Vulcan Energy eröffnet Lithiumextraktionsoptimierungsanlage in Landau
Cleantech-Startup Vulcan Energy will ab Ende 2025 24.000 Tonnen Lithium aus Thermalwasser fördern. Investition? 1,5 Milliarden Euro.
Das deutsch-australische Cleantech-Unternehmen Vulcan Energy will in Deutschland nachhaltiges Lithium für die Automobilindustrie erzeugen. Bislang ist der Lithium-Abbau und die Weiterverarbeitung des Rohstoffs zu Li-Hydroxid nicht unproblematisch. Ein entscheidendes Problem sind lange Lieferketten. Vulcan Energie arbeitet u.a. in Landau in der Pfalz und in Frankfurt am Main daran, Lithium aus Thermalwasser zu gewinnen. Volkswagen, Stellantis und Renault sind potenzielle Abnehmer.
Table of Contents
Die Mission von Vulcan Energy
Das deutsch-australische Cleantech-Unternehmen investiert viele Millionen Euro in die eigene Mission: Hoch-qualitatives Lithiumhydroxid auf Basis von Thermalwasser im Oberrheingraben zu gewinnen und für die Autoindustrie aufzubereiten. Ende 2025 sollen die ersten Abnehmer wie Volkswagen und Renault beliefert werden.
Auf der Webseite heißt es: „Vulcan ist entschlossen, die Transformation hin zu einer klimaneutralen Zukunft voranzutreiben. Ziel des Unternehmens ist es, im Rahmen seines Zero Carbon Lithium-Projekts klimaneutrales Lithium zu gewinnen und Erneuerbare Energie bereitzustellen. Aus Europa. Für Europa.“
Der Knackpunkt bisher: Wenn das Thermalwasser aus dem Untergrund aufsteigt, enthält es neben Lithium auch eine Vielzahl gelöster Materialien. Die Hitze von mehr als 100 Grad Celsius muss bearbeitet werden – außerdem ist das Thermalwasser sehr salzhaltig, enthält viel Natrium und Chlorid. Jeder Liter Thermalwasser aus mindestens 2.500 Meter tiefem Buntsandstein enthält 160 Milligramm Lithium.
Potenzial der Lithium-Förderung im Oberrheingraben
Das theoretische Potenzial der Lithium-Förderung im Oberrheingraben ist gewaltig: Das Oberrheintal bietet die größten Lithiumreserven Europas – ein Gesamtvolumen von fast 16 Millionen Tonnen Lithiumkarbonat-Äquivalent.
Um dieses Potenzial zu erschließen, hat Vulcan acht Explorationslizenzen im deutschen Teil des Oberrheintals erworben. Dort soll das weiße Gold aus der geothermischen Sole gewonnen werden. Außerdem verfügt es über eine Explorationslizenz für einen Standort in der Vulkanregion Monti Sabatini bei Rom.
Prognosen besagen, dass es bis 2030 nicht genügend Lithium für den Hochlauf der Elektromobilität geben wird. Allerdings sind die Preise für diesen und andere Batterierohstoffe zuletzt stark gefallen, weil weltweit Produktionskapazitäten entstehen.
Machbarkeitsstudie: 24.000 statt 15.000 Tonnen LHM ab 2025
Mitte Februar 2023 hat das Unternehmen bekanntgegeben, mehr Lithiumhydroxidmonohydrat LHM aus dem Thermalwasser im Oberrheingraben filtern zu können als bislang angenommen. Das hat diese endgültige Machbarkeitsstudie ergeben. Bedeutet: Vulcan will ab Ende 2025 schon in der ersten Produktionsphase 24.000 Tonnen LHM fördern.
48.000 Tonnen Lithiumhydroxid reicht für eine Million Elektroautos – eventuell mehr, weil der Lithium-Bedarf moderner Batterien tendenziell sinkt. Vulcan sieht sich in der Lage, 100 Prozent der Batterieindustrie in Deutschland zu versorgen – und 25 Prozent des erwarteten, europäischen Bedarfs.
Handicap: Die Investitionskosten für diese erste Phase belaufen sich auf 1,5 Milliarden Euro. Der Kapitalbedarf ist deutlich höher als bislang erwartet. Die operativen Kosten dagegen sind niedriger als bei Projekten in Lateinamerika. In der zweiten Produktionsphase könnte das Fördervolumen aus dem Thermalwasser verdoppelt werden.
