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Deutschlands größte Abwasserwärmepumpe versorgt 39.000 Haushalte

Abwasser als Wärmequelle: Hamburg nutzt 12 °C warmes Abwasser als Energiequelle im städtischen Wärmesystem

Hamburg will seine städtische Wärmeversorgung klimafreundlicher machen – mit gereinigtem Abwasser als Energiequelle. Auf dem Klärwerk Dradenau entsteht dazu Deutschlands größte Abwasserwärmepumpe. Ab 2026 soll die 60-Megawatt-Anlage Fernwärme liefern und damit einen spürbaren Beitrag zur Reduktion fossiler Energieträger in der Hansestadt leisten.

Die Nutzung von Abwasserwärme ist ein Paradebeispiel dafür, wie bestehende kommunale Infrastruktur für die Energiewende eingesetzt werden kann. Abwasser ist in jeder Stadt verfügbar, und seine gleichbleibende Temperatur macht es zu einer verlässlichen Energiequelle. Hamburg zeigt, wie man diese Ressource effizient nutzt, und könnte damit ein Vorbild für andere Metropolen sein.

Technik im Fokus: Wie die Wärmepumpe funktioniert

Das Herzstück der Anlage sind vier Kompressionswärmepumpen mit jeweils 15 Megawatt Leistung. Sie nutzen die Restwärme des gereinigten Abwassers, das am Klärwerksablauf ganzjährig mindestens 12 Grad Celsius hat. Diese Temperatur mag niedrig erscheinen, doch für Wärmepumpen ist sie ideal. Durch einen vierstufigen Verdichtungsprozess wird Wasser auf bis zu 95 Grad Celsius erhitzt, das dann als Fernwärme genutzt wird. Pro Sekunde fließen 2,6 Kubikmeter Abwasser durch die Anlage – vergleichbar mit dem Volumen von etwa 16 Badewannen.

Die erzeugte Wärme wird in den benachbarten Energiepark Hafen geleitet. Dort kann sie zwischengespeichert, bei Bedarf durch eine Gas- und Dampfturbinenanlage weiter erhitzt oder direkt ins Hamburger Fernwärmenetz eingespeist werden. Von den 60 Megawatt thermischer Leistung stammen etwa 39 Megawatt direkt aus dem Abwasser, der Rest wird durch den Strombedarf der Wärmepumpen gedeckt. Die Stromversorgung erfolgt über das 110-kV-Netz, was eine stabile und effiziente Energiequelle garantiert.

Die Technologie ist nicht neu, aber die Größe und Effizienz der Anlage setzen Maßstäbe. Sie zeigt, wie moderne Wärmepumpen mit hoher Leistung und intelligenter Integration in bestehende Netze funktionieren können.

Der Energiepark Hafen: Ein Baustein der Wärmewende

Die Abwasserwärmepumpe ist Teil des Energieparks Hafen, einem modularen Konzept, das verschiedene klimaneutrale Wärmequellen bündelt. Neben der Abwasserwärme kommen hier Abwärme aus Müllverbrennung, industriellen Prozessen und weiteren Kläranlagen zum Einsatz. Der Energiepark verfolgt ein ambitioniertes Ziel: das fossile Heizkraftwerk Wedel, das noch auf Kohle setzt, bis 2030 vollständig zu ersetzen. Damit soll Hamburgs Wärmeversorgung schrittweise von fossilen Brennstoffen befreit werden.

Dieser Ansatz ist zukunftsweisend, da er Flexibilität und Redundanz schafft. Durch die Kombination mehrerer Wärmequellen kann der Energiepark Schwankungen in der Verfügbarkeit ausgleichen und eine stabile Versorgung sicherstellen. Gleichzeitig wird die Abhängigkeit von fossilen Energien reduziert, was Hamburgs Klimaziele unterstützt.

Wer macht’s möglich? Akteure und Finanzierung

Das Projekt ist ein Beispiel für gelungene Zusammenarbeit kommunaler Akteure. HAMBURG WASSER, der städtische Wasserversorger, ist Eigentümer der Anlage und verantwortlich für Planung, Bau und Betrieb. Die Hamburger Energiewerke finanzieren das Vorhaben mit rund 60 Millionen Euro, steuern die Wärmepumpen und sorgen für die Einspeisung der Energie ins Fernwärmenetz. Die technische Ausstattung umfasst vier 15-Megawatt-Aggregate mit vierstufigen Turboverdichtern, die für hohe Effizienz und Zuverlässigkeit ausgelegt sind.

Die enge Kooperation zwischen den beiden städtischen Unternehmen zeigt, wie wichtig ein abgestimmtes Vorgehen für die Umsetzung solcher Projekte ist. Sie vereint Expertise in Wasserwirtschaft und Energiewirtschaft, um eine nachhaltige Lösung zu schaffen.

Klimaschutz mit messbaren Ergebnissen

Die Abwasserwärmepumpe leistet einen spürbaren Beitrag zum Klimaschutz. Bei einer Betriebszeit von etwa 5.000 Stunden pro Jahr spart die Anlage bis zu 90.000 Tonnen CO₂ ein – das entspricht den jährlichen Emissionen von etwa 45.000 Autos. Dieser Effekt entsteht, weil fossile Wärmeerzeugung, etwa durch Kohle oder Gas, weitgehend vermieden wird. Die Energieeffizienz der Anlage ist ebenfalls beachtlich: Rund 65 Prozent der Wärmeleistung stammen direkt aus dem Abwasser, der Rest wird durch Strom für die Pumpen bereitgestellt.

Darüber hinaus reduziert die Nutzung von Abwasserwärme die Abhängigkeit von schwankenden Rohstoffpreisen und geopolitischen Unsicherheiten, die mit fossilen Brennstoffen einhergehen. Sie nutzt eine lokale, ständig verfügbare Ressource, die unabhängig von externen Lieferketten ist.

Ein Vorbild für andere Städte

Das Projekt in Hamburg ist nicht nur für die Hansestadt relevant, sondern hat Modellcharakter. Abwasserwärme ist in nahezu jeder Stadt verfügbar, und die Technologie ist skalierbar. Kleinere Wärmepumpen könnten in anderen Kommunen ähnliche Effekte erzielen, insbesondere in Kombination mit Fernwärmenetzen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Integration in bestehende Infrastrukturen und der Zusammenarbeit zwischen Kommunen, Energieversorgern und Technologieanbietern.

Entscheidend ist jedoch, solche Ansätze flächendeckend auszubauen. Der Kohleausstieg in der Wärmeversorgung ist überfällig, und Projekte wie die Abwasserwärmepumpe in Hamburg zeigen, wie der Übergang gelingen kann. Sie liefern nicht nur Wärme, sondern auch einen Beweis dafür, dass die Energiewende auf kommunaler Ebene machbar ist.

Herausforderungen und Ausblick

Trotz der Vorteile gibt es Herausforderungen. Der Bau und Betrieb solcher Anlagen erfordern hohe Investitionen und technisches Know-how. Zudem muss der Strom für die Wärmepumpen möglichst aus erneuerbaren Quellen kommen, um die Klimabilanz weiter zu verbessern. Hamburg plant, den Anteil erneuerbarer Energien im Strommix zu erhöhen, was die Effizienz solcher Projekte langfristig steigern wird.

Ein weiterer Aspekt ist die Akzeptanz in der Bevölkerung. Während die Technologie sauber und sicher ist, könnten Vorbehalte gegenüber der Nutzung von Abwasser bestehen. Hier ist transparente Kommunikation wichtig, um die Vorteile und die Umweltfreundlichkeit des Projekts zu vermitteln.

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