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Heizungsmarkt 2025: Fossile Panik trifft auf technologische Trendwende

Heizungsmarkt im Wandel: Fossile Heizsysteme verlieren, Zukunftstechnologien setzen sich durch – doch die Lobby wehrt sich.

Der deutsche Heizungsmarkt ist in Bewegung geraten. Während viele Hausbesitzer sich zunehmend für klimafreundliche Technologien wie Wärmepumpen oder Biomasseanlagen entscheiden, geraten fossile Heizsysteme unter Druck. Der langjährige Favorit Gas verliert deutlich an Attraktivität, und auch Ölheizungen spielen kaum noch eine Rolle. Parallel dazu zeigt sich: Der technologische Wandel ist längst im Alltag angekommen – er beginnt im Heizungskeller. Die Wärmewende ist keine ferne Vision mehr, sondern realer Bestandteil von Sanierungsentscheidungen in deutschen Haushalten.

Die Grafik zur Marktentwicklung von 2016 bis 2025 zeigt deutlich: Der Peak des fossilen Booms ist überschritten. Während 2023 noch über 300.000 Geräte verkauft wurden, sind es aktuell nur noch 147.000. Gasheizungen machen nur noch rund 50 % des Marktes aus (siehe Grafik zur Marktentwicklung 2016–2025, Quelle: BDH).

Diese Entwicklung ruft fossile Interessenvertreter auf den Plan. Der BDH etwa warnt vor einem politischen Kurs, der den Absatz fossiler Heizsysteme gefährde – obwohl die Bestände überaltert sind: „Besonders hoch sind die Rückgänge im ersten Quartal 2025 bei Gasheizungen, obwohl rund 5,6 Millionen der installierten Systeme im Bestand veraltet sind.“

Heizungsmarkt 2016-2025 BDH

Die Strategie dahinter ist offensichtlich: Die Heizungsindustrie möchte noch möglichst viele alte Gasheizungen gegen neue fossile Modelle austauschen – bevor strengere Vorgaben diesen Weg blockieren. Dabei sprechen die Verbände gezielt von „Heizungsmodernisierung“ und vermeiden Begriffe wie „Wärmewende“. Es geht nicht um Transformation, sondern um Bestandssicherung eines Geschäftsmodells.

Absatz von Wärmeerzeugern Q1 2025 BDH

Politische Gegenwehr: Reiche als Sprachrohr der Gaslobby?

Infobox: Faktencheck Reiche

„Wärmepumpenzwang“? Laut § 71 Gebäudeenergiegesetz (GEG) müssen neue Heizungen zu 65 % mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Neben Wärmepumpen sind auch Holzheizungen, Fernwärme oder Hybridlösungen erlaubt. Ein echter Zwang besteht nicht – vielmehr ergibt sich die Wärmepumpe in vielen Fällen als ökonomisch und ökologisch sinnvollste Option.

„Betriebsverbot für alte Gasheizungen“? Ja, aber mit Ausnahmen: Kessel vor 1991 dürfen nicht weiter betrieben werden, es sei denn, es handelt sich um Brennwert- oder Niedertemperaturkessel, Anlagen < 4 kW oder Hybridlösungen. Reiche blendet diese Ausnahmen in der öffentlichen Debatte weitgehend aus.

„Technologieoffenheit“? Biogas und Wasserstoff werden von Politik und Industrie als Alternativen zu Gas- oder Ölheizungen angeführt. Doch in der Praxis fehlt es an nahezu allem: Es gibt keine ausreichenden Mengen, keine flächendeckende Infrastruktur und kaum wirtschaftlich tragfähige Anwendungsbeispiele. Ihre Rolle im Wärmemarkt bleibt auf absehbare Zeit marginal – und vor allem: nicht planbar für Hausbesitzer*innen.

Politischer Kurswechsel beim GEG: Rückschritt mit Ansage?

Die jüngsten Äußerungen von Wirtschaftsministerin Katherina Reiche deuten darauf hin, dass zentrale Elemente des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) aufgeweicht oder gar abgeschafft werden könnten. Im Zentrum ihrer Kritik stehen zwei Aspekte: der angebliche „Wärmepumpenzwang“ sowie das faktische Betriebsverbot für alte Gasheizungen vor 1991. Dabei handelt es sich um stark vereinfachte Narrative.

Zwar sieht das GEG vor, dass neue Heizungen zu mindestens 65 % mit erneuerbaren Energien betrieben werden – doch es gibt zahlreiche technologieoffene Optionen, darunter auch Holzheizungen, Fernwärme oder Hybridlösungen. Von einem Zwang kann faktisch keine Rede sein.

