Planungsansicht der Gemeinde Klostermansfeld
Europas größter Batteriespeicher in Klostermansfeld (Sachsen-Anhalt): Warum das Projekt am Umspannwerk systemisch relevant ist
Zelos Energy Developments aus Berlin projektiert Großspeicher (1 GW / 5,7 GWh), der Redispatch-Kosten am Netzknotenpunkt reduzieren soll
In Klostermansfeld, Sachsen-Anhalt, entsteht ein Batteriespeicherprojekt von außergewöhnlicher Dimension: Direkt neben dem Umspannwerk Zirkelschacht plant die Berliner Zelos Energy Developments GmbH eine Anlage mit 5,7 Gigawattstunden (GWh) Kapazität und einem Gigawatt (GW) Leistung. Die Gemeinde spricht von der größten Investition ihrer Geschichte. Entscheidender als der symbolische Charakter sind jedoch die technischen Eckdaten und die Wahl des Standorts: Als Flexibilitätsbaustein könnte der Speicher künftig helfen, das Stromsystem zu stabilisieren, Preisspitzen zu glätten und Abregelungen zu vermeiden.
Technologie und Standort: Warum der Netzknoten entscheidend ist
Batteriespeicher sind keine Ersatzkraftwerke, sondern „zeitliche Brücken“ im Stromsystem: Sie speichern Überschussstrom aus Solar- und Windanlagen und speisen diesen bei Bedarf wieder ein. Die geplante Kombination aus 1 GW Leistung und 5,7 GWh Energieinhalt bedeutet rechnerisch, dass der Speicher etwa sechs Stunden lang mit voller Leistung Strom liefern könnte.
Besonders wichtig: Der Standort direkt am Umspannwerk. Dort, wo Stromflüsse gebündelt werden und Engpässe auftreten können, kann ein Speicher besonders effektiv wirken. Solche Knotenpunkte im Netz sind Schlüsselorte für die Integration von Flexibilität und die Stabilisierung der Stromnetze.
Projektträger: Zelos Energy Developments
Die Zelos Energy Developments GmbH verantwortet das Vorhaben und nennt es „van Gogh“. Im Dezember 2025 informierte die Gemeinde Klostermansfeld umfassend über den aktuellen Stand: Die Baugenehmigung liegt vor, und das Projekt befindet sich in der Phase der Bauvorbereitung. Die Geschäftsführer Timo Juritsch und Joshua Seib begleiten den Prozess seit mehreren Jahren in engem Austausch mit der Kommune.
Zelos kommuniziert transparent über eine eigene Projektseite, die Informationen zum Standort, zur Planung und zum Beteiligungsprozess bereitstellt.
Bedeutung für die Gemeinde Klostermansfeld
Klostermansfeld, eine Gemeinde mit rund 3.000 Einwohnern im Landkreis Mansfeld-Südharz, bezeichnet den Speicher als größte Investition ihrer Geschichte, wie auch die Mitteldeutsche Zeitung berichtet. Sichtbar wird das an mehreren konkreten Projekten: So soll mit Unterstützung des Projektierers u. a. ein neuer Spielplatz entstehen, der lange aufgeschoben wurde. Auch energetische Sanierungen an kommunalen Gebäuden sowie Investitionen in die örtliche Infrastruktur (z. B. Breitband und Straßenbeleuchtung) stehen im Raum.
Zudem rechnet die Gemeinde mit:
- zusätzlichen Gewerbesteuereinnahmen,
- wirtschaftlichen Impulsen für lokale Unternehmen in der Bauphase,
- einem stärkeren Standortprofil für Energieprojekte.
Begleitet wird das Projekt durch Bürgermeistersprechstunden, Informationsveranstaltungen und Beratungen im Gemeinderat. Eine zentrale Rolle spielt dabei Bürgermeister Frank Ochsner, der zugleich ehrenamtlicher Feuerwehrchef in Klostermansfeld ist. Er steht nicht nur für administrative Begleitung, sondern verkörpert auch den direkten Draht zu den Bürger*innen – ein Faktor, der für das Vertrauen in das Projekt entscheidend ist.
Zeitplan und Erwartungen
Die aktuell kommunizierten Eckdaten lauten:
- Baubeginn: Winter 2026
- Bauende: Herbst 2027
- Inbetriebnahme: Sommer 2028
Wie bei Großprojekten üblich, ist dieser Zeitplan in frühen Phasen vorläufig. Lieferketten, Netzanschluss und regulatorische Entwicklungen können Verzögerungen verursachen.
