Weltklimakonferenz COP28: Fossiles Festival oder Anfang vom Ende von Öl und Gas?

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COP28-Präsident Dr. Sultan Al Jaber leitet als Industrieminister der VAE mit ADNOC auch eines der größten Ölunternehmen der Welt.

In diesem Jahr 2023 wird die Weltklimakonferenz COP28 in Dubai stattfinden. Der Fokus wird auf zwei entscheidenden Zielen liegen: der Vereinbarung eines Weltziels für den Ausbau der Erneuerbaren Energien und einem Beschluss zur Beendigung der Nutzung fossiler Brennstoffe. Doch die Frage, ob diese Ziele realistisch sind, wird mehr als kontrovers diskutiert. Insbesondere aufgrund der Tatsache, dass mit Dr. Sultan Al Jaber ausgerechnet der CEO eines der größten Ölunternehmen der Welt (ADNOC) die Konferenz leitet.

Im Januar 2023 gab es ein klares Signal an die Weltgemeinschaft: Als Dr. Sultan Al Jaber von den Vereinigten Arabischen Emiraten zum COP28-Präsidenten in Dubai im November und Dezember erklärt wurde, ging davon ein verheerendes Signal aus: Seht her, die fossile Schmutzindustrie ist nicht nur mit immer mehr Lobbyisten auf der Weltklimakonferenz vertreten, sondern wird jetzt auch noch vom CEO des zwölfgrößten Energiekonzerns der Welt geleitet. Rumms!

Al Jaber ist ein smarter Mann, der die Erneuerbaren Energien längst in seine Rhetorik integriert hat – allerdings als „Erweiterung“ des Geschäftsmodells seines Landes. Nicht etwa als Ersatz, was angesichts der Klimakrise das ist, was die Weltgemeinschaft braucht. Wie groß die Interessenkonflikte von Al Jaber sind, zeigen diese Zahlen: Das Land, in dem er Minister für Industrie und Fortschrittstechnologien ist, hat noch 98 Milliarden Barrel Öl und 215 Billionen Kubikfuß Gas – bereit zu Ausbeutung und Export. Pro Jahr bringt allein der Ölexport den Vereinigten Arabischen Emiraten Einnahmen von 70 Milliarden US-Dollar pro Jahr.

Sultan Al Jaber COP28-Präsident

Al-Jaber leitet den staatlichen Energiekonzern ADNOC. Auch dort zeigen die Aktivitäten jenseits hübscher Worte: ADNOC treibt zwischen 2023 und 2025 die zweitmeisten (!) Öl- und Gasexpansionen voran – und das im weltweiten Vergleich. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse der Organisation Oil Change International. Wie ist das mit einem schrittweisen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen vereinbar?

Sultan Al-Jaber hat auch wirklich positive Dinge in Richtung Erneuerbare Energien und Energieeffizienz vorangebracht – schließlich ist er auch gewichtiger Teil von Masdar als großem Player im Bereich erneuerbarer Energien. Aber als Industrieminister und Unternehmer sowie Vertreter eines Landes mit gewaltigen fossilen Reserven werden Erneuerbare Energien stets eine Randnotiz bleiben, weil es noch viel zu einfach ist, mit den fossilen Energieträgern Milliarden zu scheffeln.

„Ausstieg aus fossilen Brennstoffen unvermeidlich“

Ein Signal der Hoffnung gibt es seit Sommer diesen Jahres. Im Juni lud die Bundesregierung zur Bonner Klimakonferenz ein, bei der Sultan Al Jaber sagte: „Der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen ist unvermeidlich.“ Daneben forderte er ein „Energiesystem frei von ungebremsten fossilen Brennstoffen.“ Klingt wieder nicht schlecht auf den ersten Blick, aber so wie das Wort „Erweiterung“ für Stirnrunzeln sorgt, ist es hier die Bezeichnung „ungebremst“. Nach einer dringend notwendigen Vollbremsung klingt das nicht.