Im Februar 2024 gab es hierzu eine positive Nachricht – Vulcan hat die vorläufige Prüfung der Europäischen Investitionsbank (EIB) für eine Fremdfinanzierung in Höhe von bis zu 500 Millionen Euro bestanden. Damit sind die ersten sorgfältigen Prüfungen abgeschlossen und Vulcan kann in die nächste Bewertungsphase eintreten.
Stellantis investiert 50 Millionen Euro
Schritt für Schritt treibt das Cleantech-Unternehmen seine Mission vom nachhaltigen Lithium aus Deutschland voran – und hat mit Stellantis einen künftigen Abnehmer und heutigen Investor gefunden. Seit Juni 2022 ist der Peugeot-Eigentümer mit einem 50-Millionen-Investment an Bord. Damit war der Autobauer der Erste, der eine umfangreiche Direktinvestition in die Gewinnung von Rohstoffen für Batterien tätigte.
Stellantis-Chef Carlos Tavares (Linkedin) sieht das Investment in Vulcan als strategisches Investment, um die Wertschöpfungskette für die europäische Batterieproduktion widerstandsfähiger und nachhaltiger zu machen. Der Autokonzern will bis 2030 weltweit insgesamt 5 Mio. batteriebetriebene Elektroautos verkaufen.
Neben Gründer Francis Wedin (Linkedin) ist Stellantis der zweitgrößte Anteilseigner am Cleantech-Unternehmen, das seinen Hauptsitz in Australien hat. Unterstützt wird Vulcan Energie Ressourcen, so lautet der deutsche Name, auch von einer Firmengruppe der australischen Milliardärin Gina Rinehart. Als einer der Investoren ist auch Ex-Formel-1-Fahrer Nico Rosberg an Bord.
Lithiumextraktionsoptimierungsanlage in Landau (LEOP)
Seit November 2023 betreibt Vulcan eine Lithiumextraktionsoptimierungsanlage (LEOP) in Landau in der Pfalz. Damit hat die einheimische Lithium-Produktion begonnen, denn die LEOP ist die erste europäische Anlage zur vollständigen Produktion von Lithium in Europa. Grünes Lithiumchlorid wird dort seit April 2024 gewonnen.
Mit einer Investition des Unternehmens von mehr als 40 Millionen Euro stellt die LEOP eine Anlage dar, die vor allem dazu dient, die Betriebsabläufe zu optimieren, Produktqualitätstests durchzuführen und das Produktionsteam im Hinblick auf den Betrieb der kommerziellen Anlage zu schulen und vorzubereiten.
Die weltweite Besonderheit der Anlage: Um wirklich nachhaltiges Lithium an die Autoindustrie liefern zu können – Vulcan Energy nennt das Zero Carbon Lithium – soll aus der lithiumhaltigen Sole des Oberrheingrabens auch erneuerbare Wärme gewonnen. Damit besteht die Möglichkeit, die Lithiumproduktion klimaneutral zu machen. Im Rahmen dieses Prozesses setzt Vulcan das firmeneigene Sorbens VULSORB ein.
Lesen Sie auch: Alternative Fakten: Die Wahrheit über Lithium und Kobalt
Durch Anwendung der Direkten Lithiumextraktion durch Adsorption (A-DLE) konnte das Unternehmen eine Effizienz von 90 bis zu 95 Prozent bei der Extraktion des Lithiums aus der Sole erreichen. Ein Ergebnis, das so auch bereits in Vulcans Laboren und Pilotanlagen in Insheim erreicht werden konnte.
Dort hatte Vulcan ein Geothermiekraftwerk für 31,5 Millionen Euro übernommen, das zuvor Wärme aus Thermalwasser gewann.
Lithiumelektrolyse-Optimierungsanlage in Frankfurt (CLEOP)
Im nächsten Produktionsschritt wird das Lithiumchlorid zu batteriefertigem Lithiumhydroxidmonohydrat (LHM) verarbeitet. Das wird in der Zentralen Lithiumelektrolyse-Optimierungsanlage (CLEOP), die im Industriepark in Frankfurt-Höchst entsteht, geschehen. Die Inbetriebnahme ist für Sommer 2024 vorgesehen.
Anschließend wird erstmals LHM produziert, das vollständig in Europa gewonnen wurde. Die Optimierungsanlagen LEOP und CLEOP sind die Vorläufer der geplanten kommerziellen Anlagen, die eine Produktionskapazität von 24.000 Tonnen LHM pro Jahr haben werden – genug Rohstoff für 500.000 Elektroautos.
