Gabriels EEG 2.0: EEG-Umlage auf Eigenverbrauch auch für Bestandsanlagen?

Überraschende Konkretisierung von Sigmar Gabriel, der mit seinem Eckpunktepapier für das EEG 2.0 eine Flut an Beschwerden ausgelöst hat. Betreiber von Kraftwerken, die für den Eigenverbrauch Strom erzeugen, werden nun an den EEG-Zahlungen beteiligt. Die Bundesregierung rechnet daraus – insbesondere aus Einnahmen von industriellen Eigenverbrauchsanlagen – mit Einnahmen in Höhe von 500 Mio. Euro. Neue Anlagen sollen die EEG-Umlage grundsätzlich bezahlen – für bestehende Anlagen galt bis gestern eigentlich die Devise: Bestandsschutz.

Unterdessen wird auch klarer, wie hoch die EEG-Umlage sein soll: Wie pv magazine berichtet, soll künftig bei Neuanlagen mit neuen Energien oder KWK 70 Prozent der EEG-Umlage für den selbst erzeugten und verbrauchten Strom gezahlt werden. Das wären momentan 4,37 Cent pro Kilowattstunde. Eigenverbrauchsanlagen mit konventionellen Energien sollen demnach 90 Prozent der EEG-Umlage zahlen. Für Altanlagen werde die „Begünstigung des Jahres 2013 in Höhe der EEG-Umlage von 5,28 Cent je Kilowattstunde fortgeschrieben“, heißt es in der Kabinettsvorlage, die gebilligt wurde. Das ergäbe derzeit eine Umlage von 0,67 Cent pro Kilowattstunde für Eigenverbrauch aus Altanlagen.

Die EEG-Umlage auf Eigenverbrauchsstrom gilt demnach für alle Anlagen, die mehr als 10 Kilowatt erzeugen. Viele Dachbesitzer sind davon nicht betroffen – aber die Bagatellgrenze wurde von Sigmar Gabriel ziemlich niedrig angesetzt. Für neue Eigenerzeugungskraftwerke soll die Umlage zu 90 Prozent fällig werden, das wären nach derzeitigem Stand etwa 5,5 Cent pro Kilowattstunde. Für erneuerbare Energien und Kraft-Wärme-Kopplung ist ein reduzierter Satz von 70 Prozent vorgesehen.

Damit wird Gabriel insbesondere die Industrie zusätzlich belasten: Wie Bizz Energy Today schreibt, liegt der industrielle Eigenverbrauch bei 35 bis 38 Terrawattstunden pro Jahr. Demnach würde eine Beteiligung von knapp einem Cent pro Kilowattstundemit rund 350 Millionen Euro pro Jahr zu Buche schlagen.  Große Chemiewerke, aber auch Stahl- und Aluminiumhersteller erzeugen traditionell hohe Mengen Strom und Wärme selbst. In den vergangenen Jahren wurde die Eigenerzeugung noch einmal ausgebaut.

Betroffen sind auch KWK-Anlagen, die Gebäude beheizen und gleichzeitig Strom erzeugen. Die Erzeugung im dezentralen Eigenverbrauch liegt laut einer Prognos-Studie bei 11 bis 13 Terawattstunden. Demnach geht es um etwa 120 Millionen Euro. Der Eigenverbrauch von Strom aus Photovoltaik lag 2013 bei zwei bis drei Terawattstunden. Die Deutsche Bahn erzeugt etwa fünf Terawattstunden Strom, müsste also mit etwa 50 Millionen Euro Belastung rechnen. Insgesamt liegt die Eigenerzeugung laut Prognos bei 56 Terawattstunden pro Jahr. Das Gesamtvolumen der zusätzlichen Belastungen überschreitet also die 500-Millionen-Euro-Grenze.

Kommentar: EEG-Umlage auf Eigenverbrauch fragwürdig

Mit dieser Regelung bringt Energieminister Sigmar Gabriel viele Tausend PV-Anlagenbetreiber in Bedrängnis – deren Kalkulation vor 3, 5 oder 10 Jahren für die Betriebsdauer der PV-Anlage sind nun weitgehend hinfällig. Eine EEG-Umlage auf den Eigenverbrauch hat den Makel, dass es doch ökologisch wie ökonomisch ideal ist, Strom dort zu verbrauchen, wo er erzeugt wird. Mit der frühzeitigen Einführung dieser Umlage, wird genau das erschwert. Denn gerade jetzt fingen Eigenverbrauchs-Anlagen an, sich zu rechnen – gerade für kleine Gewerbebetriebe, die auf 10 kW Leistung kommen.

Generell ist es nachvollziehbar, dass beispielsweise Unternehmen, die sich zu 70 Prozent selbst versorgen, auch einen Beitrag dazu leisten müssen, dass die Stromnetze weiter nutzbar bleiben. Aber die Kopplung an die ohnehin in ihrer Berechnung fragwürdigen gesamten EEG-Umlage, ist ein schwerer Fehler. Denn der auch durch den Merit-Order-Effekt ausgelöste Anstieg der EEG-Umlage wird nun voll auch auf die EEG-Umlage auf Eigenverbrauch umschlagen.

Das wird zu erheblichen Schwierigkeiten führen und ist kein Neustart der Energiewende, sondern ein Herumdoktern an einzelnen kleinen Stellschrauben.

(Dieser Beitrag erschien am 23.1.2014 auf CleanThinking.de / Bildnachweis: SPD)

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

EEGEigenverbrauchKWK