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Negativemissionen: Diese Startups aus der TIME-Liste 2025 wollen CO₂ aus der Atmosphäre holen

Von Direct Air Capture bis Biokohle: Der Artikel zeigt, wie vielfältig und skalierbar CDR-Technologien heute sind.

CO₂-Entnahme zur Erzeugung von Negativemissionen gilt heute als unverzichtbar, wenn das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 erreicht werden soll. Technologisch und wirtschaftlich liegt die Dynamik dabei vor allem in den USA. Das zeigt auch die neue Liste der „World’s Top Greentech Companies 2025“ des US-Magazins TIME: Mehrere dort genannte Unternehmen entwickeln Technologien, die CO₂ aus der Atmosphäre entfernen oder dauerhaft binden sollen. Cleanthinking stellt sie vor – und fragt, was Europa von diesen Vorreitern lernen kann.

Von der Luft in den Stein: Wie Startups CO₂ dauerhaft entfernen wollen

Ein unscheinbares Gebäude am Rande von Wyoming. Darin: Weiße Metallkästen, kaum größer als ein Gartenschrank. Doch was hier passiert, könnte Teil einer ganz neuen Industrie werden. Die US-Firma CarbonCapture Inc. (Platz 10) entwickelt modulare Direct Air Capture-Systeme, die CO₂ aus der Umgebungsluft filtern – und das mit erneuerbarer Energie und hoher Effizienz. Gemeinsam mit Partnern soll hier in den kommenden Jahren „Project Bison“ entstehen, eine der größten CO₂-Entfernungsanlagen der Welt.

Auch Heirloom Carbon (Platz 3) verfolgt das Ziel, CO₂ im großtechnischen Stil aus der Atmosphäre zu holen. Das 2020 gegründete Unternehmen setzt dabei auf einen mineralischen Ansatz: Calciumhydroxid bindet CO₂ chemisch, bevor das Material regeneriert und erneut eingesetzt wird. Im Unterschied zu komplexen chemischen Prozessen soll das System natürliche Zyklen industriell nutzbar machen. So will Heirloom Carbon eine Milliarde Tonnen entfernen.

Noya (Platz 44) geht einen anderen Weg: Statt neue Anlagen zu bauen, will das Startup bestehende Kühlturmanlagen in DAC-Systeme verwandeln. Der Ansatz: Nachrüstung statt Neubau. Das spart Kosten und beschleunigt die Verbreitung – erste Pilotprojekte in kalifornischen Gebäuden zeigen, dass Noya die CO₂-Entnahme zu deutlich niedrigeren Betriebskosten als herkömmliche DAC-Systeme ermöglichen könnte.

Und dann ist da noch Sublime Systems (Platz 17). Eigentlich geht es hier um Zement. Aber: Die Herstellung erfolgt elektrochemisch, ohne CO₂-intensive Kalzinierung. Damit könnten Gebäude in Zukunft nicht nur emissionsfrei errichtet werden, sondern CO₂ binden statt ausstoßen. Mehr zu Sublime Systems auch hier bei Cleanthinking.

Auch europäische Lösungen finden sich auf der TIME-Liste. Das Schweizer Unternehmen Climeworks (Platz 4) ist einer der Pioniere der Direct Air Capture-Technologie und betreibt mit „Orca“ und „Mammoth“ die weltweit größten Anlagen zur CO₂-Entnahme in Island. Die Technologie basiert auf Feststoff-Sorbenten und wird direkt mit geologischer Speicherung kombiniert – ein Ansatz, der zunehmend auch von internationalen Partnern unterstützt wird. So will Climeworks den Klimawandel durch Direct Air Capture umkehren.

Ebenfalls aus der Schweiz stammt Neustark (Platz 27), das CO₂ im Beton bindet und so Negativemissionen erzeugt. Dabei wird biogenes CO₂ in Recycling-Baustoffe injiziert – eine Lösung, die Reststoffverwertung mit Kohlenstoffbindung kombiniert. Das Cleantech-Unternehmen arbeitet bereits mit Bauunternehmen in mehreren europäischen Ländern zusammen und macht Abbruchbeton zur CO2-Senke.

Ein weiteres bemerkenswertes Unternehmen stammt vom afrikanischen Kontinent: Cella Mineral Storage (Platz 38) mit Sitz in Südafrika entwickelt ein Verfahren zur CO₂-Speicherung in ultramafischen Gesteinen wie Serpentinit. Diese kommen in großen Mengen im südlichen Afrika vor. Der Ansatz kombiniert Direct Air Capture mit geologischer In-situ-Mineralisierung – also der dauerhaften Bindung von CO₂ im Gestein.