Wird COP28 trotzdem der Anfang vom Ende von Öl und Gas? Nein, denn dieser Anfang vom Ende ist bereits eingeläutet. Das weiß auch Sultan Al-Jaber. Alle Aktivitäten der Unternehmen und Klimaschmutzlobbys zielen darauf ab, das fossile Ende hinauszuzögern. Ein klares Bekenntnis zum Ausstieg aus Öl und Kohle hat die fossile Lobby bereits in Glasgow verhindert. Es wäre eine Sensation, würde sich das diesmal ändern.

Befürchtungen etwa von Journalisten-Kollegin Viola Kiel, es würde fossile Festspiele in Dubai geben, könnten sich also durchaus bestätigen. Schon im Mai 2023 war die Absetzung von Al-Jaber gefordert worden, nachdem es einen veritablen E-Mail-Skandal gegeben hatte. Dieser zeigt, wie eng die Verstrickungen zwischen Al-Jabers rollen als Industrieminister, CEO und COP28-Präsident sind: Interessenskonflikte überall.

Emissionsfreie Agenda mit CCS?

Wie wichtig aber die Zusammenführung der Welt auf gemeinsame Ziele wäre, zeigt diese Abbildung, die zeigt, welche Länder auf einem guten und welche auf einem schlechten Pfad in Richtung Klimaneutralität sind. Während VAE die eigenen Klimaziele – Sultan Al-Jaber ist Klimagesandter seines Landes – krachend verfehlen wird, ist etwa auch die Rolle Norwegens fragwürdig: Einerseits setzt das Land auf die fragwürdige CCS-Technologie. Andererseits sorgt man im eigenen Land für die Verbreitung erneuerbarer Energien, von Elektroautos und Wärmepumpen – fossile Brennstoffe werden aber trotzdem noch gefördert und exportiert.

Climate Action Tracker vor COP28

Die VAE haben sich offiziell für eine „emissionsfreie“ Agenda für fossile Brennstoffe eingesetzt, in dem sie den Einsatz von CCS im Energiesektor anstelle eines Ausstiegs aus Öl und Gas propagierten.
Die Mitverbrennung fossiler Brennstoffe mit erneuerbaren Ressourcen wird niemals wettbewerbsfähig sein: Mehrere Regierungen fördern nun die Verwendung von Brennstoffen aus erneuerbaren Energien, um den Einsatz fossiler Brennstoffe in bestehenden Infrastrukturen zu reduzieren – mit dem eindeutigen Risiko, dass diese am Ende mit fossilen Brennstoffen betrieben werden.

Die Forderungen an COP28 sind deutlich:

  • Ein globales Ziel für den Ausbau erneuerbarer Energien und Energieeffizienz, mit einem jährlichen Zubau von mindestens einem Terawatt.
  • Ein verbindliches Abkommen über den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen wie Öl und Gas.

Demgegenüber stehen vier Forderungen der Präsidentschaft:

  • Beschleunigung der Energiewende und Senkung der Emissionen vor 2030;
  • Umgestaltung der Klimafinanzierung, indem alte Versprechen eingelöst werden und der Rahmen für ein neues Finanzierungsabkommen geschaffen wird;
  • die Natur, die Menschen, das Leben und die Lebensgrundlagen in den Mittelpunkt der Klimamaßnahmen stellen; und
  • Mobilisierung für die inklusivste COP aller Zeiten. (Quelle hier)

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Konferenz entwickeln wird und ob sie tatsächlich einen bedeutenden Schritt in Richtung Klimaschutz machen kann. Die Hoffnung auf positive Veränderung ist groß, doch die Skepsis angesichts der Rolle von ADNOC und Sultan Al Jaber ist ebenso präsent. In jedem Fall wird COP28 ein wichtiger Meilenstein sein, um die globale Klimapolitik voranzubringen und die dringend notwendigen Maßnahmen zum Schutz unseres Planeten zu ergreifen – oder sie eben gerade nicht zu ergreifen.

Aktuelle Klima-News gibt es hier im Ticker. Mehr zum Klimawandel als Einstieg dort. Hier finden Sie einen Beitrag über potenzielle Klimawandel-Schäden.

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