Werbung

Myzel statt Massenstall: Millow startet planetenfreundliche Fleischproduktion in ehemaliger LEGO-Fabrik

Neuer Ansatz für klimafreundliche Fleischproduktion: fermentiertes Myzel und nordischer Hafer.

Kritik an pflanzlichen Fleischalternativen gibt es seit Jahren: zu viele Zusatzstoffe, zu wenig Geschmack, zu stark verarbeitet. Das Cleantech-Startup Millow will genau das ändern – mit einer neu eröffneten Myzelprotein-Fabrik in einer umgebauten LEGO-Halle in Göteborg. Die Basis: nur zwei Zutaten – nordischer Hafer und Myzel, das Wurzelgeflecht von Pilzen. Mithilfe makrobiologischer Trockenfermentation entsteht daraus in 24 Stunden ein proteinreicher Block, der sich schneiden, braten und formen lässt wie Fleisch – ganz ohne Zusatzstoffe, Bindemittel oder Flüssigmedien.

Das Ergebnis: ein Clean-Label-Produkt mit 27 Gramm Protein pro 100 Gramm, hohem Ballaststoffanteil, niedrigem Kaloriengehalt (140 kcal) und einem neutralen Geschmack – ganz ohne den „off taste“, der viele Konsumenten bei bisherigen Fleischalternativen stört.

Weniger Wasser, weniger Energie, weniger Emissionen

Auch ökologisch setzt Millow neue Maßstäbe. Der gesamte Produktionsprozess ist nicht nur klimafreundlich, sondern auch planetenfreundlich konzipiert. Im Vergleich zur Rindfleischproduktion sollen die Treibhausgasemissionen um bis zu 97 Prozent sinken. Gegenüber herkömmlichen Myzelherstellern reduziert Millow den Wasserverbrauch auf nur 2,3 Prozent – das entspricht rund 3 bis 4 Litern pro Kilogramm Protein. Der Energiebedarf liegt laut Unternehmen bei einem Drittel klassischer Fermentationsverfahren.

Die Wiederverwendung der früheren Legofabrik trägt ebenfalls zur Bilanz bei: Nach Unternehmensangaben wurden dadurch rund 1.400 Tonnen CO₂ eingespart – das entspricht etwa dem durchschnittlichen Jahresausstoß von 150 Personen in Deutschland.

Von der Pilotcharge zur Proteinproduktion: Millows Markteintritt

Bereits vor Inbetriebnahme der Fabrik testete das Unternehmen erfolgreich verschiedene Produkte wie vegane Fleischbällchen, Tacos oder Dönerfleisch – mit positiver Resonanz insbesondere bei Geschmack und Textur. Laut CEO Staffan Hillberg wird das Unternehmen bis Ende 2025 mehr als 300 Tonnen Protein produzieren können – das entspricht etwa der jährlichen Fleischmenge, die von rund 1.500 durchschnittlichen Rindern gewonnen würde.

Burger mit Fleisch-Patty auf Basis des Myzelproteins und Hafer von Millow, einem schwedischen Cleantech-Unternehmen

Statt direkt in den Einzelhandel zu gehen, konzentriert sich Millow zunächst auf den Außer-Haus-Markt: Schul- und Betriebskantinen, Krankenhäuser oder Food-Service-Anbieter. Diese Strategie soll Risiken begrenzen, bevor die komplexen Lieferanforderungen des Lebensmitteleinzelhandels bedient werden.

Auch bei der Kostenstruktur setzen die Schweden Maßstäbe: Ein Kilogramm Hafer kostet rund 25 Cent – daraus entstehen durch Fermentation 2,2 Kilogramm proteinreiches Endprodukt. Damit sei es möglich, das Preisniveau von günstigem Hackfleisch zu erreichen, so Hillberg.

Zur Risikominimierung in der Skalierung nutzt das Unternehmen eine zugelassene Myzel-Stammkultur und verzichtet auf patentkritische Inhaltsstoffe. Einige Prozessdetails wurden bewusst nicht patentiert, um Nachahmung durch Großkonzerne zu erschweren.