Auch beim angeblichen Betriebsverbot bleibt Reiche vage: Das Gesetz enthält Ausnahmen für Niedertemperatur- und Brennwertkessel sowie Anlagen mit geringer Leistung. Zudem ist der Anteil tatsächlich betroffener Altgeräte vergleichsweise klein. Laut BDEW sind Heizungen in deutschen Wohngebäuden im Schnitt 13,8 Jahre alt – nur ein Bruchteil stammt noch aus der Zeit vor 1991.

Indem Reiche ein Ende der angeblichen Gängelung verspricht, schafft sie Raum für eine Renaissance fossiler Heizsysteme – gegen den klaren Trend am Markt und gegen die klimapolitischen Notwendigkeiten. Die Union fordert in diesem Zusammenhang mehr „Technologieoffenheit“ – ohne zu erklären, wie grüne Alternativen wie Wasserstoff flächendeckend und kostengünstig verfügbar gemacht werden könnten. Dabei ist längst absehbar: Ein Heizen mit Wasserstoff oder Biogas im großen Stil wird weder wirtschaftlich noch versorgungstechnisch realistisch sein.

Mitten in dieser Entwicklung fordert Bundeswirtschafts- und Energieministerin Katherina Reiche eine Aufhebung des Betriebsverbots für Gasheizungen aus der Zeit vor 1991. Der Tenor: Alte Geräte sollten bei hohem Strompreis als Backup bleiben dürfen. Das Kalkül dahinter ist offenkundig: Je mehr Gasheizungen weiterlaufen, desto schwerer wird der Rückbau der Gasverteilnetze – was insbesondere Konzernen wie Westenergie entgegenkommt, für die Reiche früher tätig war.

Was der BDH fordert, scheint also unmittelbar politische Resonanz zu finden. So wird § 71 des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), der den Anteil von mindestens 65 % erneuerbarer Energien bei neuen Heizungen regelt, von der Heizungsindustrie als „Gängelung“ diffamiert – obwohl er zentraler Bestandteil der Wärmewende ist.

Der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) widerspricht: Eine Abschaffung dieses Paragraphen sei europarechtlich unzulässig und würde den Klimazielen fundamental zuwiderlaufen.

Klimapolitische Effekte: Wärmepumpe spart am meisten CO2

Die Kurzanalyse des ITG Dresden zeigt die Relevanz des Wärmeerzeugertauschs für den Klimaschutz: 2024 wurden durch den Einbau neuer Heizsysteme rund 1,6 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr eingespart. Dabei zeigt sich: Wärmepumpen bringen mit 747.000 Tonnen jährlich die größte THG-Einsparung – deutlich mehr als Gasheizungen (544.000 t) oder Biomasse (116.000 t).

Die langfristige Perspektive macht Wärmepumpen zusätzlich attraktiv: Der Stromemissionsfaktor sinkt bis 2050 auf nahezu Null, wodurch Wärmepumpen auch bilanziell zur klimafreundlichsten Lösung avancieren.

Die eigentlichen Ziele der fossilen Lobby

Die fossile Lobby will den Umstieg hinauszögern – idealerweise mit einer letzten „Runderneuerung“ des Bestandes mit Gas-Brennwerttechnik. Doch viele Verbraucher*innen haben dazugelernt, warten bewusst ab oder steigen direkt auf zukunftssichere Systeme um. Für BDH und Co. ist das ein Alarmzeichen – sie fordern „politisches Gegensteuern“.

Reiche liefert dieses Gegensteuern: Ihre Forderung zur Rücknahme des Betriebsverbots käme einem Rückschritt gleich – sowohl klimapolitisch als auch volkswirtschaftlich. Denn künftig steigen die CO₂-Kosten über den Emissionshandel. Neue Gasheizungen werden so zur finanziellen Falle.

Fazit: Wärmewende braucht Rückgrat statt Rückschritt

Der Wärmemarkt 2025 zeigt: Die technologische Trendwende ist da. Doch statt diesen Wandel zu begleiten, versuchen fossile Interessenvertreter mit politischer Rückendeckung, ihre Geschäftsmodelle zu konservieren. Dabei steht viel auf dem Spiel: Klimaschutz, Versorgungssicherheit und langfristige Kostenstabilität.

Die Politik ist gefordert, verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen – und sich klar gegen Rückschritte wie das Festhalten an alten Gasheizungen zu positionieren. Die Wärmewende braucht jetzt eins: Rückgrat statt Rückschritt.

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Quelle Spiegel Wirtschaftswoche