Cella Mineral Storage Negativemissionen

Erste Pilotprojekte zur Erzeugung von Negativemissionen sind in Südafrika und Namibia geplant. Laut Cella-Mitgründerin Michelle Williams „ist das geologische Potenzial Afrikas für CO₂-Bindung nicht nur riesig, sondern bisher kaum genutzt.“ Das Unternehmen kooperiert mit Universitäten und Rohstofffirmen, um die Machbarkeit in industriellem Maßstab zu validieren. Cella zeigt: Auch der Globale Süden kann mit innovativen Technologien zur globalen Klimabilanz beitragen.

Anwendungen und Partnerschaften: Die Zukunft entsteht im Pilotmaßstab

Viele der TIME-gelisteten Unternehmen bewegen sich an der Schwelle von Labor zur großtechnischen Anwendung. Heirloom betreibt bereits eine Demonstrationsanlage in Kalifornien. CarbonCapture will mit „Project Bison“ bis 2030 rund 5 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr entfernen. Noya testet erste Umbauten in Stadtgebäuden, Sublime Systems liefert Pilotmengen an CO₂-armem Zement an Partner aus der Baubranche.

Auffällig ist: Hinter vielen Projekten stehen prominente Abnahmegarantien. Der Klimafonds Frontier Climate (u. a. Stripe, Meta, Alphabet) schließt langfristige Verträge über CO₂-Entnahme ab und schafft so Planungssicherheit. Diese Vorfinanzierung – Advance Market Commitments – könnte auch in Europa eine Blaupause sein, etwa im Rahmen des geplanten Carbon Removal Certification Framework der EU, das Anreize für qualitativ hochwertige CO₂-Entnahme schaffen soll.

Markt und politische Dynamik: Ein transatlantisches Gefälle

Der Markt für CO₂-Entnahme ist noch jung, aber wachstumsstark. Analysten von BNEF rechnen bis 2030 mit bis zu 80 Millionen Tonnen jährlicher Entnahme. Langfristig braucht es jedoch ein Vielfaches: Laut dem IPCC-Bericht 2023 zum sechsten Sachstandszyklus sind je nach Szenario bis zu 16 Gigatonnen CO₂ pro Jahr an Negativemissionen notwendig, um die Klimaziele zu erreichen.

Die USA setzen klare Anreize: Der Inflation Reduction Act fördert CO₂-Entnahme mit bis zu 180 US-Dollar pro Tonne. Zusätzlich gibt es Programme des Energieministeriums zur Finanzierung von Demonstrationsanlagen. Seit Januar 2025 ist Donald Trump erneut Präsident – und hat angekündigt, zentrale Elemente des Inflation Reduction Act zurückzunehmen.

Damit steht die Zukunft der CDR-Förderung in den USA erneut auf der Kippe. In Europa fehlt bislang ein vergleichbarer Hebel – auch wenn CDR in der EU-Klimapolitik inzwischen explizit verankert ist.

Negativemissionen im Fokus dieser Greentech-Startups

UnternehmenTechnologieHerkunftslandTIME-Ranking
CarbonCapture Inc.Direct Air Capture (modular)USA10
Heirloom CarbonMineralische CO₂-Bindung (Ca(OH)₂)USA3
NoyaRetrofit-DAC in KühltürmenUSA44
Sublime SystemsCO₂-armer / CO₂-negativer ZementUSA17
ClimeworksDirect Air Capture + geol. SpeicherungSchweiz4
NeustarkCO₂-Injektion in Recycling-BetonSchweiz27
Cella Mineral StorageIn-situ-Mineralisierung in SerpentinitSüdafrika38

Fazit: Bausteine für eine saubere Welt 2050

Die TIME-Liste 2025 zeigt: Negativemissionen sind nicht länger hypothetisch. Sie werden gebaut, getestet, skaliert. Die USA schaffen dafür ein politisches und ökonomisches Ökosystem, das technologische Vielfalt ermöglicht. Unternehmen wie CarbonCapture, Heirloom oder Noya zeigen, dass es unterschiedliche Wege zur CO₂-Entfernung gibt – und dass Skalierung nur mit Markt entsteht.

Europa hat die Fähigkeit, bei Innovationen rund um Negativemissionen mitzuhalten. Was fehlt, ist der Mut zu gezielter Marktbildung – etwa durch ein europäisches Förderinstrument für CDR-Abnahmeverträge, ein verbindliches Mengen-Ziel für CO₂-Entnahme im Klimaschutzgesetz oder die konsequente Implementierung des Carbon Removal Certification Framework.

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1 Kommentar
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