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Batteriespeicher mit netzbildenden Wechselrichtern: Pionieranlage in Föhren setzt neue Maßstäbe

Forschungsprojekt SUREVIVE testet innovative Technologie zur Netzstabilisierung – Anlage ist schwarzstartfähig und kann nach Blackouts das Stromnetz wieder hochfahren

Die Energiewende braucht intelligente Speicherlösungen. In Föhren im Kreis Trier-Saarburg hat Schoenergie nun einen Großspeicher mit netzbildenden Wechselrichtern eingeweiht, der mehr kann als nur Strom zu speichern. Die Anlage gilt als Meilenstein für die Netzstabilität der Zukunft. Der Batteriespeicher in Föhren ist nach Angaben der Projektbeteiligten der erste seiner Art im Verteilnetz Kontinentaleuropas.

Mit einer Leistung von 21 Megawatt und einer Kapazität von 55 Megawattstunden ist die Anlage direkt an ein Umspannwerk angebunden. Sie teilt sich den Netzanschluss mit einer 20-Megawatt-Photovoltaikanlage, was eine besonders effiziente Nutzung der Infrastruktur ermöglicht.

Das Besondere an der Anlage: Netzbildende Wechselrichter. Diese arbeiten üblicherweise „netzfolgend“ und passen sich dem vorhandenen Stromnetz an. Die in Föhren eingesetzten Geräte funktionieren jedoch wie virtuelle Generatoren und sorgen aktiv dafür, dass Spannung und Frequenz im Netz stabil bleiben. Diese Technologie könnte künftig die Rolle übernehmen, die bisher konventionelle Kraftwerke innehaben.

Was ist ein netzbildender Wechselrichter und warum ist er wichtig?

Um die Bedeutung der Innovation in Föhren zu verstehen, muss man den Unterschied zwischen herkömmlichen und netzbildenden Wechselrichtern kennen. Konventionelle Wechselrichter, wie sie bei den meisten Photovoltaik- und Windkraftanlagen zum Einsatz kommen, arbeiten „netzfolgend“. Das bedeutet, sie orientieren sich an einem bereits bestehenden stabilen Stromnetz mit fester Frequenz (50 Hertz in Europa) und Spannung. Diese Wechselrichter können nur dann Strom einspeisen, wenn das Netz bereits stabil läuft – sie sind gewissermaßen Trittbrettfahrer des Systems.

Netzbildende Wechselrichter hingegen können selbst ein stabiles Stromnetz aufbauen und aufrechterhalten. Sie erzeugen eigenständig die erforderliche Spannung und Frequenz und können damit wie traditionelle Generatoren in Kraftwerken agieren. Diese Fähigkeit wird mit dem zunehmenden Ausbau erneuerbarer Energien immer wichtiger, da konventionelle Kraftwerke zunehmend vom Netz gehen. Ohne netzbildende Technologien würde das Stromnetz instabil werden, sobald der Anteil erneuerbarer Energien einen kritischen Wert überschreitet.

Ein weiterer entscheidender Vorteil ist die Fähigkeit zur schnellen Reaktion auf Netzschwankungen. Netzbildende Wechselrichter können innerhalb von Millisekunden auf Frequenzabweichungen reagieren und diese ausgleichen – deutlich schneller als herkömmliche Kraftwerke. Diese Eigenschaft ist essenziell für die Netzstabilität, denn in einem Stromnetz müssen Erzeugung und Verbrauch jederzeit exakt im Gleichgewicht sein. Schon kleine Abweichungen können zu Frequenzschwankungen führen, größere zu regionalen oder überregionalen Stromausfällen.

Forschungsplattform für die Energiezukunft

Der Speicher ist Teil des Projekts „SUREVIVE“ und dient als Forschungsplattform unter realen Bedingungen. Hier wird getestet, wie große Batteriespeicher in Kombination mit netzbildenden Wechselrichtern zur Netzstabilität beitragen können. Ein Schwerpunkt liegt auf der sogenannten Momentanreserve, mit der sich Frequenzschwankungen binnen weniger Sekunden ausgleichen lassen.

An dem Projekt sind neben Schoenergie auch der Verteilnetzbetreiber Westnetz, das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE und die Universität Stuttgart beteiligt. Die Jury des pv magazine hat das Projekt bereits als „top innovation“ ausgezeichnet. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen zeigen, wie das Stromnetz der Zukunft auch ohne fossile Kraftwerke sicher und stabil betrieben werden kann.

Schwarzstartfähigkeit als Sicherheitsnetz

Eine weitere Besonderheit der Anlage ist ihre Schwarzstartfähigkeit. Im Falle eines vollständigen Stromausfalls kann die Kombination aus Speicher, netzbildendem Wechselrichter und angeschlossener Photovoltaikanlage einen Inselbetrieb ermöglichen. Damit lässt sich das Stromnetz nach einem Blackout wieder hochfahren – eine kritische Fähigkeit, die bislang fast ausschließlich konventionellen Kraftwerken vorbehalten war.

Die rheinland-pfälzische Energie- und Klimaschutzministerin Katrin Eder betonte bei der Einweihung die Bedeutung solcher Innovationen. „Batteriespeicher sind unverzichtbare Partner beim weiteren Ausbau der Photovoltaik und deren kosteneffizienter Netzanbindung“, so Eder. Sie verwies darauf, dass sich die installierte PV-Leistung in Rheinland-Pfalz zwischen 2019 und 2024 mehr als verdoppelt hat – von 2.302 auf 5.102 Megawatt.

Systemdienstleistungen für ein erneuerbares Stromnetz

Die Anlage in Föhren übernimmt Systemdienstleistungen, die bislang konventionelle Kraftwerke erbringen. Dazu gehört insbesondere die Momentanreserve, auch als Trägheit oder Schwungmasse des Netzes bekannt. In herkömmlichen Kraftwerken sorgen die rotierenden Massen großer Generatoren dafür, dass Frequenzschwankungen kurzfristig abgepuffert werden. Diese physikalische Eigenschaft fehlt Solar- und Windkraftanlagen mit herkömmlichen Wechselrichtern naturgemäß.

Der netzbildende Wechselrichter in Föhren simuliert diese Trägheit elektronisch und kann dadurch die gleiche stabilisierende Wirkung entfalten. Zudem ist die Anlage in der Lage, innerhalb von Sekundenbruchteilen auf Netzschwankungen zu reagieren und diese auszugleichen. Diese Flexibilität macht Batteriespeicher mit netzbildenden Wechselrichtern zu einem Schlüsselelement für die Energiewende, da sie die Lücke schließen, die durch den Rückgang konventioneller Kraftwerkskapazitäten entsteht.

Rheinland-Pfalz als Speicher-Hotspot

Die Zahlen unterstreichen die Dynamik der Speicherentwicklung in der Region. Bis Ende August waren in Rheinland-Pfalz etwa 124.000 Batteriesysteme mit einer Bruttoleistung von fast 830 Megawatt in Betrieb. Die nutzbare Speicherleistung liegt bei über 1.200 Megawattstunden. Mit dem Projekt in Föhren positioniert sich das Land als Vorreiter bei innovativer Speicher- und Wechselrichtertechnologie.

Das SUREVIVE-Projekt zeigt exemplarisch, wie technologische Innovationen die Energiewende voranbringen können. Die Erkenntnisse aus Föhren dürften wegweisend sein für den weiteren Ausbau erneuerbarer Energien in ganz Europa. Denn ohne intelligente Speicherlösungen und stabile Netze ist die Transformation des Energiesystems nicht zu schaffen.

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