
Deutschlands neue Gasabhängigkeit: CCS als Feigenblatt oder Baustein der Energiewende?
Die CDU-geführte Bundesregierung setzt auf CCS-Gaskraftwerke. Doch wie tragfähig ist dieser energiepolitische Kurs wirklich?
Wie ernst meint es die neue schwarz-rote Bundesregierung mit dem Klimaschutz? Diese Frage stellt sich dringender denn je. Während die Klimakrise eskaliert, rückt die Regierung Merz Technologien wie Carbon Capture and Storage (CCS) und den Bau neuer Gaskraftwerke in den Fokus – als vermeintliche Antwort auf Versorgungssicherheit und Klimaneutralität. Begründung: Versorgungssicherheit und Kosten sollen in den Mittelpunkt gerückt werden. Doch ist das eine tragfähige Strategie – oder ein gefährlicher Irrweg?
Dabei steht viel auf dem Spiel. Die kommenden Jahre entscheiden, ob Deutschland seine Klimaziele einhält – oder endgültig scheitert. Der jüngste Prüfbericht des Expertenrats für Klimafragen zeigt deutlich: Die bisherige Klimapolitik reicht nicht aus, um ihrer verfassungsrechtlichen Schutzpflicht für die Bevölkerung gerecht zu werden – und die gesetzlichen Klimavorgaben zu erfüllen.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage: Reichen die neuen energiepolitischen Vorhaben aus, um das Ruder herumzureißen – oder führen sie in eine neue Abhängigkeit? CCS mag auf dem Papier wie eine technische Lösung erscheinen. Doch was steckt wirklich dahinter? Und wie sieht die Gesamtbilanz von Carbon Capture and Storage aus? Dieser Artikel geht den Versprechen auf den Grund – und ordnet sie faktenbasiert ein.
Mit dem Regierungswechsel ist ein grundlegender Kurswechsel in der Energiepolitik sichtbar geworden. Statt ausschließlich auf den Ausbau Erneuerbarer zu setzen, plant die Bundesregierung unter Friedrich Merz und Katharina Reiche nun den Neubau von Gaskraftwerken mit einer Leistung von 20 Gigawatt. Zur Begründung wird Carbon Capture and Storage CCS als zentrale Technologie präsentiert, um die mit Gas verbundenen Emissionen klimaneutral gestalten zu können. Diese Entwicklung wirft Fragen auf: Handelt es sich um einen notwendigen Zwischenschritt – oder um eine neue fossile Sackgasse?
Was bedeutet dieser Kurswechsel konkret – technologisch, wirtschaftlich, politisch? Welche Chancen bietet CCS wirklich – und welche Risiken bleiben unterbelichtet? Die Antworten darauf sind vielschichtig und hängen von zahlreichen Faktoren ab. Dieser Artikel geht der Frage auf den Grund.
Schon in früheren Cleanthinking-Artikeln, etwa zu „Northern Lights“ oder dem australischen Gorgon-Projekt, wurde die Frage aufgeworfen: Wie realistisch ist es, fossile Brennstoffe und CCS zu kombinieren, ohne in einen faulen Kompromiss zu geraten? Die Erfahrungen aus internationalen Projekten und die Einschätzungen von Experten wie Mario Buchinger und Gunnar Brink liefern wichtige Anhaltspunkte für die Bewertung der aktuellen Strategie.
…
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.