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Balkonkraftwerk-Boom trifft auf Blockade: Vonovia-Fall bringt Mieterrechte ins Rampenlicht

Ein Aachener Mieter klagt gegen Vonovia wegen Verweigerung eines Balkonkraftwerks – mit Unterstützung der Deutschen Umwelthilfe. Der Fall könnte Signalwirkung für Millionen Mieter haben.

Der Boom der Balkonkraftwerke steht für technische Innovation und Bürgerbeteiligung an der Energiewende. Doch ausgerechnet Deutschlands größter Wohnungskonzern Vonovia setzt einem Aachener Mieter unverhältnismäßige Hürden in den Weg. Der Fall zieht bundesweit Aufmerksamkeit auf sich: Mit Unterstützung der Deutschen Umwelthilfe klagt der Mieter nun auf Zustimmung zur Installation. Es geht um mehr als ein einzelnes Solarmodul – es geht um die Energiewende in Bürgerhand.

Balkonkraftwerke, auch Stecker-Solargeräte genannt, wandeln Sonnenenergie in nutzbaren Haushaltsstrom um. Mit einem CE-geprüften Wechselrichter und Anschluss über eine außenliegende Steckdose sind sie laut Bundesnetzagentur technisch sicher und normkonform. Der Wechselrichtertyp Hoymiles HMS-800W-2T, wie im Aachener Fall vorgesehen, erfüllt die Anforderungen inklusive Netz- und Anlagenschutz.

Mark Sanders aus Aachen will auf seinem Balkon mit Südausrichtung Strom für den Eigenbedarf produzieren – ganz ohne Eingriff in die Bausubstanz. Die PV-Module sollen an der bestehenden Brüstung parallel zum Sichtschutz befestigt werden. Sanders hat mehrfach zugesichert, alle Anforderungen zu erfüllen, inklusive Versicherungsschutz, vollständigem Rückbau bei Auszug und Einhaltung aller Normen.

Wachsende Nachfrage trifft auf rechtliche Unklarheit

Während der Markt für Balkonkraftwerke boomt und staatlich gefördert wird, fehlt bislang eine bundeseinheitliche Regelung, die die Rechte von Mieterinnen und Mietern klar definiert. Für viele Vermieter bleibt die rechtliche Unsicherheit Anlass zur Verweigerung. Dabei hat der Bundestag mit dem Gesetz zur Erleichterung des Einsatzes von Steckersolargeräten 2024 bereits einen gesetzlichen Anspruch geschaffen.

Vonovia, als großer Wohnkonzern, steht sinnbildlich für strukturelle Hürden im Mietwohnungsbau. Im Aachener Fall verlangte das Unternehmen unter anderem eine Windlastberechnung, Statik-Nachweise und Installation durch Fachbetriebe – Anforderungen, die laut DUH und Rechtsexperten sachlich unbegründet sind. Die Klageschrift verweist auf die Vergleichbarkeit mit Blumenkästen hinsichtlich Last und Anbringung.

Die Deutsche Umwelthilfe kritisiert Vonovias Vorgehen als rechtlich fragwürdige Blockade. „Die Bundesregierung könnte dem Verfahren vorbeugen, indem sie einen klar definierten und angemessenen Anforderungskatalog in das Gesetz aufnimmt“, so DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz. Tatsächlich fehlt bislang eine präzise gesetzliche Regelung für mietrechtliche Belange bei Balkonkraftwerken.

Mark Sanders, Mieter aus Aachen: „Ich möchte mit einem Balkonkraftwerk das Klima schützen und gleichzeitig meine Stromkosten senken. Doch Vonovia bremst mich dabei seit über einem Jahr aus. Die Forderungen nach Auslegung und Installation durch eine Fachfirma sind überzogen und sabotieren die Idee hinter Balkonkraftwerken: Jeder soll ohne große Hürden bei der Energiewende mitwirken können. Das hat mit echter Prüfung nichts mehr zu tun, das ist reine Blockade. Deshalb gehe ich jetzt den juristischen Weg – in der Hoffnung, dass dies auch anderen Mieterinnen und Mietern in Zukunft hilft.“

Gerichtliche Klärung mit Signalwirkung

Dirk Legler, Rechtsanwalt und Partner bei Rechtsanwälte Günther, der das Verfahren juristisch vertritt: „Wir sehen hier den Versuch, ein einfaches Vorhaben durch überzogene Anforderungen unnötig zu verkomplizieren. Statt einer sachlichen Prüfung begegnet die Vermieterin dem Anliegen mit pauschalen Ablehnungen und wechselnden Bedingungen, die in Summe jede Umsetzung blockieren. Dabei sind Balkonkraftwerke längst als sicher, rückbaubar und klimapolitisch erwünscht anerkannt. Mit dem Verfahren wollen wir juristisch klären lassen, wie weit Vermieter bei ihren Auflagen tatsächlich gehen dürfen – und wo das Maß überschritten wird.“

Die Klage stützt sich auf § 554 BGB, der seit Oktober 2024 Mieterinnen und Mietern bauliche Veränderungen zur Nutzung von Steckersolargeräten erlaubt, sofern dem keine berechtigten Interessen des Vermieters entgegenstehen. Die juristische Argumentation verweist zudem auf die Grundrechte auf Klimaschutz (Art. 20a GG) und intertemporale Freiheit (BVerfG, Klimabeschluss 2021).

Die Energiewende braucht Mietrechtssicherheit Der Fall Aachen zeigt exemplarisch, wo die Energiewende in Bürgerhand an ihre Grenzen stößt. Trotz technischer Sicherheit, politischem Rückenwind und gesellschaftlichem Interesse bleiben Mieterrechte bislang unterdefiniert. Die Klage könnte ein wichtiger Schritt zu mehr Rechtssicherheit für Millionen Mieter sein, die sich mit einem Balkonkraftwerk an der Energiewende beteiligen wollen.

Mehr zur Energiewende in Mieterhand lesen Sie in unserem Artikel: „Mit dem Balkonkraftwerk die Energiewende selbst gestalten

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