Planetare Grenzen quantifiziert: Wissenschaftler warnen vor schwindender Widerstandsfähigkeit

Überschreitung von sechs von neun planetaren Grenzen.

Die Menschheit lebt derzeit über ihre Verhältnisse und bringt damit den Planeten an den Rand seiner Widerstandsfähigkeit (Planetare Grenzen). Zum ersten Mal hat ein internationales Forschungsteam alle neun planetaren Belastungsgrenzen quantifiziert und gibt damit einen detaillierten Überblick über die schwindende Widerstandsfähigkeit unseres Planeten. Eine neue Studie, veröffentlicht in der Fachzeitschrift „Science Advances„, zeigt, dass sechs von neun planetaren Grenzen heute überschritten sind. Globale Erwärmung, Biosphäre, Entwaldung, Schadstoffe / Plastik, Stickstoffkreisläufe und Süßwasser stehen unter besonderem Druck.

Die Überschreitung planetarer Grenzwerte markiert eine kritische Schwelle für steigende Risiken, erklärt Hauptautorin Katherine Richardson. Ähnlich wie ein erhöhter Blutdruck das Risiko für Herzinfarkt steigert, erhöht die Belastungsgrenzenüberschreitung das Risiko für den Planeten und planetare Grenzen. Ein Beispiel dafür ist der Ozonabbau, der regional immer mehr überschritten wird. Allerdings gibt es bereits Verbesserungen in der Antarktis, dank globaler Initiativen wie dem Montrealer Protokoll.

Der Einsatz leistungsfähiger Computermodelle am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung hat eine entscheidende Rolle bei der Studie gespielt. Mit Hilfe des Potsdamer Erdsystemmodells wurden die Wechselwirkungen zwischen Klima und Biosphäre untersucht und die Auswirkungen der Umweltveränderungen für mehrere Jahrhunderte simuliert. Dies ermöglichte eine umfassende Betrachtung der Veränderungen und deren Auswirkungen auf die Erde.

Planetare Grenzen: Neue Strategien zur Einhaltung

Das Erreichen der Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) erfordert ein besseres Verständnis davon, wie menschliche Aktivitäten die Erde beeinflussen und wie diese Aktivitäten gesteuert werden können. Neue Strategien müssen entwickelt werden, um die Planetaren Grenzen einzuhalten und ein sicheres Umfeld für zukünftige Generationen zu schaffen. Dazu sind laut der Studie transformative Veränderungen in allen Bereichen erforderlich, angefangen bei den individuellen Verhaltensweisen bis hin zu den globalen politischen und wirtschaftlichen Strukturen.

Ein Schlüssel zur Einhaltung der Planetaren Grenzen ist eine gezielte Verringerung der negativen Auswirkungen menschlicher Aktivitäten auf die Erde. Dazu müssen die Auswirkungen von Produkten, Dienstleistungen und Prozessen auf die Umwelt systematisch und transparent bewertet werden. Die Implementierung von innovativen Technologien und die Entwicklung neuer wirtschaftlicher Modelle mit geringem Kohlenstoffausstoß sind ebenfalls notwendig.

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Um das Verständnis der Zusammenhänge zwischen menschlichen Aktivitäten und der Erde zu verbessern, sollten Forschungsprojekte verstärkt gefördert werden. Nur so kann es gelingen, die Planetaren Grenzen einzuhalten und ein nachhaltiges Leben auf der Erde zu ermöglichen.

Planetare Erhaltung fordert mehr als nur Klimaschutz (H3)

Die Widerstandsfähigkeit des Planeten hängt von weit mehr als nur vom Klimawandel ab. Wie Leibold und Lucht in einem Artikel für die Deutsche Welle schreiben, werden die Erdsystemfunktionen der Atmosphäre, der Ozeane und der Biosphäre durch Vielfalt und Resilienz gestützt. Wenn wir Arten auslöschen und biologische Vielfalt reduzieren, verringern wir auch die Resilienz des Erdsystems.

So ist die Biosphäre nicht nur essentiell für die Stabilisierung des Klimas, sondern auch für die Nahrungsmittelsicherheit, die Bekämpfung von Armut, die Erhaltung eines stabilen Süßwassersystems und die Erhaltung von Wald und Biodiversität.

Computermodelle und -simulationen am PIK spielen wichtige Rolle

Der Einsatz leistungsfähiger Computermodelle und -simulationen am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) spielte bei der Studie eine entscheidende Rolle. Das Potsdamer Erdsystemmodell (POEM) wurde beispielsweise zur Untersuchung der Wechselwirkungen zwischen Klima und Biosphäre eingesetzt.

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Die Entwicklung der Erde wurde mit POEM und seinem Biosphärenmodell LPJmL für mehrere hundert Jahre in die Zukunft berechnet, um nicht nur Prozesse zu berücksichtigen, die relativ schnell auf Veränderungen reagieren, sondern auch die viel langsameren Erdsystemprozesse, die letztlich das Endergebnis der heute verursachten Umweltveränderungen bestimmen.

Richtungsweisend für den Umweltschutz

Die planetaren Grenzen zeigen deutlich, dass die Erde ein Patient ist, dem es nicht gut geht. Der Druck auf den Planeten nimmt weiter zu, dabei werden lebenswichtige Belastungsgrenzen überschritten. „Wir wissen nicht, wie lange wir entscheidende Grenzen derart überschreiten können, bevor die Auswirkungen zu unumkehrbaren Veränderungen und Schäden führen“, sagt Johan Rockström, Mit-Autor der Studie und Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung.

Gleichzeitig geben die wissenschaftlich quantifizierten planetaren Grenzen der Menschheit einen dringend benötigten Leitfaden zum Schutz unseres Planeten vor zukünftigen Umweltschäden und Umweltveränderungen. Die zweite Aktualisierung der Planetaren Grenzen zeigt, dass mehr getan werden muss, um ein gesünderes und widerstandsfähigeres Erdsystem zu schaffen und einen sicheren Handlungsraum für die Menschheit zu definieren.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

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