Wissenswertes zum Unternehmen
Vulcan Energy ist börsennotiert (siehe finanzen.net). Der Kurs der Aktie ist derzeit im April 2024 bei etwa zwei Euro pro Aktie. Der deutsche Hauptsitz ist in Karlsruhe. Geschäftsführer der Vulcan Energie Ressourcen GmbH sind Carsten Bachg, Markus Ritzauer und Thorsten Weimann. Als „Türöffner“, Repräsentant und Szenekenner agiert Horst Kreuter.
Dieser Beitrag über das deutsch-australische Cleantech-Unternehmen und Lithium aus Thermalwasser entstand im Sommer 2020, wurde zuletzt am 14. April 2024 überarbeitet.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.
Statt sich zu freuen, dass wir als Deutschland solche Möglichkeiten haben und die Technologie, wird vom Deutschen Miesepeter erstmal rumgemeckert und alles in Frage gestellt… „es gibt schon zu viele, zu laute Züge“ … bla bla bla… Die gleiche Debatte wie mit den Windrädern. Windräder sind toll !!ABER NICHT BEI MIR!! Meine Gott: Mann muss auch mal was wagen und alles, was man über diese Technologie liest, scheint deutlich mehr Vorteile zu haben, als die Alternativen.
Die 4359€/t LHM sind OPEX, also Operation Expenses – da sind keine Anlagenkosten eingerechnet.
Die Investitionskosten sind die CAPEX = 1496 M€. Daher ist die Aussage mit dem Handycap falsch!
Danke, „Mr. Spock“.
Ich habe es deutlicher formuliert. Ein Handicap sind 1,5 Milliarden Investitionskosten aber dennoch.
Morgengrüße, Martin Jendrischik
Es soll in dem von den Pfalzwerken gekauften Geothermikraftwerk Insheim eine Pilotanlage zur Gewinnung von Lithiumhydroxid gebaut werden. Insheim nicht Ingelheim.
Gruß Frank
Korrekt, danke. Ist geändert.
Was bedeutet die Lithium Gewinnung aus Thermalwasser für das Grundwasser?
Was bedeutet die industrielle Verarbeitung des Thermalwassers für unsere Trinkwasservorräte?
Entstehen bei der Filterung des Lithium aus dem Thermalwasser Schadstoffe, die irgendwo entsorgt werden müssten?
Wird für Lithium aus Thermalwasser ein Preisvorteil gegenüber Lithium aus weit entferntem Bergbau erwartet?
Wie wird das Lithium von der Pfalz zu den Autofabriken transportiert? Im Rheintal gibt es ja schon jetzt zu fiel und zu lauten Eisenbahn-Güterverkehr.
Hallo Wolfgang,
bitte richten Sie Ihre Fragen direkt an die beteiligten Unternehmen.
Martin Jendrischik
Moin, mal ein paar technische Infos von einem, der nichts mit den Unternehmen zu tun hat. Aber Verfahrenstechniker ist und sich mit diversen Aufbereitung (Downstream) ganz gut auskennt.
Man leitet Thermalwasser über einen „Absorber“, der viel lieber Lithium absorbiert als Natrium. Der Rest des Wassers (also quasi alles, weil Milligramm je Liter an Lithium) geht zurück. Ist der Absorber voll (ähnlich den Brita Filtern wegen Kalzium und Magnesium), dann wird der statt weggeworfen mit einer Säure wie Salzsäure oder Schwefelsäure regeneriert. Die Lösung dann enthält bei Salzsäure zum Beispiel Lithiumchlorid, was nachfolgend aufkonzentriert und eingedampft und / oder umgefällt wird. Gängig ist Verdampfungskristallisation nebst Fällung mit CO2 oder auch Elektrodialyse zu Lithiumhydroxid. Und ich hab sicher noch Optionen vergessen.
Direkt angesprochen: Lithium aus Geothermie hat mit Fracking exakt nichts zu tun. Außer dass gebohrt wird. Es wird nur ein Ion aus dem Wasserloop eines Gothermiekraftwerks anteilig entfernt und verwertet. Es werden keine Chemikalien oder sowas eingeleitet weil vollkommen überflüssig. Lithium löst sich wie sonstwas im Wasser. Was sowieso im „Loop“ des Krafwerks läuft.