Herstellung mit Struktur – Millows fermentierte Alternative

Die Herstellung erfolgt in einem neuartigen Trockenfermentationsverfahren, das im Vergleich zu herkömmlicher flüssiger Fermentation (z. B. bei Quorn) gleich mehrere Vorteile bietet: keine zusätzlichen Bindemittel, kein Rehydrieren oder Mischen – stattdessen entsteht ein fester Block mit fleischähnlicher Struktur in nur 24 Stunden. „Das Ergebnis ist ein einzelnes, minimal verarbeitetes Produkt, das sich wie Muskel verhält – kein rekonstituiertes Pürree“, so der Chairman of the Board, Dr. Staffan Hillberg gegenüber Food Navigator.

Die Fabrik ist 2.500 Quadratmeter groß und soll bei Vollausbau bis zu 500 Kilogramm Protein pro Linie und Tag produzieren. Gefertigt wird für Gastronomie, Einzelhandel und Co-Branding mit anderen Marken. Erste Produkte wie Burger, Kebab oder Bowl-Zutaten sollen bis Ende 2025 auf den Markt kommen.

Finanziert wurde das Projekt u. a. über ein 2,5-Millionen-Euro-Förderpaket des European Innovation Council (EIC), das Teil eines Mischfinanzierungspakets über insgesamt 17,5 Millionen Euro war. Diese Mittel wurden im Rahmen des EIC Accelerator vergeben, der europäische Deeptech-Innovationen fördert. Quelle: EU-Förderdatenbank, Mai 2025.

Einordnung: Industriell skalierbar und regional anpassbar

Die Technologie basiert auf sogenannten „S-Units“ – modularen Fermentationssystemen mit proprietärer Hardware und KI-basierter Steuerung zur präzisen Prozessoptimierung. Der gesamte Prozess ist auf Skalierbarkeit, niedrige Kapitalkosten (CapEx) und Energieeffizienz ausgelegt. Das ermöglicht eine schnelle Anpassung an unterschiedliche Märkte und Produktionsumfelder. Die Plattform erlaubt es, regionale Rohstoffe flexibel zu integrieren: So lassen sich die Hafer-Substrate durch Nebenströme aus der Lebensmittelproduktion ersetzen – etwa Rückstände aus der Rapsölgewinnung.

Darüber hinaus reduziert das Verfahren Antinährstoffe wie Phytinsäure, was die Bioverfügbarkeit von Eisen und Zink verbessert – ein relevanter Aspekt insbesondere für Jugendliche mit pflanzenbasierter Ernährung. Im Gegensatz zu kultiviertem Fleisch ist Millows Lösung bereits heute marktreif. Die Produkte sind robust beim Kochen, fallen nicht auseinander und behalten auch bei hohen Temperaturen ihre Textur.

Das Unternehmen arbeitet zudem an Co-Branding-Modellen mit Retail- und Foodservice-Partnern, bei denen das „Made with Millow“-Label auf Endprodukten sichtbar wird. Unterstützt wird dies durch eine Branding-Strategie unter Mitwirkung des Apple-Designers Rob Janoff.

Millow ist kein Ersatzprodukt im klassischen Sinne – es bietet einen vollständig neuen Ansatz für nachhaltige Ernährung. Es ist eine neue Kategorie. Die Kombination aus hohem Nährwert, sensorischer Alltagstauglichkeit und technischer Skalierbarkeit könnte es zur Blaupause für regionale Proteinproduktion machen. Die Technik ist adaptierbar, die Substrate anpassbar, die Wertschöpfung lokal organisierbar.

Während viele pflanzliche Marken stagnieren – etwa Beyond Meat mit rückläufigen Umsätzen – und kultiviertes Fleisch regulatorisch verzögert wird, etwa durch langwierige Zulassungsverfahren in der EU, zeigt der Stockholmer Pionier, dass Fermentation die ökologisch und wirtschaftlich tragfähigste Brückentechnologie im post-tierischen Zeitalter sein könnte.

Mehr über alternative Fermentationsverfahren und ein weiteres Cleantech-Startup aus Europa im Firmenporträt unseres Dossiers zu Infinite Roots.

de0671db21ef46fd8ba038148c50cfcc
Hinterlasse eine Antwort

Ihre Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.