Mehr dazu auch im Lokal-Fernsehen:
Systemische Relevanz: Was Batteriespeicher leisten können – und was nicht
Große Batteriespeicher spalten oft die Meinung: Für die einen sind sie überbewertet, für die anderen ein Allheilmittel der Energiewende. Dabei liegt der Nutzen – wie so oft – in der konkreten Anwendung. Der Speicher in Klostermansfeld wird nicht über Wochen Strom liefern oder das Netz allein stabil halten. Aber er kann gezielt dann einspringen, wenn kurzfristig viel Wind- oder Solarstrom im Netz ist und kein Abnehmer zur Stelle. Genau in solchen Momenten kann er Preisspitzen glätten, Netzengpässe entschärfen oder verhindern, dass Erneuerbare abgeregelt werden.
Was der Speicher nicht leisten kann, ist ebenso wichtig: Er ersetzt keine saisonalen Speicher für Wintermonate, keine Reservekraftwerke für tagelange Dunkelflauten – und schon gar nicht den Netzausbau.
Gleichzeitig zeigt das Projekt, dass Energiewende-Infrastruktur nicht zwangsläufig auf Kosten wertvoller Agrarflächen gehen muss. Die Anlage in Klostermansfeld soll auf einer versiegelten Industriebrache errichtet werden – in einem Bundesland, das von Braunkohletagebauen geprägt ist und viele ehemalige Industrieflächen birgt, die sich für solche Projekte eignen. Sorgen um Flächenkonkurrenz sind also verständlich, aber in diesem Fall unbegründet.
Gerade weil sein Nutzen so spezifisch ist und die Standortwahl mit Bedacht erfolgt, verdient das Vorhaben Aufmerksamkeit: Ein Speicher dieser Größe, direkt an einem zentralen Netzknoten errichtet, kann zeigen, wie systemdienliche Flexibilität in der Praxis aussieht – und welchen Unterschied sie dort macht, wo es im Stromnetz wirklich eng wird.
Kein Einzelfall: Die Batterie-Welle rollt
Klostermansfeld ist Teil einer größeren Entwicklung. Bei den vier deutschen Übertragungsnetzbetreibern liegen aktuell Netzanschlussanfragen für über 500 Gigawatt Batteriespeicherleistung vor. Zum Vergleich: Deutschland braucht bis 2035 schätzungsweise 55 bis 100 GW, um ein zu 100 Prozent erneuerbares Stromsystem flexibel zu betreiben. Die Anfragen übersteigen den Bedarf um das Fünf- bis Neunfache.
Das Problem ist nicht Kapital oder Technologie – beides ist da. Der Engpass sind Netzanschlüsse: 50Hertz, der zuständige Übertragungsnetzbetreiber für Ostdeutschland, hat seine Anschlusskapazitäten bis 2029 bereits erschöpft. Die Branche spricht intern vom „Batterie-Tsunami“.
Projekte wie Klostermansfeld zeigen: Die S-Kurve der Batteriespeicher will steil nach oben. Die Frage ist nicht mehr ob, sondern wie schnell wir sie lassen.
Einordnung: Systemwirkung statt Haushaltsvergleich
Die öffentliche Kommunikation verwendet oft vereinfachte Größen wie „x Haushalte für y Stunden“. Solche Vergleiche greifen zu kurz: Ein Batteriespeicher speist ins Netz ein – nicht direkt in Haushalte. Wichtig ist stattdessen:
- Leistung (GW): Wie schnell kann Strom aufgenommen/abgegeben werden?
- Kapazität (GWh): Wie lange kann der Speicher diese Leistung liefern?
- Standort: Wo entsteht netzdienliche Wirkung?
Offene Punkte und Ausblick
Noch nicht öffentlich einsehbar sind:
- technische Details (Zellchemie, fortlaufende Überwachung und exaktes Brandschutzkonzept),
- Betriebsstrategie (vermarktete Dienste, Netzdienlichkeit),
- Vertrags- und Finanzierungsstruktur,
- Umweltschutzmaßnahmen.
Diese Informationen werden typischerweise in späteren Projektphasen transparent.
Skalierbare Systemlösung oder Einzelfall?
Der Batteriespeicher in Klostermansfeld ist kein Symbolprojekt, sondern ein potenzieller Systembaustein. Wenn es gelingt, Flexibilität gezielt am Netzknoten bereitzustellen, könnte das Projekt bundesweit Signalwirkung entfalten: für eine netzdienliche Integration Erneuerbarer, für einen effizienteren Netzbetrieb – und als Baustein für ein flexibles Stromnetz 2035.
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