
US-Batterieboom vor dem Aus? Wie politische Unsicherheit Amerikas Energiewende gefährdet
Milliardeninvestitionen in US-Batteriefabriken drohen zu verpuffen: Einbruch bei EV-Verkäufen, politische Blockadehaltung und chinesische Überkapazitäten gefährden Amerikas grüne Industriepolitik – mit globalen Folgen.
Die Vereinigten Staaten galten nach dem Inflation Reduction Act als Hoffnungsträger einer grünen Industrialisierung – und löste einen US-Batterieboom aus. Besonders der Aufbau einer eigenen Batteriezellfertigung sollte helfen, die Abhängigkeit von China zu reduzieren und Elektroautos in den Massenmarkt zu bringen. Doch nun zeigen sich erste Risse im Fundament: Sinkende Nachfrage, parteipolitische Rückschläge und ein ungebremster Preiswettbewerb aus Fernost drohen die Fortschritte zu stoppen – noch bevor sie skalierbar wurden. Wie die Washington Post heute berichtet, sind bereits Milliardeninvestitionen in Gefahr.
Technologie im Stresstest: Batterieproduktion im politischen Gegenwind
Mit dem Inflation Reduction Act (IRA) schuf die Biden-Regierung 2022 erstmals klare Anreize für den Aufbau einer heimischen Batterieproduktion. Die Steuererleichterungen für Batteriezellen und -komponenten führten zu einem regelrechten Investitionsboom: Von rund 1 Milliarde US-Dollar pro Quartal im Jahr 2022 schnellte das Investitionsvolumen auf 12 Milliarden im Jahr 2024 – vor allem in sogenannten „Battery Belt“-Staaten im Süden der USA, darunter Georgia, North Carolina, Tennessee, Kentucky, Alabama und South Carolina, Süden der USA.
Doch Anfang 2025 die Ernüchterung: Laut Washington Post wurden allein im ersten Quartal Investitionen von über 6 Milliarden US-Dollar storniert – ein historischer Rückschlag.
Anwendung mit Nachfrageproblem: Der E-Auto-Markt schwächelt
Der Aufschwung bei Batterien war eng an das Wachstum des US-Elektroautomarkts gekoppelt. Doch hier stockt die Entwicklung. Obwohl die Ladeinfrastruktur wächst und Modelle breiter verfügbar sind, flachen die Verkaufszahlen ab – besonders außerhalb urbaner Regionen. Gründe sind hohe Anschaffungskosten, politische Polarisierung und ein wachsender medialer Gegenwind gegen Elektromobilität.
Für Batteriehersteller bedeutet das: Ford legte ein Batterieprojekt in Kentucky zeitweise auf Eis, General Motors verschob den Produktionsstart mehrerer Werke, und der südkoreanische Zellhersteller SK On prüft laut Washington Post den Rückzug aus einem geplanten Joint Venture. Zwar sind vielerorts Fabriken geplant oder bereits im Bau, doch die künftige Nachfrage gilt als zunehmend unsicher. Laut Rhodium Group reicht die derzeit angekündigte US-Kapazität aus, um den Batteriemarkt bis 2030 vollständig zu decken – selbst ohne weiteres Wachstum.
Markt unter Druck: China drängt auf Weltmärkte
Zeitgleich baut China seine Kapazitäten massiv aus – mit dem Ziel, weltweit Marktanteile zu gewinnen. BloombergNEF zufolge könnten chinesische Produzenten bereits heute die weltweite Batterienachfrage bedienen. Da der heimische Absatz stagniert, wächst der Exportdruck. Für US-Hersteller ist das eine doppelte Bedrohung: Der Preisvorteil chinesischer Zellen liegt bei 20–40 % – und ohne politische Gegenmaßnahmen werden sich diese Produkte auch in den USA durchsetzen.
Gleichzeitig bemühen sich chinesische Hersteller zunehmend um strategische Partnerschaften in Drittstaaten, etwa durch Joint Ventures in Südostasien, Afrika oder Lateinamerika. Diese Expansion erschwert es westlichen Anbietern, sich in neuen Märkten zu positionieren – insbesondere wenn politische Rückendeckung und Finanzierung fehlen. Der globale Wettbewerb um Batteriezellen ist längst ein geopolitischer Machtkampf, in dem China die industrielle Führung beansprucht – und die USA ins Hintertreffen geraten könnten.
Politische Einordnung: Republikaner wollen grüne Förderung zurückdrehen
Hinzu kommt der politische Gegenwind: Republikanische Gesetzgeber planen, die zentralen Steuervergünstigungen des IRA zu streichen – sowohl für Hersteller als auch für Verbraucher. Der Senat diskutiert bereits den Wegfall der E-Auto-Kaufprämie von 7.500 US-Dollar sowie die Streichung der Produktionsboni für Batteriezellen und -komponenten. Ein entsprechendes Gesetz wurde im Repräsentantenhaus bereits verabschiedet – bleibt aber im Senat umstritten.
Senator Ron Wyden warnte: „Hunderttausende Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel.“ Dennoch könnte eine politische Kehrtwende Realität werden – insbesondere bei einem Machtwechsel nach den Wahlen 2024.
Fazit: Vertrauen zerstört – Energiewende gefährdet
Was als industrielle Wiedergeburt begann, droht zum Lehrstück verpasster Chancen zu werden. Der US-Batterieboom zeigt exemplarisch, wie abhängig Zukunftstechnologien von verlässlicher Politik sind. Ohne stabile Rahmenbedingungen ist die grüne Transformation nicht planbar – weder für Investoren noch für Industrie.
Und: Das „Hin und Her“ in den USA wirkt über die Landesgrenzen hinaus. Auch europäische Firmen und Zulieferer, die auf den US-Markt setzen, könnten unter dem Strategiewechsel leiden.
Das Ende des US-Batteriebooms zeigt: Für eine saubere Welt 2050 braucht es mehr als Geld: Es braucht politische Verlässlichkeit und industriepolitische Kontinuität.
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Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.