Werbung

Präzisionsfermentation: Wie Planet A Foods die kakaofreie Schokolade ChoViva herstellt

Cleantech-Startup will Schokolade um den Faktor 10 klimafreundlicher, und Kakao inklusive Kinderarbeit für den Massenmarkt überflüssig machen.

Der Klimawandel – zuletzt gezeigt im IPCC-Report – lehrt uns schmerzlich, dass wir unsere Landwirtschaft, unseren Umgang mit Ressourcen vollständig umkrempeln müssen. Hinzu kommen Probleme mit Kinderarbeit und miserabel bezahlter Arbeit unter hohem Druck und massiven Bedingungen. Ein deutsches Cleantech-Startup – Planet A Foods – will zumindest einen Teil dieser Zustände verändern – und leckere, vegane Schokolade ohne Kakao auf den Markt bringen. Mit ChoViva will das Münchener Cleantech-Startup das Verfahren der Präzisionsfermentation nutzen, das auch laut Tony Sebas Denkfabrik RethinkX zu einer Disruption des Nahrungsmittelsektors führen wird.

Die Schokoladenindustrie will seit langem, die Zustände beim Abbau von Kakao verbessern, wie auch in diesem Beitrag über die Schalenknacker deutlich wird. Wer genau hinsieht, muss aber erkennen, dass die Probleme weiterhin vorhanden sind: In der Elfenbeinküste werden Regenwälder für Kakaoplantagen abgeholzt. Ein Drittel des Rohstoffs kommt von dort. In 50 Jahren sind dort 80 Prozent der Wälder verloren gegangen (siehe auch regenwald.org). Der CO2-Fußabdruck von Schokolade ist nicht viel besser als der von Fleisch und Milchprodukten.

Allein in Westafrika, insbesondere der Elfenbeinküste und Ghana, arbeiten 1,5 Millionen Kinder unter unwürdigen Bedingungen für den Abbau von Kakao. Die Schokoladenindustrie hat ihre Ziele zur Eindämmung nicht erreicht, wie auch hier nachzulesen ist. Die Kakaobauern leben unter der Armutsgrenze. Kindern wird, weil sie arbeiten müssen, der Zugang zu Bildung verwehrt. Teilweise werden die Kinder verschleppt, wie Sklaven gehalten, und nicht einmal bezahlt. Klar ist, dass sich an diesen Zuständen in Zukunft etwas ändern muss. Etwas Grundlegendes.

Pflanzenbasierte Schokolade Choviva ohne Kakao

Eine Alternative wird es in Zukunft sein, pflanzenbasiert Schokolade herzustellen, die keinen Kakao mehr braucht. Das Cleantech-Startup Planet A Foods, das vor wenigen Tagen erst so richtig publik wurde, hat genau das vor – das Unternehmen hofft, über das Verfahren der Präzisionsfermentation innerhalb von fünfzehn Jahren den in der Massenprodukten verwendeten Kakao weitgehend ersetzen zu können.

Präzisionsfermentation meint dabei einen neuartigen Entwicklungsprozess, innerhalb dessen Mikroorganismen so programmiert werden, das organische Moleküle jeder Art und Komplexität hergestellt werden können. ChoViva ist also sozusagen das für Schokolade, was Oatly für Milch ist: Die klimafreundlichere, gesündere und (perspektivisch) preisgünstigere Alternative.

Eine der Gründerinnen ist Sara Marquart, sie kommt aus der Lebensmittelwissenschaft, arbeitete bislang in einem anderen Lebensmittel-Startup, und entschied sich gemeinsam mit ihrem Bruder Dr. Maximilian Marquart, an kakaofreier Schokolade zu arbeiten. Der erste Schritt: In der Küche des Bruders wurden sieben Geräte vom Typ Thermomix aufgestellt. Sie begannen, den einzigartigen „Fingerabdruck“ von Schokolade zu analysieren – also von rohem Kakao, von fermentiertem Kakao und geröstetem Kakao, um zu erfahren, warum die Kakao-Bohne geschmacklich derart besonders ist.

QOA Gründer Sara und Maximilian Marquart und Ana Carolina Alex.

Ähnliche Analysen machte die Planet A Foods-Gründern im Anschluss mit Nebenprodukten der Lebensmittelproduktion: Rückständen, die beim Pressen von Sonnenblumenkernen zur Ölgewinnung anfallen. Eine Handvoll so identifizierter Zutaten wurde anschließend zusammengemixt – das Endprodukt kann nach der Fermentierung wie herkömmlicher Kakao geröstet und getrocknet werden.

Planet A Foods entsteht nach erfolgreichen Tests

Doch die so hergestellte Schokolade bekam nicht sofort sehr gute Noten. Erst mit der Überarbeitung der Rezeptur und immer neuen Proben für Tester, entstanden gute Bewertungen dafür. Das Ergebnis: Schokoladensensorik-Experten der Fraunhofer-Gesellschaft untersuchten das Lebensmittel, und fanden keinen Unterschied zwischen der ChoViva-Schokolade und herkömmlicher Schokolade: Der Startschuss für die Marquarts, die Planet A Foods (früher: NXFoods GmbH) zu gründen.

Mittlerweile haben die Gründer ersten Kontakt zu großen Schokoladenmarken – im kommenden Jahr könnten Pilotversuche beginnen. Durch die Verwendung von Nebenprodukten der Produktion – konkreter wird das Geheimnis der Rezeptur bislang nicht gelüftet – könnte die Schokolade zehnmal umweltfreundlicher sein als bisherige Schokolade.

Das Ziel ist eine Lösung für den Massenmarkt, die klimafreundlicher ist, und gleichzeitig die Ausbeutung von Kindern reduziert. Dabei helfen wird die finanzielle Beteiligung des YCombinator, die vor wenigen Tagen bekanntgegeben wurde.

Dieser Artikel entstand im Jahr 2021 – letzte Aktualisierung im März 2024.

c849e9fdc42046a99077a70e84a8c597
% S Kommentare
  1. Anne Peters sagt

    Mal abgesehen davon, dass regionale Lebensmittel grundsätzlich zu befürworten sind, wovon leben die Kinder und ihre Familien, wenn sie diese Arbeit nicht mehr haben?
    Oder müssten vielleicht die großen Konzerne die Preise für Kakao nicht mehr drücken und die Plantagenbesitzer besser kontrolliert werden?
    Die Fragen von Umwelt und Hunger sind viel komplexer als allgemein gern propagiert wird!

    1. Martin Jendrischik sagt

      Hallo Anne,

      natürlich sind die Fragen von Umwelt und Hunger komplex. Bei Cleanthinking.de geht es darum, sinnvolle Technologien vorzustellen und Wege aufzuzeigen, wie unsere mannigfaltigen Probleme gelöst werden können. Dazu zählt ganz speziell die Technologie der Präzisionsfermentation.

      Wegen Arbeit: Erstens werden wir bald 10 Milliarden Menschen auf der Welt sein. Zweitens werden sich die Massen-Plantagen etwa für die Kakaoabbau auf mehr Qualität konzentrieren können. Denn ich vermute, dass den Massenmarkt sowas wie Präzisionsfermentation übernehmen wird – es aber trotzdem weiter hochwertige Produkte mit Kakao geben wird.

      Viele Grüße,
      Martin Jendrischik

Hinterlasse eine Antwort

Ihre Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.