Chevrons „Gorgon CCS“: Größte CO2-Abscheidung hat viele Probleme

Gorgon-Projekt an der australischen Westküste soll Carbon Capture and Storage-Technik demonstrieren.

Das Gorgon-Projekt an der australischen Westküste versorgt Asien seit 2016 mit Flüssigerdgas. Es ist eines der größten Erdgasprojekte überhaupt – und ein Hoffnungsträger, um die CCS-Technik im großen Maßstab unter Beweis zu stellen („Gorgon CCS„). Doch entgegen der Genehmigung schafft es Betreiber Chevron bislang nicht, vier Millionen Tonnen CO2 pro Jahr unter Barrow Island zu speichern. Der Artikel beleuchtet die Hintergründe und die Folgen für den Klimaschutz.

Gemessen an der Kapazität ist Gorgon CCS vor der Küste von Pilbara das größte Vorhaben zur Kohlenstoffspeicherung überhaupt. Das Ziel von Chevron: 80 Prozent der Lagerstätten-Emissionen und 40 Prozent der Gesamtemissionen des LNG-Förderprojekts speichern. Vier Millionen Tonnen jährlich über eine Laufzeit von 30 Jahren. Chevron betreibt das CCS-Projekt dort im Auftrag der Partner Shell und ExxonMobil, die an der gewaltigen LNG-Förderung beteiligt sind.

Die ersten Kohlendioxid-Injektionen begannen 2019 – nach einer dreijährigen Verzögerung, denn die Flüssiggas-Förderungen hatten 2016 begonnen. Doch seitdem war die Anlage wegen technischer Probleme bei der Verpressung des Kohlendioxids häufig außer Betrieb. Umweltschützer forderten 2021 eine Pause der gesamten Förderung bis die Probleme mit der Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (CCS) gelöst sind.

Sand im Injektionssystem senkt Kohlenstoffspeicherung

Dokumente hatten enthüllt, dass Sand in das Injektionssystem gekommen war, das für eine Verstopfung sorgte. Anschließend stiegen die Emissionen merklich an – doch die westaustralische Regierung verzichtete darauf, das Energieunternehmen Bußgeld zahlen zu lassen. So forderte sogar der „Conservation Council“ von Westaustralien, Chevron solle zur Abschaltung der Gorgon CCS und LNG-Förder-Anlage gezwungen werden.

Im Jahr 2022 wurden dann 1,6 Millionen Tonnen CO2 verpresst, knapp die Hälfte der Jahres-Planmenge. Der BUND berichtete, dass über mehrere Jahre 60 % der bei der LNG-Förderung entstandenen CO2-Emissionen in die Atmosphäre entlassen werden mussten. Der Betreiber konnte sich mit CO2-Zertifikaten freikaufen.

Bericht kritisiert Gorgon CCS scharf

„Gorgon CCS hat seine vordefinierten Ziele nicht erreicht“, sagt Bruce Robertson, Autor des Berichts „The Carbon Capture Crux“ vom Institute for Energy Economics and Financial Analysis (IEEFA). „Die CCS-Technologie ist seit 50 Jahren in Betrieb. Wenn Chevron und seine Partner es in den letzten 5 Jahren in Gorgon CCS nicht zum Laufen bringen können, ist es keine effektive Technologie zur Reduzierung der Kohlenstoffemissionen.“

Im November 2023 gab das Unternehmen zu, durch überschüssiges Wasser in den Reservoirs Probleme mit dem Druckmanagement zu haben. Der Betrieb von Gorgon CCS speicherte nun wiederum nur ein Drittel des gesamten CO2-Volumens. Trotzdem hält Chevron an der CCS-Technik für 3,2 Milliarden US-Dollar fest. Das Unternehmen habe Pläne, mehr Wasser aus dem Reservoir zu entnehmen durch zusätzliche Bohrungen.

Unzureichende Kompensation

In der Aussicht auf eine Weltmarktführerschaft bei der Carbon Capture and Storage-Technologie schon die australische Regierung etwa Chevron Australia bei Kompensationszahlungen und Bußgeldern. Während die eigentliche LNG-Förderung floriert, steigen die Emissionen – und die Kompensationen sind laut Guardian weitgehend wertlos.

Kernproblem: Projekte unterscheiden sich stark

Die Probleme der nicht gerade neuen CCS-Technologie sind vielschichtig. Aber ein Kernproblem bei dem Chevron-Projekt ist, dass die Kenntnisse über das Geschehen im Untergrund unzureichend sind. Die Techniker sprechen davon, dass jedes Projekt sehr unterschiedlich sei, und es keine Standardisierung geben könne. Aber ohne Standardisierung wird die ökonomische Sinnhaftigkeit der Kohlenstoffabscheidung- und -speicherung zunehmend in Frage gestellt.

Chevron hat sich das unternehmerische Ziel gesetzt, bis 2030 25 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr abzuscheiden. Dazu finanziert der Öl-Gigant auch Pilotprojekte in den USA, um technologische Durchbrüche zu erzielen.

Gorgon CCS: Warnschuss für Regierungen

Wenn es Unternehmen wie Chevron, Shell und ExxonMobil offenbar nicht schaffen, die Probleme der CCS-Technik in Westaustralien in den Griff zu bekommen, dann ist das definitiv ein Warnschuss für Regierungen, nicht zu viel von der Technologie zu erwarten. Um hohe globale Treibhausgas-Emissionen in den Griff zu bekommen, ist CCS keine Lösung – ganz anders als es Branchenvertreter und Lobbyisten auch bei COP28 verdeutlichen wollten.

Weltklimarat und PIK betonen Bedeutung von CCS

Allerdings sehen die Experten vom Weltklimarat oder beispielsweise die PIK-Wissenschaftler Edenhofer und Rockström keinen Weg an CCS vorbeiführen. Bedeutet: Die Technik wird gebraucht, um die Dekarbonisierung in den Sektoren Stahl oder Chemie zu ermöglichen. Ein Wundermittel verbindet sich damit aber nicht.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.