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Klimawandel: Extremwinde gefährden Offshore-Windturbinen
Studie zeigt: Windgeschwindigkeiten übersteigen teilweise die Konstruktionsgrenzen der Windkraftanlagen.
Die Offshore-Windenergie gilt als tragende Säule der Energiewende. Doch eine umfassende Studie, kürzlich veröffentlicht im Fachjournal Nature Communications, warnt: Extremwinde infolge des Klimawandels könnten einen Teil der bestehenden und geplanten Offshore-Windparks weltweit gefährden. Grundlage der Analyse sind stündliche Winddaten von 1940 bis 2023 in 100 Metern Höhe über dem Meeresspiegel aus dem ERA5-Datensatz des ECMWF. Der Fokus: Die sogenannte Referenzwindgeschwindigkeit U50, also jene Windstärke, die statistisch nur einmal in 50 Jahren überschritten wird.
Laut IEC-Norm (International Electrotechnical Commission) sind Windkraftanlagen in drei Klassen unterteilt:
- IEC-Klasse I: bis 50 m/s (180 km/h)
- IEC-Klasse II: bis 42,5 m/s (153 km/h)
- IEC-Klasse III: bis 37,5 m/s (135 km/h)
Die Studie zeigt: Bereits heute sind mehr als 40 Prozent der Offshore-Windparks in Europa und Asien Windgeschwindigkeiten durch Extremwinde ausgesetzt, die die Grenzwerte für Klasse-III-Anlagen übersteigen. Besonders betroffen sind Standorte in der Nordsee, dem Süden Englands, sowie in japanischen und chinesischen Gewässern. In diesen Regionen steigen die U50-Werte kontinuierlich an. Auch in Nordamerika, insbesondere an der US-Ostküste, zeigt sich dieses Muster.
U50-Trend: Deutliche Zunahme extremer Windereignisse
Weltweit weist die Analyse eine signifikante Erhöhung der U50-Werte um durchschnittlich 0,016 m/s pro Jahr nach. In 62,85 Prozent der Küstenregionen wurden steigende Trends festgestellt. Besonders stark sind die Zunahmen in tropischen Regionen wie der Karibik, dem Golf von Mexiko und der Nordwestpazifik-Region, aber auch in extratropischen Zonen wie dem Nordatlantik.
Ein bemerkenswerter Fall ist der Taifun Yagi (2024), der sechs Windkraftanlagen in Hainan zerstörte. Der Schaden belief sich auf über acht Millionen US-Dollar. Solche Extremereignisse könnten sich aufgrund des Klimawandels in Zukunft häufen.

Extremwinde: Konsequenzen für Betrieb und Planung
Windkraftanlagen, die regelmäßig Windgeschwindigkeiten jenseits ihrer Designgrenzen ausgesetzt sind, laufen Gefahr, früher als geplant auszufallen. Laut Studie sind heute bereits 55 Prozent aller Turbinenausfälle auf Extremwinde zurückzuführen. Daraus resultieren:
- erhöhte Wartungskosten
- Produktionsausfälle
- vorzeitige Stilllegungen
- Investitionsrisiken
Insbesondere Entwicklungsländer mit großem Offshore-Potenzial wie Vietnam, Indien oder Kolumbien sind betroffen. Ohne klimafeste Auslegung drohen hier milliardenschwere Fehlinvestitionen.
Technologische Anpassung notwendig
Die Studie fordert, Designstandards an neue Realitäten anzupassen. Dazu zählen:
- Überarbeitung der IEC-Normen
- höhere Sicherheitsreserven (z. B. Faktor 1,7 statt 1,35)
- resilientere Materialien
- adaptive Kontrollsysteme wie „Sturmmanagement“-Software
- Optimierung der Standortwahl mit Klimamodellen
Besonders problematisch: Moderne Windturbinen mit Nabenhöhen von 120 bis 200 Metern sind anfälliger für hohe Windgeschwindigkeiten. Der Anteil der Standorte mit Typ-1-Risiko steigt laut Studie von 32,5 Prozent bei 80 Meter Nabenhöhe auf 54,3 Prozent bei 200 Meter.
Fazit: Klimafeste Windkraft ist Voraussetzung für Skalierung
Die Ergebnisse der chinesischen Forscher in Nature Communications unterstreichen die Notwendigkeit robusterer Windkrafttechnologien – durch Designänderungen oder entsprechende Nachrüstung. Will die Offshore-Windenergie ihren Beitrag zu einer sauberen Welt bis 2050 leisten, müssen Planer und Hersteller auf die zunehmenden Extremwinde reagieren.
Resilienz, präventive Wartung und standardisierte Risikoanalysen sollten künftig zum Pflichtprogramm gehören. Das stellt die Offshore-Windkraft, die zuletzt immer wieder Herausforderungen etwa durch Inflation zu bewältigen hatte, vor neuerliche Hürden. Der größte Fokus liegt zumindest in Nord- und Ostsee darauf, die Kabelverbindungen in Richtung Land hinzubekommen. Nun kommen also definitiv Extremwinde hinzu.
Zhao, Y., Tao, Y., Chen, Y. et al. Increasing extreme winds challenge offshore wind energy resilience. Nat Commun 16, 9529 (2025). https://doi.org/10.1038/s41467-025-65105-3