Drittel der insgesamt in der EU installierten Wind- und Solarenergiekapazität entfiel im Jahr 2022 auf unser Land. Die Stärke zeigt sich auch bei den Arbeitsplätzen: Die Bruegel-Statistik belegt das mit 87.000 Beschäftigten allein in der Wind- und Solarbranche.

Die guten Zahlen Deutschlands relativieren sich etwas, wenn man die Bevölkerungsanzahl berücksichtigt. Doch auch dann ist die Aktivität des Landes immer noch deutlich über dem EU-Durchschnitt. Konkret: Bei der installierten Solarkapazität pro Kopf sind nur die Niederlande besser. Die deutsche Solarkapazität pro Kopf ist mit 0,8 Megawatt pro Kopf sogar doppelt so hoch wie in deutlich sonnenreicheren Ländern wie Italien und Spanien.

Bei der Windkraftleistung pro Kopf rutscht Deutschland auf Platz 5 ab – davor sind die Nordeuropäer wie Schweden, Dänemark, Finnland und Irland. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat aber zuletzt dafür gesorgt, Genehmigungsverfahren zu verkürzen – Deutschland könnte hier also durchaus spätestens in 2024 schon deutlich besser dastehen.

Batterieproduktion und Elektroautos

Der European Clean Tech Tracker bewertet auch die Batterieproduktion in Deutschland positiv: Aktuell führen Polen, Schweden und Ungarn hinsichtlich der Produktionskapazitäten, wo bereits Northvolt, LG und Samsung große Fabriken betreiben. Doch sobald die drei derzeit in Deutschland im Bau befindlichen Projekte von Northvolt, Volkswagen und CATL abgeschlossen sind, wird sich dies ändern. Deutschland wird gemäß Bruegel zu einem neuen Fokus für Batterien werden.

Im Jahr 2023 hatte der Anteil der neu zugelassenen Elektroautos in der EU 22% erreicht. Davon waren 14,5% rein batterieelektrisch und 7,5% Plug-in-Hybridmodelle. Dies bedeutet eine leichte Steigerung im Vergleich zu 2022, als der Anteil 21% betrug. In diesem Jahr waren 12% rein batterieelektrische Autos und 9% Plug-in-Hybridmodelle. Im Jahr 2021 machten Elektroautos 18% der neu zugelassenen Fahrzeuge in der EU aus, wobei sie gleichmäßig auf rein batterieelektrische und Plug-in-Hybridmodelle verteilt waren.

Zum Vergleich: Weltweit waren 2022 14% der verkauften Autos elektrisch, in China betrug der Anteil 29% und in den USA waren es 8%.

Wärmepumpen

Die Ergebnisse rund um Wärmepumpen sind uneinheitlich: Deutschland ist das zweitgrößte Produktionsland mit 24 Herstellungsorten, direkt nach Italien. Jedoch hinkt Deutschland bei der Nutzung weit hinterher: Lediglich 4,4 Prozent der deutschen Haushalte haben im Jahr 2022 eine Wärmepumpe zur Beheizung verwendet.

Im Vergleich dazu liegt Finnland bei 55,5 Prozent, Schweden bei 46,3 Prozent und Estland bei 39,5 Prozent. Die Bruegel-Zahl für Deutschland weicht von der vom BDEW angegebenen Zahl von drei Prozent ab, da die Brüsseler Denkfabrik zur besseren Vergleichbarkeit mit einer einheitlichen Haushaltsgröße von 2,2 Personen rechnet.

Wasserstoff

Ab 2023 wird der Anteil der unabhängigen Elektrolyseproduktion am Wasserstoffverbrauch in der EU weniger als 1 % betragen. Der Hauptvorteil der Elektrolyse besteht darin, die kohlenstoffintensive Wasserstoffproduktion zu ersetzen. Europa wird bis Ende 2023 eine installierte Kapazität von 384 MW haben, wobei der größte Teil im Chemiesektor (99 MW), gefolgt vom Mobilitätssektor (80 MW) und dem Raffineriesektor (56 MW) genutzt wird. Diese Kapazität entspricht einer Wasserstoffproduktion von 60.000 Tonnen.

Bis Ende 2025 wird die EU voraussichtlich über eine Kapazität von 1.367 MW verfügen, wobei die Stahlindustrie den größten Anteil (473 MW) haben wird.

European Clean Tech Tracker: Grüne Märkte der Zukunft

Jenseits positiver Nachrichten über die EU zeigt die Bruegel-Datenbank auch, wo die eigentliche Herausforderung bezüglich des Kampfes um die grünen Märkte der Zukunft liegt: Ein Vergleich zwischen der EU, den USA und China verdeutlicht, dass China derzeit in rasantem Tempo aufholt. Die installierte Kapazität für Wind- und Solarenergie ist dort etwa doppelt so hoch wie in der EU. Zwar ist der pro Kopf-Wert noch deutlich geringer, doch die jüngsten Wachstumsraten lassen darauf schließen, dass sich dies bald ändern wird.

China hat bereits eine dominante Position in der Solarenergie erreicht, während die EU noch in der Windenergie gut positioniert ist. China holt jedoch schnell auf. Die Bruegel-Datenbank berücksichtigt die wachsenden Produktionskapazitäten für Elektroautos in China noch nicht.

Cleantech-Daten als Entscheidungsgrundlage

Der European Clean Tech Tracker wird fortlaufend aktualisiert. Stakeholder etwa aus Politik und Wirtschaft werden ermutigt, Feedback zu geben und weiterführende Daten bereitzustellen, um die Themen auszuweiten und die zusätzliche Aussagen herausziehen zu können. Auf der Basis dieser Themen und Aussagen sollen schließlich Entscheidungsprozesse im öffentlichen und privaten Sektor aufsetzen, um die grüne Transformation in Europe zu unterstützen.

„Clean-Tech-Daten sind nach wie vor stark fragmentiert und schwer zugänglich, und sie sind oft nur auf kommerzieller Basis verfügbar. Das ist problematisch: Transparente und granulare Daten über Innovation, Herstellung und Einsatz sauberer Technologien sind von entscheidender Bedeutung, um den grünen Wandel in Europa voranzubringen“, sagt Simone Tagliapietra (Linkedin) von Bruegel.

Diese erste Version des Trackers zeigt die wichtigsten Herstellungs- und Einsatztrends für Solarenergie, Windenergie, Batterien und Elektrofahrzeuge, Wasserstoff und Wärmepumpen. Der Tracker wird regelmäßig aktualisiert, sobald neue Daten verfügbar sind. Im Laufe der Zeit werden die im Tracker behandelten Themen um Innovationstrends erweitert und neue Technologien wie Netze, Kernenergie, Kohlenstoffabscheidung, Sequestrierung und mehr umfassen.

Der European Clean Tech Tracker ist ein wertvolles Instrument, um Entscheidungen rund um die grünen Märkte der Zukunft vorzubereiten. Die Daten zeigen, dass sich Deutschland rund um Cleantech gut bis sehr gut positioniert hat – denn die Dynamik bei Wind, Wärmepumpen oder Elektrolyseuren hat sich 2023 verstärkt, was in künftigen Daten deutlich werden dürfte. Für den Industrie-Standort Deutschland – entgegen aller Unkenrufe – eine gelungene Perspektive.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

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